Die Handballsaison 2010/11 steht kurz bevor und OA beleuchtet Veränderungen, Neuverpflichtungen, Abgänge und Chancen der oberbergischen Vertreter im HV Mittelrhein - Heute: Oberligist HSG Marienheide/Müllenbach

Von Peter Notbohm

  Am Ende musste Glücksgöttin Fortuna der frisch gegründeten Spielgemeinschaft in ihrem ersten Jahr zwar auf den Zielmetern helfen, der Aufstieg der Mannschaft von Maik Thiele wurde trotzdem ausgiebig gefeiert. Schließlich kehrte man nicht nur nach nur einem Jahr Abstinenz in die Oberliga zurück, sondern qualifizierte sich auch erstmals für den DHB-Pokal, wo man bekanntlich vergangene Woche ein starkes Spiel gegen einen süddeutschen Drittligisten ablieferte. In der kommenden Saison wird es für die HSG dagegen wohl deutlich weniger zu feiern geben.

Kommen und Gehen

Denn während die meisten Ligakonkurrenten über die Sommerpause qualitativ mächtig aufrüsteten, geht man bei der HSG einen anderen Weg. Die sechs Abgänge, darunter zwei Stammspieler, sollen komplett aus der eigenen Jugend aufgefangen werden. Die Brüder Lukas und Sander Buchheim sowie Simon Voiss gehörten schon vergangene Saison teilweise zum Kader. Timo Montag und Yannick Knabe werden diesen Sprung nun ebenfalls wagen. Ebenfalls neu im Aufgebot ist Tobias Wohlfromm, der aus der zweiten Mannschaft in den Oberligakader aufrückt. „Ich erwarte von den Jungs keine Wunderdinge. Wir wollen sie behutsam weiter aufbauen und ihnen einen Perspektive aufzeigen“, sagt Thiele, „auf lange Sicht sollen sie unsere arrivierten Kräfte dann immer mehr entlasten.“

[Maik Thiele gibt der Jugend eine Chance.]

Denn anfangs werden sie die Lücken, die durch die Abgänge gerissen werden, wohl nur schwerlich füllen können. Besonders schmerzhaft sind die Verluste vom wurf- starken Linksaußen Gunnar Ruddat, der sich die Oberliga körperlich nicht mehr zutraute und sich dem TV Strombach an- schloss, sowie Abwehrchef Thomas Hein, der Familie und Beruf in Zukunft den Vorzug geben will. Ganz verschwindet sein Trikot aber noch nicht im Schrank. Sollte es zu personellen Engpässen kommen, will er auch weiterhin aushelfen. Christian Sauerborn, Tom Peters, Daniel Goldig und Christian Zügel kamen dagegen verletzungsbedingt vergangene Saison gemeinsam auf nicht einmal 15 Spiele und gehören nun ebenfalls nicht mehr zum Kader oder wechselten wie Peters zum TV Strombach.

Stärken und Schwächen

Die Stärken der HSG sind hinlänglich bekannt. Mit Christian Daase hat man im Rückraum einen wurfgewaltigen Turm in der Schlacht, mit Peter Voiss einen trickreichen und wendigen Spielgestalter, Sebastian Raymund ist ein konterstarker Kreisläufer und auch die Qualitäten eines Holger Fischers sind nur allzu gut bekannt. Trainer Maik Thiele verspricht sich aber auch vom restlichen Kader genügend Variantenreichtum, um den Klassenerhalt in der Oberliga zu schaffen. Als größte Stärke hat er besonders die mannschaftliche Geschlossenheit entdeckt: „Der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft ist unheimlich groß. Das hab ich in meiner gesamten Spielerkarriere selten so erlebt.“ Zum Prunkstück soll vor allem die Defensive werden. Thiele plant mit mehreren Deckungssystemen und setzt auf den Kampfeswillen seines Teams: „Damit kann man unheimlich viel erreichen, wie wir auch im DHB-Pokal-Spiel gezeigt haben.“

Fraglich bleibt aber, ob damit die große Schwäche des Kaders kompensiert werden kann. Denn viele Spieler sind noch relativ unerfahren und müssen sich in der Oberliga erst einmal beweisen. Was fehlt sind Ruhe und Cleverness, was gerade die Jungspieler erst nach und nach erlernen werden. Gerade ein Thomas Hein hätte der Mannschaft mit seiner Routine sehr gut zu Gesicht gestanden. Woran Thiele zudem weiterhin verstärkt arbeiten will, sind die Mängel im taktischen Bereich. „Spätestens ab der Oberliga muss man auch taktisch arbeiten und da zeigen wir nicht immer die nötige Disziplin, auch wenn wir uns in dieser Hinsicht schon stark gesteigert haben“, sagt Thiele. Problematisch könnte zudem der happige Saisonstart werden, da die HSG an den ersten fünf Spieltag gleich gegen vier potentielle Spitzenteams antreten muss.

„Da kann man auch schnell mit 0:10 Punkten starten. Wichtig ist dann, dass wir nicht die Lust verlieren und weiter an uns arbeiten“, so Thiele. Denn konkurrenzfähig sieht er sein Team allemal: „Sicherlich kann es für uns nur um den Klassenerhalt gehen, aber ich sehe uns nicht als ersten absoluten Abstiegskandidaten.“ An guten Tagen müsse sich sein Team keineswegs verstecken. „Wenn wir verletzungsfrei bleiben, können wir sicher einige Gegner ärgern“, so Thieles Prognose.

Fazit

Es wird keine einfache Saison für die HSG Marienheide/Müllenbach. Die Thiele-Truppe muss nach dem Aufstieg den Verlust zweier wichtiger Spieler verkraften und die jungen Spieler müssen ihre Oberligatauglichkeit erst noch unter Beweis stellen. Keine einfache Aufgabe, denn die Liga erscheint deutlich stärker als letztes Jahr. Gelingt allerdings bereits zu Saisonbeginn die eine oder andere Überraschung könnte die HSG von einer Euphoriewelle Richtung Klassenerhalt getragen werden, auch wenn man wohl bis zuletzt zittern werden muss.

Tests und Tore
HSG – Fortuna Köln 23:23
HSG – CVJM Oberwiehl 21:24
HSG – Gevelsberg/Selschede (VL Westfalen) 30:30
HSG – Fortuna Köln 22:25


Abgänge
Thomas Hein (tritt kürzer)
Gunnar Ruddat (TV Strombach)
Tom Peters (TV Strombach)
Daniel Goldig (Ziel unbekannt)
Christian Sauerborn (Karriereende)
Christian Zügel (Karriereende)


Zugänge
Tobias Wohlfromm (Zweite Mannschaft)
Lukas Buchheim
Sander Buchheim
Timo Montag
Simon Voiss
Yannick Knabe (alle eigene Jugend)


Spielerkader


Tor:
Pasqualino Gallina
Jens Haarhaus
Sven Mertel


Feld:
Victor Bogdan
Lukas Buchheim
Sander Buchheim
Christian Daase
Holger Fischer
Yannik Knabe
Lutz Lichtinghagen
Sebastian Raymund
Marcus Schneider
Felix Schröder
Maik Thiele
Peter Voiss
Simon Voiss
Christopher Wichelhaus
Tobias Wohlfromm


Trainer:
Maik Thiele