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"Eigentliches Kapital einer Firma sind die Mitarbeiter" - Kanzlerbesuch bei ISE

vg; 25. Jul 2002, 01:06 Uhr
Oberberg Aktuell
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"Eigentliches Kapital einer Firma sind die Mitarbeiter" - Kanzlerbesuch bei ISE

vg; 25. Jul 2002, 01:06 Uhr
(vg/24.7.2002-19:20) Von Vera Giese
Bergneustadt - Bundeskanzler Gerhard Schröder besuchte heute auf Einladung von MdB Friedhelm Julius Beucher das Oberbergische und besichtigte die Firma Innomotive Systems Europe (ISE) in der Neustadt.

[Bilder: Oliver Mengedoht --- ISE-Geschäftsführer Gerd Rosendahl begrüßte den hohen Gast aus Berlin in der Firmenhalle.]



"Warum nicht zu Steinmüller?" stand in großen Buchstaben auf dem Transparent eines Demonstranten, der sich vor dem ISE-Gelände postiert hatte. Nicht jeder war über den Besuch des Bundeskanzlers erfreut. Die Handvoll Demonstranten von der "attac Gruppe Oberberg" wollten mit ihrer Aktion darauf aufmerksam machen, dass ihrer Meinung nach sowohl Schröders als auch Stoibers Wirtschaftspolitik lediglich für die großen Unternehmen, nicht aber für die kleinen Betriebe gemacht sei. Die Protestler bedachten dabei jedoch nicht, dass der Bundeskanzler nicht durch das Haupttor fahren, sondern per Hubschrauber ankommen sollte. Zu ihrem Glück landete der Helikopter aber doch neben dem Werksgelände und die letzten Meter legte Schröder so doch mit der Staatskarosse zurück.

[Kanzler Schröder lobte das beherzte Handeln der fünf Geschäftsführer.]



Für die ISE-Belegschaft hingegen war der Kanzlerbesuch ein Ereignis sondergleichen. Knapp drei Viertel der Belegschaft hatte sich in der neuen Produktionshalle versammelt, um den Worten des Bundeskanzlers zu lauschen. Dieser erschien pünktlich um 14:30 Uhr und wurde durch den Kaufmännischen Geschäftsführer Gerd Rosendahl begrüßt und darum gebeten, sich ins Gästebuch der Firma einzutragen. Rosendahl bedankte sich in der anschließenden Ansprache für den Besuch Schröders und das Bemühen Beuchers, auf dessen Anregung der Bundeskanzler nach Oberberg gekommen war. Rosendahl stellte kurz die Firma und die Entwicklung dieser in den vergangenen fünf Jahren dar.



Schröder lobte in seiner Rede besonders das beherzte Handeln der fünf Geschäftsführer Gerhard Reuber, Gerd Rosendahl, Horst Jürgen Hollmann, Ferdinand Jeck und Peter Jeck vor fünf Jahren, als das Unternehmen kurz vor dem Aus stand. Die Fünf hatten es damalas erworben und selber weitergeführt. Er habe vor einer solchen Unternehmenskultur Respekt, die die Belange der Firma und der Mitarbeiter vor die eigenen stelle. "Das eigentliche Kapital eines jeden Unternehmens liegt in den Köpfen und in den Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter", betonte Schröder. Ziel jedes Unternehmens sollte es sein, die einzelen Beschäftigten dazu zu motivieren, das für ihn mögliche für den Betrieb zu leisten. Ansonsten sei Erfolg nicht möglich.

[Vor dem Haupteingang der Firma demonstrierte eine Handvoll Menschen der attac Gruppe Oberberg, einer hielt ein Spruchband "Warum nicht zu Steinmüller?" hoch.]



Besonders intensiv ging Schröder auf das Thema Ausbildung und Ausbildundsförderung ein. Im Jahr 2000 und 2001 sei das Angebot an Ausbildungsstellen im West genau so hoch gewesen wie die Nachfrage. Im laufenden Jahr fehlen laut dem Kanzler im West sechs Prozent, im Osten acht Prozent an Ausbildungsstellen. Unternehmen sollten dieses Thema mehr in den Mittelpunkt ihrer Firmenpolitik stellen, forderte er. "Denn wenn man sich nicht um die Ausbildung neuer Fachkräfte kümmert, sägt man sich selber den Ast ab, auf dem man morgen sitzen möchte."

[Der Bundeskanzler, der mit dem Hubschrauber nahe dem ISE-Firmengelände gelandet war, trug sich auch ins Gästebuch des Unternehmens ein.]



Gerhard Reuber übergab Schröder im Anschluss seiner Rede einen Miniatur-Oldtimer aus Messing, der von ISE hergestellt wurde, als Geschenk. Bevor der Bundeskanzler sich auf den Weg zum Betriebsrundgang machte, stellte Reuber noch kurz das ISE-Mobil 5 , das aus einer Auswahl von Produktionsteilen des Standortes Bergneustadt aus den letzten Jahrzehnten zusammengebaut worden ist, vor. Zum Schlittenbob der deutschen Nationalmannschaft, der ebenfalls ausgestellt wurde, sagte Reuber, dass bereits ein neues Modell entwickelt und gebaut werde, mit dem die Mannschaft bei den Olympischen Spielen 2006 antreten könne.



