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VfL verzweifelt am siebten Mann

mp; 2. Mar 2013, 22:26 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung --- Lange Gesichter bei Trainer Emir Kurtagic (2. v.r.) und seinen Jungs - der erhoffte Befreiungsschlag für den VfL blieb aus.
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VfL verzweifelt am siebten Mann

mp; 2. Mar 2013, 22:26 Uhr
Gummersbach - Kurtagic-Schützlinge geben beim 26:30 (13:12) gegen Balingen Fünf-Tore-Führung aus der Hand - VfL findet gegen zusätzlichen Feldspieler kein Mittel - Mahé erneut verletzt (AKTUALISIERT).



Von Mischa Peters

Der VfL Gummersbach hat den ersehnten Befreiungsschlag im Abstiegskampf der Handball-Bundesliga verpasst. Die Blau-Weißen ließen nach überlegen geführter erster Hälfte und zwischenzeitlicher - hochverdienter - Fünf-Tore-Führung die große Chance liegen, den Abstand zum Tabellennachbarn aus Süddeutschland von fünf auf drei Punkte zu verringern. Stattdessen hängt die Mannschaft von Emir Kurtagic mit 12:34 Zählern weiter auf Platz 14 im Tabellenkeller fest.

VfL Gummersbach - HWB Balingen-Weilstetten 26:30 (13:12).

Die Negativ-Serie hält an. Ziemlich genau zweieinhalb Jahre liegt der letzte VfL-Erfolg gegen Balingen bereits zurück. Mit 32:24 setzte sich Gummersbach damals in der Eugen-Haas-Halle durch. Es folgten Niederlagen, ausschließlich. Heute sah es vor ausverkauftem Haus lange Zeit so aus, als könnte es ein Ende haben mit dem Gerede vom Angstgegner. Denn die Oberbergischen präsentierten sich von Beginn an hellwach und bissig. Balingen dagegen kam nur schwer in Tritt und musste mitansehen, wie der VfL mit schnell vorgetragenen Gegenstößen die eigenen Fehler im Angriff bestrafte und über 3:1 schnell auf 6:2 (8.) wegziehen konnte.


[Auch die sechs Tore des gut aufgelegten Christoph Schindler konnten die Niederlage des VfL nicht verhindern.]

Nichts zu sehen war zunächst von der gefürchteten offenen Deckung der Gäste, die Kurtagic-Truppe konnte relativ unbedrängt ihre Angriffe fahren, und als der beste Gummersbacher an diesem Abend, Mittelmann Christoph Schindler, seinen ersten von mehreren verdeckt geworfenen Unterhandwürfen wuchtig zum 10:5 (18.) für die Hausherren ins Ziel brachte, hätte die Stimmung in der Halle nicht besser sein können. Der für seine taktischen Kniffe bekannte Gäste-Coach Rolf Brack reagierte jedoch auf den Fehlstart seiner Mannschaft und brachte von nun an im Angriff einen zusätzlichen Feldspieler für seinen Keeper. Eine Umstellung, die die Gäste bis zum Ende beibehielten und die sich - wenn auch nicht sofort - nachhaltig auszahlen sollte für die "Gallier von der Alb".

Zunächst hatten es die Gäste allerdings den in Überzahl allzu nachlässig agierenden Gummersbachern zu verdanken, dass sie überhaupt wieder Anschluss finden durften. Viermal standen die Kreisstädter in Durchgang eins mit einem Mann mehr auf der Platte und nutzten nicht nur die numerische Überzahl nicht, sondern leisteten sich zunehmend technische Fehler und unvorbereitete Würfe, wobei sich der völlig indisponierte Barna Putics besonders negativ hervortat. Balingen konnte über 11:8 bis auf 13:12 zur Pause verkürzen und lag gegen die bis dahin spielerisch deutlich reifer agierenden Gastgeber unverhofft wieder in unmittelbarer Schlagdistanz.



[Kein guter Tag für Barna Putics - dem Ungarn in Diensten des VfL gelang heute so gut wie nichts. Am Ende musste sich der Halblinke sogar Pfiffe der Zuschauer gefallen lassen.]

Im weiteren Verlauf zeigte sich mehr und mehr, dass Gummersbach kein Abwehrmittel gegen das Spiel mit zusätzlichem Feldspieler einfiel. Immer wieder konnte ein Gäste-Akteur von seinen Mitspielern in Szene gesetzt werden, häufig war der am Kreis stark auftrumpfende Christoph Theuerkauf nur mit unfairen Mitteln zu stoppen. Folge: Zahlreiche einfache Tore und Siebenmeter - am Ende waren es insgesamt neun - für die Schwaben, die Benjamin Herth allesamt "kalt wie Hundeschnauze" verwandelte. Beim 15:15 (34.) hatte Balingen den Ausgleich geschafft und fünf Minuten später lagen die Schwaben plötzlich gar mit 16:19 vorne.

