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Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Konsums

ae; 6. Apr 2019, 09:35 Uhr
Bilder: Andrea Eischeid --- Detlef Stender, Projektleiter und stellvertretender Direktor des LVR- Industriemuseums präsentierte die nachhaltigen Produkte der Zukunft, wie vegane Jacken und Schuhe sowie Geschirr aus Kaffesatz.
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Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Konsums

ae; 6. Apr 2019, 09:35 Uhr
Engelskirchen – Ab Sonntag zeigt das LVR-Industriemuseum im Kraftwerk Ermen & Engels die Sonderausstellung 'Must-have' zur Entwicklung des Konsums von der vorindustriellen Zeit bis in die unmittelbare Gegenwart.
Von Andrea Eischeid

Jeder in unserer Gesellschaft macht es. Jeden Tag und mittlerweile oftmals unbewusst. Der Konsum von Gütern ist in der heutigen Zeit zu einer Selbstverständigkeit geworden. Am Freitag stellten die Verantwortlichen Detlef Stender, Projektleiter und stellvertretender Direktor des LVR- Industriemuseums, Wiebke Hemme, Projektleiterin, Museumspädagogin Sonja Nanko, Dr. Sabine Schachtner, Leiterin des LVR- Industriemuseums Kraftwerk Ermen & Engels und Mitkuratorin, Dr. Christiane Lamberty, Ausstellungskonzeption, Volontärin Laura Esser und Silke Krebbing die Sonderausstellung rund um den Konsum vor.

[Mitmachen an verschiedenen Stationen ist erwünscht, wie Projektleiterin Wiebke Hemme hier zeigt.]

Auf rund 500 Quadratmetern sind 500 Objekte aus 250 Jahren Konsumgeschichte zu sehen. Von der vorindustriellen Zeit bis zur Gegenwart und Zukunft kann der Besucher die rasante Entwicklung anhand der ausgestellten Stücke persönlich miterleben. Wie arm die Menschen auf dem Land lebten, lokal konsumierten und selbst größtenteils alles anbauten, was sie zum Leben brauchten. Flachs und Hanf wurde gesponnen und verwebt und auch Geschirr musste lange halten und wurde repariert. Ebenso wurden Mehlsäcke immer wieder geflickt. So gab es schon damals Nachhaltigkeit aus der Not heraus.

Für die meisten der heute lebenden Menschen sind Not- und Mangelzeiten kaum vorstellbar, da sie das Glück hatten, sie nicht mehr erleben zu müssen. Jedoch sind die Jahrzehnte, in denen Hunger, Entbehrung und äußerste Sparsamkeit selbstverständlich waren, noch gar nicht so lange her. Um 1800 boten schon Lifestyle Magazine Home-Shopping mit Warenversand an und auch da schon völlig Überflüssiges, wie Gurkenschneider. Als viele Menschen in die Städte zogen, viele Dinge im häuslichen Umfeld schnell gehen und die Arbeiterfrauen innerhalb einer halben Stunde das Essen auf den Tisch bringen mussten, landeten erstmals fertig verpackte Lebensmittel in den Haushalten.


„Bereits um 1900 kam das Wort ‚Shopping‘ für Warenhauskonsum auf und der Mittelstand wetterte gegen Warenhausdemokratisierung des Konsums“, erklärte Dr. Christiane Lamberty, „da nun das Dienstmädchen ebenfalls wie Frau Geheimrat einkaufen konnte.“ Diebstahl im Warenhaus durch Frauen war keine Seltenheit, bei reichen Frauen hieß es dann Reizüberflutung, bei armen Frauen nannte man es schlicht Diebstahl. Auch wurden damals schon bestimmte Tierarten fast zum Aussterben gebracht. „Federn vom Paradiesvogel und Reiher wurden an Hüten getragen sowie ganze Möwen“, sagte Projektleiterin Wiebke Hemme.


[Anhand der ausgestellten Objekte zeigten Detlef Stender, Dr. Christiane Lamberty, Wiebke Hemme, Projektleiterin, Museumspädagogin Sonja Nanko, Dr. Sabine Schachtner, Leiterin des LVR- Industriemuseums Kraftwerk Ermen & Engels und Mitkuratorin und Volontärin Laura Esser (v.l.) den neuartigen Luxus in den 1950er Jahren - das Reisen.]

Warenhäuser, die solche Hüte verkauften, wurden später boykottiert. Aus diesen Erlebnissen entstand der heutige NABU. Die Ausstellung macht deutlich, das heutige Strategien für einen ökologisch vertretbaren Konsum, wie regionale Herstellung, saisonale Produkte, wenig Besitz, lange Nutzungsdauer, Beschränkung auf regionale Energie- und Materialvorräte klingen, wie die Schilderung des Lebens vor dem Industriezeitalter. Auch „Upcycling“ und „Urban Gardening“ gab es schon damals als Selbstversorgung im Garten und Wiederverwendung von Stoffen. „Das, was früher war, gilt heute auch wieder“, betonte Hemme.

Wie ein roter Faden zieht sich der Inbegriff des Wohlstandes durch die verschiedenen Zeiten der Sonderausstellung. Von Freizeit über Technik bis hin zum prall gefüllten Kleiderschrank. Gerade bei jüngeren Menschen hat in den letzten zehn Jahren eine neue Reflektion eingesetzt und sie fragen sich: Brauchen wir all die Dinge um uns herum? Müssen wir dafür so viel arbeiten? Dürfen wir weiter Fleisch essen? Ist unser Alltag noch ökologisch vertretbar und fair im Verhältnis zu anderen Kontinenten und den kommenden Generationen? Müssen wir nicht etwas ändern? Einfache Antworten auf diese Fragen gibt es nicht, aber die Ausstellung kann Denkanstöße geben. Zum Ende der Ausstellung hin wartet ein Fehlkauftisch auf die Besucher, hier kann jeder seinen Fehlkauf gegen einen anderen eintauschen und ganz zum Schluss der „Silence Room“, der ohne Objekte dem Thema Minimalismus gewidmet ist.

Für 3. bis 7. Schulklassen werden Konsum-Workshops angeboten und in den Ferien gibt es auch verschiedene Aktionen. Zur Ausstellung ist ein Katalog zum Preis von 9 € im Museumsshop erhältlich. Ein umfangreiches Begleitprogramm ergänzt die Ausstellung. Weitere Informationen auf www.musthave.lvr.de .

Laufzeit: 7. April bis 27. Oktober 2019
Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 – 17 Uhr, samstags und sonntags 11 – 18 Uhr, Karfreitag, Ostermontag und 1. Mai geschlossen
Eintrittspreise: 5 €, ermäßigt 4,50 €, Kombikarte mit Dauerausstellung 6 €. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben im LVR-Industriemuseum freien Eintritt. Öffentliche Führungen: jeden 2. Sonntag im Monat um 15 Uhr; 14.4. / 12.5. / 9.6. / 14.7. / 11.8. / 8.9. / 13. & 27.10. (letzter Ausstellungstag)
Besucherinfos und Buchungen von Führungen bei kulturinfo rheinland unter Tel.: 02234/9921-555 (Mo-Fr 8-18 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 10-15 Uhr) oder per Mail an info@kulturinfo-rheinland.de.
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