JUNGE LEUTE

„Ich werde definitiv im Hörsaal stehen“

ks; 03.02.2022, 06:00 Uhr
Fotos: Leif Schmittgen und Peter Notbohm.
JUNGE LEUTE

„Ich werde definitiv im Hörsaal stehen“

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ks; 03.02.2022, 06:00 Uhr
Gummersbach – Nach vier Semestern überwiegend fernab vom Campus können sich die Studierenden der TH Gummersbach auf ein Sommersemester in Präsenz einstellen.

Lange Abende in Bars, volle Vorlesungssäle und das gemeinschaftliche Lernen in Gruppen gehörten bis vor zwei Jahren genauso zum ersehnten Studentenleben wie Prüfungsphasen und Semesterferien. Mit dem Frühjahr beginnt auch das nächste Sommersemester – oder anders gesagt: das fünfte Corona-Semester. „Wir Studierende sind pandemiemüde. Die Erstsemesterstudierenden würden gerne in ein richtiges Studentenleben starten und bei den anderen ist es nicht anders“, sagt Sven Deimel von der Fachschaft Gummersbach.

 

Noch zu Beginn des Wintersemesters habe die Fachschaft nach langer Pause einige kleine Veranstaltungen durchführen können. „Inzwischen ist das nicht mehr möglich, das ist sehr schade. Der informelle Kontakt zwischen den Studierenden fehlt“, meint Johannes Nolte, der im Fachschaftsrat aktiv ist. Nach drei Semestern fernab vom Campus Gummersbach kehrten die Studierenden im vergangenen Herbst allmählich an die Hochschule zurück – zumindest zum Teil, denn das sogenannte Hybridsemester bot Möglichkeiten für das Lernen vor Ort und auf Distanz und sei recht unterschiedlich genutzt worden.

 

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„Wir haben viel weniger Zugang zu den Studierenden. Die Nähe fehlt definitiv“, bedauert Dekan Prof. Dr. Christian Kohls (Foto). Er beschreibt den Campus nicht nur als einen Lernort, sondern auch als einen Lebensort, wo sich Vertrauen deutlich leichter aufbauen lasse. In der jetzigen Prüfungswoche begegnen ihm am Campus Studierende, die der Dekan bislang nur über Zoom kannte. „Ein Campus-Leben existiert im Vergleich zur Zeit vor Corona quasi nicht mehr. Alle nehmen von Zuhause aus an ihren Lehrveranstaltungen teil. Wir freuen uns aber, dass die Mensa und die Bibliothek inzwischen wieder geöffnet sind. Das gibt einem etwas Normalität und Raum für Austausch mit Kommilitonen“, so Nolte.

 

Zutritt gibt es nur mit 3G und bis auf wenige Ausnahmen gelte eine Maskenpflicht. In der Eingangshalle würden die Studierenden nach der Überprüfung ihres 3G-Status Manfred Stern zufolge „bunte Party-Bändchen“ erhalten – Bändchen, die in gewisser Weise an eine andere Zeit erinnern. Insgesamt gäbe es laut Stern, der am Campus für die Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen zuständig ist, eine große Corona-Müdigkeit: „Aber jede Krise hat auch eine Chance.“ Die nötige Distanz habe der Hochschule einen Schub verliehen und die Online-Lehre beschleunigt.

 

Für die Studierenden haben sich daraus auch Vorteile ergeben. So würden die Vorlesungen aufgezeichnet werden und könnten jederzeit abgerufen werden. „Auch Fragenstellen ist per Chat für einige leichter als im Hörsaal“, sagt Domenic Wolf aus der Fachschaft. Stern denkt außerdem an eine Zeitersparnis sowie den Nutzen für die Umwelt: „Diese Vorteile werden auch in Zukunft bestehen bleiben.“

 

Aufgrund der Auswirkungen von Corona haben viele Studierende ihre Jobs verloren und seien auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um ihr Studium fortführen zu können. Dass die Landesregierung erneut die individualisierte Regelstudienzeit erhöht hat, komme insbesondere BAföG-Empfängern zugute. „Wir begrüßen die Verlängerung der Regelstudienzeit. Die Situation für Studierende ist weiterhin nicht einfach“, so Nolte. Doch finanzielle Gründe seien am Campus Gummersbach nicht der Hauptgrund für Studienabbrüche gewesen. Kohls und Stern benennen hingegen die psychische Belastung als größtes Problem.

 

Während manche Studierende die Situation für sich genutzt hätten und einiges an Studieninhalten aufgeholt hätten, würden andere quasi ein Wartesemester einlegen und auf Präsenzveranstaltungen warten – und Dekan Kohls ist zuversichtlich, dass das kommende Sommersemester auch als Präsenzsemester stattfinden wird: „Ich werde definitiv im Hörsaal stehen.“ Größere Hörsäle dürften zum heutigen Stand noch nicht voll ausgelastet werden; eine Entscheidung der Politik stehe erst Ende März an.

 

Kohls denkt insbesondere an die Studierenden, die nun ins fünfte Bachelorsemester gehen und damit kaum Erfahrungen am Campus selbst gesammelt hätten. So gehöre zum Studium nicht nur das Vermitteln von Wissen, was online durchaus möglich sei, sondern auch die Inkulturation. Hier müsse dem Dekan zufolge einiges aufgeholt werden: „Und deswegen müssen wir jetzt in Präsenz gehen.“

KOMMENTARE

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Gerade die Inkulturation ändert sich durch Digitalisierung, insofern sollte hier auch eine Anpassung stattfinden.

Ferndinand K., 03.02.2022, 10:09 Uhr
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