Adrian Pfahl, unauffällig, aber wieder mit mehr Spielanteilen, wurde in Manndeckung genommen und Kurtagic brachte, nachdem sich Dennis Krause zwischenzeitlich am Knie verletzt hatte, Larsson und Mladenovic ins Spiel und zog Mahé auf die Mitte. Kurzzeitig schienen diese Umstellungen den VfL tatsächlich wieder zurück ins Spiel zu bringen, denn in der 46. Minute waren die Gastgeber beim 21:21 durch Zrnic wieder dran. Doch es sollte bei einem letzten Aufbäumen der Blau-Weißen bleiben. Kentin Mahé prallte im Gegenstoß unglücklich im Hüftbereich mit einem gegnerischen Spieler zusammen und konnte anschließend nicht mehr mitwirken, während Balingen mit drei Treffern in Folge zum 21:24 (49.) erneut konterte. Dem VfL fiel nun vorne gar nichts mehr ein, und spätestens beim 23:27 in der 57. Minute war das Spiel endgültig gelaufen.

Mahé wurde gleich im Anschluss an die Partie im Krankenhaus untersucht. Die erste Diagnose dürfte Emir Kurtagic neben der Niederlage weiteres Kopfzerbrechen bereiten: Mannschaftsarzt Christian Marinow stellte einen "knöchernen Abriss" fest und geht aktuell von einer vierwöchigen Verletzungspause aus. Eine genaue Diagnose soll am Montag nach weiteren Untersuchungen gestellt werden. So oder so: auch für den französischen VfL-Star eine Fortsetzung der Negativ-Serie in letzter Zeit.



[Schmerzhaft für Kentin Mahé, schmerzhaft für den VfL - der Franzose verletzt sich nach gerade erst beendeter Verletzungspause erneut.]

VfL Gummersbach

Borko Ristovski (1.-30. Und 44.-60.)
Aljosa Rezar (30.-44.)
Christoph Schindler (6)
Vedran Zrnic (4)
Dennis Krause (3)
Jörg Lützelberger (3)
Kentin Mahé (3)
Adrian Pfahl (3)
Michal Kopco (2)
Frederik Larsson (1)
Barna Putics (1)
Jan-Lars Gaubatz (n.e.)

HWB Balingen-Weilstetten

Nikolas Katsigiannis (1)
Milos Putera (n.e.)
Benjamin Herth (10/9)
Florian Billek (6)
Christoph Theuerkauf (5)
Felix König (2)
Roland Schlinger (2)
Dragan Tubic (2)
Kai Häfner (1)
Wolfgang Strobel (1)
Frank Ettwein
Fabian Gutbrod
Daniel Wessig
Manuel Liniger

Stimmen nach dem Spiel:

Rolf Brack (HWB Balingen-Weilstetten): Das war heute ein Vier-Punkte-Spiel. Bei einer Niederlage wären es nur noch drei Punkte Abstand gewesen, so sind es sieben. Das bringt die Bedeutung der Begegnung zum Ausdruck. Gummersbach war uns zu Beginn im Sechs-gegen-Sechs klar überlegen. Wir haben dann umgestellt, mit dem zusätzlichen Feldspieler gespielt. Die vielen Siebenmeter für uns waren meiner Meinung nach berechtigt. Wir haben dann später taktisch nur noch wenig Fehler gemacht, nur ein paar Chancen zu viel liegen gelassen. Benjamin Herth mit seinen neun verwandelten Siebenmetern war für mich "Man of the match".

Emir Kurtagic (Trainer VfL Gummersbach): Glückwunsch an Balingen, es war ein am Ende verdienter Sieg. Wir haben sehr stark begonnen und lagen verdient 10:5 vorne. Schon da haben wir drei, vier Hundertprozentige liegenlassen. Leider hatten wir dann kurz vor der Halbzeit viele unnötige Ballverluste, so dass wir Balingen wieder ins Spiel haben kommen lassen. Wir wussten insgesamt, was auf uns zukommt, auch dass sie mit sieben Feldspielern agieren. Wir waren gut vorbereitet. Doch sie haben das heute super gemacht und wir haben erst mit Kenni auf der Mitte wieder zurück ins Spiel gefunden. Dann fiel er aus und Balingen hat am Ende verdient gewonnen. Wir müssen jetzt die Köpfe oben behalten, denn wir haben nicht schlecht gespielt.

Frank Flatten (Geschäftsführer VfL Gummersbach): Sehr schade, dass wir heute ein am Anfang sehr gut geführtes Spiel innerhalb von nur zweieinhalb Minuten so aus der Hand geben. Durch diese Un­dis­zi­p­li­niert­heiten, die im Abstiegskampf nichts zu suchen haben, ist es uns heute nicht gelungen, einen großen Schritt zu machen. Denn die Niederlage von Neuhausen gegen Essen hätten wir heute ausnutzen müssen. Der erneute Ausfall von Kentin tut uns unglaublich weh.

Zuschauer: 2.105

Schiedsrichter: Nils Blümel/Jörg Loppaschewski

Siebenmeter: 0 - 9/9 ( Herth verwandelt neunmal sicher).

Zeitstrafen: 0:8 Minuten (Ettwein (2), Gutbrod, Wessig)

Beste Spieler: Schindler - Theuerkauf, Billek, Herth

Spielfilm: 0:1, 3:1, 6:3, 10:5, 11:8, 13:12 (Halbzeit), 15:13, 16:19, 21:21, 23:27, 26:30.

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