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Der Totenkopf in der Schublade

Red; 10. Jun 2013, 16:19 Uhr
Bild: privat --- (v. li.) Stefan Rüssmann, Depotverwalter LVR-Freilichtmuseum Lindlar Hans Peter Ommer, Geschäftsführer „Analytische Laboratorien GmbH“ Michael Kamp, Leiter LVR-Freilichtmuseum Lindlar und Petra Dittmar, Volkskundlerin am LVR-Freilichtmuseum Lindlar.
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Der Totenkopf in der Schublade

Red; 10. Jun 2013, 16:19 Uhr
Lindlar - Drogerie Stöcker im LVR-Freilichtmuseum Lindlar beherbergte manchen „Schatz“.
Unter den rund 70.000 inventarisierten Objekten im Depot des LVR-Freilichtmuseums Lindlar befindet sich ein besonderes Exponat: Die Inneneinrichtung der Drogerie Stöcker aus Hückeswagen. Sie besteht aus einem Regalsystem von rund 16 Metern Länge und 3,20 Metern Höhe. In insgesamt über 200 Schubladen fanden sich Kräuter, Seifen, Kleintierfutter, Farben und viele andere Drogerieprodukte. Im Jahr 1985 vom Museum erworben, gab es bislang noch keine Möglichkeit, die Drogerie auszustellen weil kaum ein historisches Gebäude die erforderliche Raumgröße aufweist.

Nun sind die in den Schubladen vorhandenen Farben erstmalig wissenschaftlich untersucht worden. Im Rahmen des betrieblichen Umweltmanagements ist diese Untersuchung von der „Analytische Laboratorien GmbH“ aus Lindlar durchgeführt worden. Geschäftsführer Hans Peter Ommer berichtet von spannenden und interessanten Ergebnissen. Die Analyse ergab, dass einige Farbpigmente mit toxischen Stoffen, wie Blei, Chrom oder Zink versetzt waren. Dies führte zu kräftigeren Farben und einem besseren Korrosionsschutz, war aber für die Personen, die damit täglich in Kontakt kamen, gesundheitsschädlich. Auch fanden sich größere Mengen von Cadmium- oder Bleioxyd. Elementarer Schwefel und Schwefelkerzen waren ein normales Handelsgut. Die Giftstoffe sind mittlerweile umweltgerecht entsorgt worden.


Die meisten Farbpigmente sind in ihrer Zusammensetzung ungefährlich, allerdings in den Inhaltsstoffen mit den heute handelsüblichen Farben nicht zu vergleichen. Damals wurden Farben durch die Drogisten selbst angerührt und gemischt. Die Analyse zeigt, dass bei der Farbmischung so genannte Füllstoffe verwendet wurden. So fanden sich deutliche Mengen von Kalk und Schwerspat, was zum Aufhellen der Farben diente. Zum Abdunkeln wurde Ruß benutzt.

Einige Analyseergebnisse muten eher skurril an. So ist eine Schublade mit „caput mortuum“, der lateinischen Bezeichnung für Totenkopf beschriftet. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich allerdings nichts Giftiges, sondern eine Naturfarbe, deren Name wohl noch aus dem Mittelalter stammt. Nach der Legende entspricht der Farbton der Verfärbung des geronnenen Blutes an den Schnittstellen enthaupteter Köpfe. Eine andere Schublade trägt die Aufschrift „Rebenschwarz“. Für die Herstellung dieser Farbe wurden Weinreben, Weintrester und Weinhefe unter Luftabschluss verschwelt. Auf diese Weise erhielt man eine Farbe von tiefer Schwärze und großer Leichtigkeit.
  
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