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Die Lebenshilfe hat einen neuen Bundesvorsitzenden

ots; 24. Oct 2000, 17:18 Uhr
Oberberg Aktuell
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Die Lebenshilfe hat einen neuen Bundesvorsitzenden

ots; 24. Oct 2000, 17:18 Uhr
(ots/23.10.2000-16:20) Marburg - Robert Antretter (61) ist der neue Bundesvorsitzende der Lebenshilfe.
Auf der Mitgliederversammlung in Marburg stimmten am heutigen Samstag rund 500 Delegierte aus ganz Deutschland mit großer Mehrheit für den früheren Bundestags-und Europaratsabgeordneten aus Backnang.



Einzige Gegenkandidatin war die ehemalige Berliner Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (58). Der bisherige Vorsitzende, Günter Jaspert (69) aus Bonn, wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt.



In einer ersten Stellungnahme nannte der neue Vorsitzende Robert Antretter die Lebenshilfe als die Vereinigung, "mit der man am wirkungsvollsten den Gefährdungen, die Menschen mit Behinderung drohen, entgegentreten kann". So will er etwa seine Verbindungen zur Politik nutzen, um Verbündete in allen Fraktionen gegen die Spätabtreibung behinderter Kinder zu finden.



Mit Achim Wegmer (43) aus Maulbronn sitzt erstmals ein behinderter Mitarbeiter einer Lebenshilfe-Werkstatt im Bundesvorstand der Lebenshilfe. "Ich engagiere mich für behinderte Menschen, die nicht so reden können wie ich. Dass sie auch ein menschenwürdiges Leben leben können", begründete Wegmer seine Kandidatur.



Unterstützung erhält er vom Modellversuch "Rat der Menschen mit geistiger Behinderung in der Bundesvereinigung Lebenshilfe", in den alle 16 Landesverbände Vertreter/innen entsenden werden. An diesen beiden Neuerungen wird deutlich, dass die 130.000 Mitglieder starke Elternvereinigung Lebenshilfe den Wunsch nach mehr Mitbestimmung geistig behinderter Menschen sehr ernst nimmt.



Einstimmig verabschiedete die Lebenshilfe eine Resolution zum geplanten Sozialgesetzbuch (SGB) IX. Aufgrund der bisher vorgelegten Entwürfe befürchtet die Lebenshilfe, dass sich die Versorgung von Menschen mit Behinderung durch dieses Gesetz nicht - wie von der Politik versprochen - verbessert, sondern sogar verschlechtert.



Gastrednerin Ulrike Mascher, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, stellte die Beschäftigungsinitiative ihres Ministeriums für Schwerbehinderte vor, die auch geistig behinderten Menschen mit Hilfe von Arbeitsassistenzen und Integrationsfirmen den Zugang zum freien Arbeitsmarkt erleichtern soll.



Großen Beifall erhielt die Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, die im Rahmen geplanter Antidiskrimierungsgesetze im Zivilrecht eine Verbandsklage fest zusagte. Damit könnten Vereinigungen wie die Lebenshilfe im Namen behinderter Menschen gegen Benachteiligungen vor Gericht ziehen.



Die Justizministerin hielt außerdem ein starkes Plädoyer für das Lebensrecht behinderter Menschen. Sie versprach: Im Bundestag werde es keine Zustimmung zur europäischen Bioethik-Konvention geben, solange sie fremdnützige Forschung an nicht einwilligungsfähigen Menschen (Babys, behinderte, altersverwirrte Menschen) erlaube. Mit strengen Gesetzen müsse man die neuen Möglichkeiten der Medizin und Gentechnik kontrollieren. Mütter behinderter Kinder stünden schon heute unter großem gesellschaftlichen Druck und müssten sich unterschwellige Vorwürfe gefallen lassen wie: "Das wäre doch nicht nötig gewesen." Däubler-Gmelin: "Mir macht diese Tendenz zur Selektion ausgesprochen Angst."



Neuer Vorstand der Bundesvereinigung Lebenshilfe (für vier Jahre gewählt): Vorsitzender Robert Antretter (Backnang bei Stuttgart), stellvertretende Vorsitzende Ingrid Körner (Hamburg), stellvertretende Vorsitzende Maren Müller-Erichsen (Linden bei Gießen), Schatzmeister Caspar Maria Giani (Mainz), Helmuth Coqui (Neubiberg bei München), Karsten Geike (Warnow bei Bützow), Jeanne Nicklas-Faust (Berlin), Prof. Dr. Elisabeth Wacker (Dortmund), Martina Winter (Weilmünster bei Wetzlar), Achim Wegmer (Maulbronn bei Pforzheim) und Gerhard Zimmermann (Biberach).



Mehr Informationen zur Mitgliederversammlung unter www.lebenshilfe.de im Internet.



(Originaltext: Verbandsforum.de)

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