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Zwei Jazzladies - jede auf ihre Art beeindruckend

vma; 14. Apr 2005, 21:00 Uhr
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Zwei Jazzladies - jede auf ihre Art beeindruckend

vma; 14. Apr 2005, 21:00 Uhr
(vma/21.5.2001-1:10) Von Vera Marzinski
Wiehl - Jazzauftakt mit kleinen "Lux-"usarktikeln und einer Frau die den Weg zu ihren Wurzeln aufgenommen hat - schon für den ersten Abend der Wiehler Jazztage hatten die Macher eine gute Wahl getroffen.
[Bilder: Oliver Mengedoht --- Christina Lux eröffnete die Wiehler Jazztage und dankte für das tolle Publikum, Ambiente und Sound-Qualität.]



Eine große Bühne, eine selbstbewusste junge Frau, nur eine ihrer drei Gitarren im Arm, haucht ins Mikro: „Guten Abend, schön das Sie da sind“ und schon legt sie los. Sie, das ist Christina Lux. Eine Autodidaktin, die schon mit zwölf Jahren den Weg mit und in die Musik aufnahm.



Eine Mischung aus Soul, Blues, Country und Jazz, die Gänsehaut produziert. Absolute Stille in der Wiehltalhalle. Sie spricht von dem Freund, den jeder selbst in sich finden sollte, von den Gelegenheiten im Leben, bei denen man sich selbst entscheiden muss: „Wie du dich auch entscheidest, tu es mit ganzem Herzen, sonst fällt eine Seite Deiner Kraft aus.“ Zuhörer, die sich nicht mit in diese Welt und diese Musik hineinnehmen lassen, könnten dies als zuviel Worte um die außergewöhnliche und beeindruckende Musik der Christina Lux empfinden.

[„Guten Abend, schön das Sie da sind“ - Christina Lux.]



Doch die verbalen Gedanken sind ebenso tiefgründig wie die musikalischen. Sie treffen genau unter der Oberfläche und machen den Zuhörer empfänglich für die eindringliche, sinnliche Stimme und die Texte, in denen Christina Lux persönliche Erfahrungen verarbeitet hat. Auch wer dieses Anrühren nicht zulassen kann, muss bestätigen: Eine bezaubernde Frau, die mit vollendetem Spiel auf ihren drei Gitarren – selbst eine Country-Gitarre ist dabei – mit kleinen "Lux-"usartikeln verwöhnt.



Ihre Arrangements, die Christina Lux viel Raum zur Improvisation lassen, brauchen kein überflüssiges, technisches Beiwerk. Mit ihrer akustischen Gitarre verleiht sie den eingängigen, aber niemals einfältigen Balladen ein dezentes akustisches Gerüst. Was ist es, was so fasziniert – die Musik, die Texte, Christina Lux selbst? Sicherlich die Mischung aus allem, die sehr authentisch rüber kommt. Dies wirkt nicht gewollt – Christina Lux ist der "Lux-"us, den der Musikliebhaber sich einfach gönnen muss und das nicht nur oberflächlich.

[Viel Applaus gab es in der Wiehltalhalle für den "Opener": Cristina Lux.]



Funky, mit dunkler, samtener Stimme gesungen beispielsweise ihr „Talk to me“. Dr. Lux soll zu ihr sprechen. Den bezeichnet sie als Spezialerfindung aus Zeiten, als sich zwischen Herz und Bauch merkwürdige Staus eingestellt hatten. Sie wollte einen Termin machen – „ist mal wieder dein Lied geworden.“, verrät sie mit einem verschmitzten Lächeln. Ihre Behauptung, auf der großen weiten Welt gebe es keine Liebeslieder, deshalb habe sie eins geschrieben, zeigt ihre Art von Humor. Der wirkt etwas versteckt, doch ihre Augen funkeln dabei, und im nächsten Atemzug erzählt sie von „ihrem“ Liebeslied – später stellt sich raus, das es nicht bei dem einen geblieben ist. Doch in „Love labels“ macht sie deutlich, das die Definitionen, die wir über die Liebe gelernt haben doch eigentlich nichts damit zu tun haben: „Wenn der eine ohne den anderen wie ein Einbeiniger ist, muss irgendwas schief gelaufen sein.“ Kleine Lebensweisheiten, die dezent auf die Inhalte der Songs hinweisen.

[Jazz-Lady aus Mexico: Olivia Molina.]



In der Ballade „Shelter“ singt sie vom Kampf wie bei Don Quixote und „Belive“ erzählt von dem versteckten Feuer und dem Glauben daran, dass es morgen nicht so sein wird wie gestern. Ganz selten singt und spielt sie mit anderen Musikern in ihren Konzerten. Christina Lux wirkt auch alleine mit ihrer ausdrucksstarken Stimme.



Angefangen hat sie mit 17 in einer Rockband, später spielte sie in Fusion- und Jazzbands. Bei drei Touren der Jule Neigel Band wurde Christina als Backgroundsängerin engagiert und ging anschließend zu den Vocaleros, wo ihre Stimme durch außergewöhnliche Arrangements an Farbigkeit und Ausdruck gewann. Heute beeindruckt die Solokünstlerin mit englischsprachigem Programm und einer enormen Bandbreite von Groove und Spielfreude. Christina Lux, ein Geheimtipp, den sich die Besucher scheibchenweise als kleine "Lux-"usartikel mit nach Hause nehmen konnten.

