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Große Jubiläumsfeier: "Rollende Klinik" feierte 40-jähriges Bestehen

id; 28. Sep 2003, 20:57 Uhr
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Große Jubiläumsfeier: "Rollende Klinik" feierte 40-jähriges Bestehen

id; 28. Sep 2003, 20:57 Uhr
(id/28.9.2003–19:30) Von Ina Dinspel
Gummersbach - Gestern fand an der Rettungswache des Gummersbacher Kreiskrankenhauses ein Tag der offen Tür statt, um das 40-jährige Bestehen des Clinomobils zu feiern.

[Bilder: Oliver Mengedoht --- Einige tausend Besucher kamen über den Tag verteilt zum Jubiläumsfest der Rettungswache am Kreiskrankenhaus.]



Trotz zunächst trüben und regnerischen Wetters fand gestern in der Rettungswache am Gummersbacher Kreiskrankenhaus ein bunter Tag der offenen Tür statt, an dem es galt, „40 Jahre Notarztwagen am Kreiskrankenhaus Gummersbach“ zu feiern.





[Aggerstrom hatte für die Kleinen einen Kletterturm aufgestellt.]



Nach einem kurzen Sektempfang im Freien fand der eigentliche Festakt im Inneren der Rettungswache statt. Durch eine Multimedia-Präsentation von Klaus Stange erhielten die Gäste einen kurzen Einblick in die heutige Arbeit eines Rettungsdienstes sowie einen historischen Rückblick bis hin ins Jahr 1963, in dem die Grundsteine für den heutigen Rettungsdienst gelegt wurden.



Landrat Hans-Leo Kausemann, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Kreiskrankenhaus Gummersbach GmbH, sowie Dr. Eckhard Jungck, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes am Gummersbacher Krankenhaus, begrüßten zunächst die Vielzahl der prominenten Gäste, wie etwa Bürgermeister Paul-Gerhard Schmitz, die Vertreter des Ordnungsamtes, des Stadtrates, des Krankenhauses, die Mitarbeiter der Rettungswache, sowie den „Vater“ des neuen Notarztsystems, Professor Herzog.





[Auch SAR (Search and Rescue)-Hubschrauber der Bundeswehr kam zu Besuch.]



„Seine Schuld ist es schließlich, dass wir heute alle hier sind“, scherzte Kausemann. Denn Herzog ist es zu verdanken, dass nun seit 40 Jahren auch in Gummersbach ein Notarztwagen zur Verfügung steht. 1960 kam er von der Uniklinik Köln nach Gummersbach in die Brückenstraße und wollte nun das großstadterprobte Modell des Rettungsdienstes auch in ländlichen Gegenden verbreiten.



Etwa zwei Jahre Vorbereitung und starkes Engagement hatte es gekostet, sich gegen die vielen Kritiker durchzusetzen und so ab dem Jahr 1963 mit Hilfe eines Notarztwagens dafür sorgen zu können, den Arzt zum Patienten zu bringen und schon vor Ort schnelle kompetente, medizinische Hilfe leisten zu können. Juristisch war diese neue Vorgehensweise jedoch umstritten, erklärte Kausemann. Denn für einen solchen Rettungsdienst musste der Notarzt seine Patienten im Krankenhaus für eine bestimmte Zeit vernachlässigen. Nur durch gute Absprachen untereinander und schließlich durch das Rettungsdienstgesetz für Nordrheinwestfalen von 1970, welches das Gummersbacher-Modell zur Vorlage nahm, konnte dieser Kritikpunkt aus dem Weg geräumt werden. So hatte man es geschafft, die Sterblichkeit der Unfallopfer von jedem fünften Verletzten auf einen einzigen von hundert Patienten zu reduzieren.





[Der Verein "Rettung" Oberberg präsentierte auch historische Ausrüstung der Rettungsassistenten, wie dieses Reanimationsgerät.]



Landrat Kausemann beleuchtete ebenfalls den aktuellen Stand des Rettungsdienstes und berichtete, dass er besonders seit 2001 enorm weiterentwickelt worden sei. So hat man beispielsweise die Anzahl der Wachen von neun auf elf aufgestockt. Hinzu kamen die Wachen in Marienheide und in Reichshof-Morsbach in Lichtenberg. Mit nun neun gleichzeitig einsetzbaren Notärzten und 27 Rettungsassistenten in neun Fahrzeugen sei ein optimales Angebot gegeben, so Kausemann.