Nachdem der Bundeskanzler sich ein Bild vom Unternehmen während eines Betriebsrundganges machen konnte, traf er sich mit den Geschäftsleitern der Firma und den Bankvertretern, um mit ihnen in einem internen Gespräch die derzeitige Lage und die Zukunft des Betriebes zu sondieren.

[Fast drei Viertel der Belegschaft lauschten dem Regierungschef.]



Im Anschluss an dieses Gespräch stellte sich Schröder im Betriebsrestaurant den Fragen der Presse. Als das Thema Babcock zur Sprache kam, sagte Schröder, dass Wolfgang Clement als Ministerpräsident des Landes NRW und die Bundesregierung das Möglichste für das Unternehmen täten. Die Bundesregierung könne aber am besten dadurch helfen, dass sie in Oberhausen helfe. Und auf den Vorwurf der Opposition, dass man dafür keine Steuergelder ausgeben solle, habe er lediglich entgegnet, dass es besser sei zu diesem Zeitpunkt Geld zu investieren, als die spätere Arbeitslosigkeit der Mitarbeiter zu finanzieren.

[Schröder wollte auch Friedhelm Julius Beucher Unterstützung im Wahlkampf geben: "Ich bin überzeugt, er wird wieder direkt in den Bundestag gewählt.]



IG Metall-Bevollmächtigter Norbert Kemper fragte Schröder, ob er den Termin des Insolvenzverwalters von Babcock in Berlin bestätigen könne. Der Kanzler dankte Kemper scherzend, "dass Du meinen persönlichen Referenten gespielt hast". Von dem Termin wisse er noch nichts und könne ihn daher nicht bestätigten, aber er versprach fest, den Insolvenzverwalter nicht nur zu empfangen, sondern von sich aus einzuladen.

[Von Geschäftsführer Reuber bekam der Bundeskanzler einen Mini-Oldtimer als Geschenk überreicht.]



Für seinen oberbergischen Genossen Beucher war Schröder voll des Lobes. Dieser zeichne ich durch zwei Eigenschaften besonders aus: "Durch sein sportpolitisches Engagement hat er auch bundesweit Beachtung gefunden" und außerdem sei er trotz der Tätigkeit in Berlin sehr bodenständig mit seinem eigenen Wahlkreis verbunden. "Ich bin sicher, er wird den Wahlkreis wieder direkt gewinnen", erklärte er die schlechte Platzierung Beuchers auf der Landesliste.

[Schröder forderte in seiner engagierten Rede, dass die Unternehmen ausbilden müssen, um sich selbst eine Basis an qualifizierten Kräften zu schaffen.]



Bevor der Bundeskanzler wieder in den Hubschrauber stieg, um weiter nach Essen zu fliegen, bekam er noch ein Trikot des VfL Gummersbach durch den Manager Carsten Sauer und die beiden Spieler-Stars Kyung-Shin Yoon und Francois-Xavier Houlet überreicht - zur großen Überraschung aller mit einem Aufdruck eines neuen Trikot-Sponsors, nämlich ISE!

[Hier werden dem Kanzler die von ISE gefertigten Hinterachs-Hilfsrahmen für Audi gezeigt.]





[Gestenreich zeigte sich der Niedersachse bei seiner Rede.]





[Auch ins Goldene Buch der Stadt Bergneustadt trug Schröder sich zur Freude von Bürgermeister Karl Siegfried Noss (M.) ein.]





[Wer sich von der oberbergischen SPD von Verpflichtungen für gut zwei Stunden freimachen konnte, war nach Bergneustadt gekommen; (v.l.n.r.) Geschäftsführer Frank Mederlet, Ex-Bundestagskandidat Dr. Oliver Klöck, die Bürgermeister Wolfgang Oberbüscher (Engelskirchen) und Uwe Töpfer (Marienheide), hier mit Landrat Hans Leo Kausemann, dahinter die VfL-Stars "Zou-Zou" Houlet und "Nick" Yoon.]





[Die VfL-Spieler Kyung-Shin Yoon und Francois-Xavier Houlet überreichten zusammen mit Jochen Kienbaum und ISE-Geschäftsführer Gerd Rosendahl sowie VfL-Manager Carsten Sauer dem Kanzler ein Trikot des Handball-Bundesligisten, auf dem neben dem Gummersbacher Kienbaum-Unternehmen nun künftig auch das Logo des neuen Trikot-Sponsors ISE aufgedruckt ist.]





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[Neugierig beobachtete der Kanzler die Stanzarbeiten der tonnenschweren GT-Presse.]





[Gespannt verfolgten die Arbeiter die Reden ihrer Chefs und des Bundeskanzlers.]





[Nach einer Unterredung mit der Geschäftsführung des Neustädter Autozulieferers stellte sich Schröder den Fragen der Presse.]





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[IG Metall-Bevollmächtigter Norbert Kemper (r.) bat Schröder, sich für Babcock einzusetzen und mit dem Insolvenzverwalter zu reden - was der Kanzler denn auch versprach.]





[Die Belegschaft durfte Schröders Rede hören und fast drei Viertel der in Schichten arbeitenden ISE'ler kam.]





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