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Von gescheiterten Fluchtversuchen und Knebelketten

as; 25. Mar 2013, 11:38 Uhr
Bild: Gesamtschule Marienheide --- Manfred Kreßner erschien in einem originalen Sträflingsanzug und zeigte den Schülern der zehnten Klassen der Gesamtschule Marienheide, wie er im Gefängnis gefesselt wurde.
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Von gescheiterten Fluchtversuchen und Knebelketten

as; 25. Mar 2013, 11:38 Uhr
Marienheide - Am vergangenen Dienstag erzählte Manfred Kreßner, der zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik wegen eines Fluchtversuchs im Gefängnis saß, den Schülern der Gesamtschule Marienheide vom Leben in der ehemaligen DDR.
Die 156 Schüler der zehnten Jahrgangsstufe der Gesamtschule Marienheide konnten sich am vergangenen Dienstag nicht nur anhand von Schulbüchern, Filmen und Dokumenten mit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) auseinandersetzen: Zeitzeuge Manfred Kreßner berichtete aus erster Hand von seinem Gefängnisalltag in der ehemaligen DDR. 1973 wurde er zu sechs Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, nachdem ein erster Fluchtversuch des ehemaligen Grenzsoldaten scheiterte. Kreßner, der in originaler Sträflingsuniform in der Gesamtschule erschien, schilderte den Schülern mit Hilfe von Fotos und detaillierten Beschreibungen den Sträflingsalltag in einem DDR-Gefängnis.

Als Häftling musste Kreßner Uniformen für die Nationale Volksarmee (NVA) nähen, auf Betonklötzen schlafen und sich bei Tag und Nacht flackerndem Neonlicht von Wächtern schikanieren lassen: Die Aufseher fesselten ihn unter anderem mit einer Knebelkette, die Kreßner am vergangenen Dienstag auch den Schülern demonstrierte. Nach einem siebzehntägigen Hungerstreik wog er nur noch 48 Kilo. 1978 wurde Kreßner aus der Haft entlassen, aber nach einem zweiten Fluchtversuch wieder inhaftiert, bis er 1982 für 100.000 DM vom Westen freigekauft wurde. Heute ist der ehemalige Grenzsoldat Familienvater, engagiert sich in der freien evangelischen Kirche und ist im Gemeinderat von Marienheide. Die Gesamtschüler und ihr Geschichtslehrer Stefan Schaffner zeigten sich von Kreßners Erfahrungen beeindruckt: „Er brachte uns alle zum Nachdenken und zeigte uns, wie unvorstellbar anders das Leben in der ehemaligen DDR im Gegensatz zu unserem heutigen Leben war“.
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