Seinen Dank richtete der Landrat aber außerdem noch an den Förderverein „Rettung e.v. Oberberg“, der nun sein 30-jähriges Bestehen feiern konnte und bisher 600.000 € Unterstützung geliefert hatte. Des weiteren brachte er die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit des Kreisausschusses mit den Mitarbeitern der Rettungswache zur Sprache und bewertete diese als gute Basis, um den wachsenden Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden.





[Landrat Kausemann (2.v.r.) mit dem geehrten Professor Herzog (M.).]



Auch Dr. Jungck, der in seiner eigenen Karriere erleben konnte, wie wichtig dieses Notarztsystem geworden ist, gratulierte zum 40-jährigem Bestehen. Weiterhin beschrieb er in einem historischen und sehr persönlichem Rückblick, wie schlecht es noch vor 1963 um den Rettungsdienst bestellt war. Besonders aus finanziellen Gründen meinten Kritiker, es würde vollkommen ausreichen, den Patienten auf dem schnellsten Wege ins Krankenhaus bringen zu lassen und nicht einen Notarzt zum Patienten zu schicken, um so Erste Hilfe vor Ort leisten zu können. „Doch die 2.158 Notarzteinsätze allein im Jahr 2002 sprechen für sich“, so Jungck. Um nun in Zeiten von knappen Kassen diesen Streitpunkt nicht wieder aufleben zu lassen, appellierte Jungck an alle Patienten, die Nummer 112 wirklich nur in lebensbedrohlichen Situation zu rufen, nicht leichtfertig damit umzugehen und in anderen Fällen, auf den Hausarzt zurückzugreifen.





[Bei einer Einsatzdemonstration zeigten die Notärzte und Rettungsassistenten, wie sie einen Schwerverletzten versorgen.]



In einer anschließenden Retrospektive von Sebastian Gierets, Mitarbeiter des Rettungsdienstes, konnte man noch ein Mal einen Rückblick von 2003 bis zum Gründungsjahr 1963 über die Entwicklung des Gummersbacher-Modells erhalten. Nun berichtete er auch von dem ersten Einsatz des neuen Notarztwagens 1963: Es war ein Verkehrsunfall, bei dem ein achtjähriger Junge mit seinem Fahrrad auf der B55 von einem Lkw angefahren worden war.





[Rettungswachen-Leiter Johannes Willsch (l.) mit seinem Stellvertreter Günter Menzel (r.) und den beiden Hauptorganisatoren Rolf Kühr (2.v.l.) und Maik Göbel.]



Nach 40 Jahren hatte man es nun geschafft eine Zusammenführung des damaligen Unfallopfers Wabel, dem ersten Notarzt Dr. Brand und dem ersten Krankenpfleger Rulof zu organisieren. Der damalige Krankenwagenfahrer Helmut Döhl ist leider schon verstorben. Mit Blumen bedankte man sich bei den Anwesenden für ihr Kommen und kam nun auch zum Höhepunkt dieses Festaktes: Mit ebenfalls einem Blumenstrauß und den Worten „wir sind ihm zu tiefem Dank verpflichtet“ wurde die Pioneerleistung von Professor Herzog geehrt, der das Fundament des Notarztsystems in Deutschland gelegt und dafür bereits das Bundesverdienstkreuz am Bande sowie das Bundesverdienstkreuz erster Klasse erhalten hatte.





Nach einem weiteren Auftritt des Cello-Ensembles der Musikschule Gummersbach mit Linda Laukamp, Amrei Selbach und Adina Georg, welches unter der Leitung von Bruno Brandl die gesamte musikalische Begleitung übernommen hatte, bedankte sich der Wachleiter Johannes Willsch noch ein mal bei allen Beteiligten und eröffnete den Tag der offenen Tür offiziell.





[Hat wieder ein Zuhause: Das erste Clinomobil von 1963 soll nach seiner Restauration jetzt wieder in der Rettungswache bleiben, die Beschäftigten haben sich regelrecht "verliebt" in den schönen, alten VW-Bus.]



Das weitere Programm hatte für jeden etwas zu bieten: Während sich die Kleinen draußen austoben konnten, wurde Interessierten neben der Besichtigung der Fahrzeuge auch die Nachstellung eines Rettungseinsatzes angeboten. Die anschließende klinische Versorgung eines solchen Unfallopfers wurde ebenfalls erklärt.



So kann man sich am Ende eines solchen gelungenen Tages nur wünschen, dass sich in der Zukunft weiterhin Menschen finden, die den Rettungsdienst im Sinn von Professor Herzog fortführen können.





[Mit einer Ausstellung mit vielen historischen Bildern von Helmut Steickmann präsentierte sich der Verein "Rettung" Oberberg.]









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