[Unter Molina konnte sich das „Heribert Kroll Quintett“ erst kurz vor Schluss austoben und einige Improvisationen darbieten.]



Kaum zu überbieten war der Eindruck, den die erste Jazz-Lady hinterlassen hatte. Doch Olivia Molina sprach eine ganz andere musikalische Sprache. „Welcome back to Jazz“ führt die in Mexiko aufgewachsene Tochter einer deutschen Tänzerin zurück zu ihren Wurzeln. In ihren Anfangszeiten (1963-1965) sang Olivia Molina in den Jazz-Clubs von Mexiko City. Ella Fitzgerald zählte früher zu ihren Vorbildern, verriet sie dem Wiehler Publikum, doch heute habe sie Spaß an der eigenen Sache und festgestellt, dass ihre Stimme ab 50 immer besser werde.



Mit eindringlicher und dominanter Stimme präsentierte sie Jazz-Standards und auch Mischungen aus Latin und Jazz. Nicht nur ihre Stimme war dominant – fünf Männer hatte sie im Griff, die der Jazz-Diva ihren Raum ließen und mit kleinen Soloeinlagen – falls Olivia Molina nicht schon eindringlich auf ihre Uhr guckte – ihr Können zeigten. So übte das „Heribert Kroll Quintett“ Zurückhaltung und konnte sich erst kurz vor Schluss kurz austoben und einige Improvisationen darbieten. Dabei war Pianist Rolf Zielke kaum zu bremsen.



Rauchig ihr „Love letters“



Mit starkem Vibrato routiniert und elegant serviert die coole Lady nicht nur Evergreens, wie „The lady is a tramp“ oder „Stormy weather“. Schon mit 17 hat sie „Billies Blues“ von Billie Holiday gesungen. Rauchig ihr „Love letters“ mit hervorragendem Saxophon-Solo von Heribert Kroll. Mit der verschiedenen Vielfalt der Musik sei sie groß geworden, erzählt Olivia Molina, deshalb dann auch eine Kombination aus Latin und Jazz bei „Besame Mucho“.



Selbst eine Cha-Cha-Cha- Einlage zeigt sie ihrem Publikum und verrät, dass sie als Fünfjährige für einen Peso ihrem Stiefvater Cha-Cha-Cha vortanzen durfte. „Mögen Sie Bossa-Nova? – Wir auch!“ und so nahm sie die Zuhörer mit bei „Fly me to the moon“.



„La Cucaracha“ gab es nicht – so etwas wurde von ihr erwartet, als sie vor 20 Jahren nach Deutschland kam. Lieder und Poesie aus Lateinamerika, aber auch Kurt Weil- und Berthold Brecht-Balladen hat sie gesungen. Mit dem Titel „Das Lied“ gewann sie 1973 den deutschen Schlagerwettbewerb in Berlin. Viele kennen ihre Weihnachtskonzerte und Tango-Programme, aber auch ihre eigene Art, die lateinamerikanischen Evergreens zu interpretieren. Auf dem Weg zu ihren Wurzeln, will sie wieder perfekt sein.



Mit ihrem Vibrato gibt sie den Liedern die notwendige Farbe und als Jazz-Diva in weißem Hosenanzug ist der Profi nicht zu übersehen. Souverän zieht sie ihr Programm durch und präsentiert ein Lied nach dem anderen. Sind die Jazz-Standards auch überzeugend, so vermittelt sie doch gerade die Bossa-Nova- und Latin-Feeling-Nummern vollkommener. Es passt einfach perfekter zu ihr. Der Casablanca-Klassiker „As time goes by” – den das “Heribert Kroll Quintett” als Opener nutzte – wird nicht der Abschluss. Mit „Lover come back to me“ schließt Olivia Molina ihr Konzert ab und zeigte in über eineinhalb Stunden, was in ihr steckt und wo ihre Wurzeln sind.

[Überzeugende Jazz-Standards - noch vollkommener die Bossa-Nova- und Latin-Feeling-Nummern: Olivia Molina.]



Eine weitere Lady zeigte sich zu Beginn des abends auf der Bühne. Wiehls Vize-Bürgermeisterin Angelika Banek hoffte, dass nach der guten Bilanz der bisherigen Jazztage - in diesem Jahr werde das Duzend voll gemacht - noch viele folgen sollten. Die Wiehler Jazztage seien ein Begriff bei Jazzfreunden und die Jazzband der städtischen Musikschule – die auch am Dienstag bei „Jazz in der Kneipe“ zu sehen und zu hören sein wird – habe in diesem Jahr sogar den dritten Platz beim Landeswettbewerb erhalten.



Das weitere Programm der 12. Wiehler Jazztage ist unter www.kulturkreis-wiehl.de zu finden. Weitere Berichterstattung zu den Konzerten täglich bei Oberberg-Aktuell.

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