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Junges SSV-Team vor enormer Herausforderung

lo; 28. Jul 2009, 00:30 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung --- Der SSV Bergneustadt startet mit einem großen Kader in die erste Verbandsliga-Saison.
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Junges SSV-Team vor enormer Herausforderung

lo; 28. Jul 2009, 00:30 Uhr
Bergneustadt – Für den Überraschungsaufsteiger zählt in der Verbandsliga nichts anderes als der Klassenerhalt - Der neue Coach Torsten Reisewitz setzt auf Defensivstärke und taktische Disziplin seiner Mannschaft.
Von Björn Loos

Am 7. Juni war die Sensation perfekt: Der SSV Bergneustadt hatte mit einem 5:0-Erfolg bei Borussia Lindenthal-Hohenlind den Aufstieg in die Verbandsliga geschafft und damit Historisches geleistet: Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte spielt man in der höchsten FVM-Spielklasse. Niemand hatte die junge und neu formierte Mannschaft auf der Rechnung, im Gegenteil: Nicht wenige zählten sie zu den Abstiegskandidaten und sahen sich nach den beiden Auftaktniederlagen in ihrer Meinung bestätigt. Doch dann starteten die Bergneustädter eine Erfolgsserie und setzt sich frühzeitig im oberen Tabellendrittel fest. Nach der Winterpause nutzte man die Ausrutscher der Konkurrenz, um auf einen Aufstiegsplatz vorzurücken. Trotz einiger Rückschläge - Sechs-Punkte-Abzug wegen des Zwangsabstiegs der SG Worringen, die Nachricht vom Rücktritt von Erfolgstrainer Wolfgang Müller - hielt Bergneustadt den Attacken der Verfolger stand und sicherte sich als Tabellenzweiter den niemals für möglich gehaltenen Aufstieg. Erfolgscoach Wolfgang Müller hat Bergneustadt aus privaten Gründen den Rücken gekehrt, unter seinem Nachfolger Torsten Reisewitz soll der Aufenthalt in der Mittelrheinliga möglichst nicht zu einem einjährigen Gastspiel werden. 

Kommen und Gehen

Nachdem fast alle Leistungsträger der Aufstiegssaison ihre Zusage gegeben hatten und erneut mehrköpfiger Zuwachs aus dem eigenen Nachwuchsstall hochgerückt war, hielten sich die Transferbemühungen des SSV in Grenzen, zumal dem Klub die finanziellen Mittel fehlen, um scharenweise Verbandsliga-erfahrene Spieler nach Bergneustadt zu lotsen. Für den Angriff konnte mit Tobias Schöler ein routinierter Mann geholt werden. „Tobias ist für uns enorm wichtig. Er sieht den Nebenmann und benötigt wenige Chancen, um ein Tor zu erzielen“, sagt Reisewitz. Der Stürmer hat sich allerdings in einer der ersten Trainingseinheiten eine Knieverletzung zugezogen und fällt wahrscheinlich noch bis Ende August aus. Pech hatte auch der zweite auswärtige Zugang: Linksfuß Alex Röger plagt sich mit hartnäckigen Adduktorenproblemen herum und konnte bislang nur Laufeinheiten bestreiten. 

Aus eigenen Stücken schlossen sich auch Sereni Awountsa Dongmo und Daniel Patzer dem Verein an. Die ersten Tests haben gezeigt, dass sie es schwer haben werden, den Sprung in den Stammkader zu schaffen. Anders sieht es bei den Youngstern aus. Reisewitz: „Zwei oder drei von ihnen haben die Chance, sich einen Platz unter den ersten Elf zu erkämpfen.“ Tom Maiwald zeigt im defensiven Mittelfeld gute Ansätze, Patrick Siebert ist eine ernsthafte Option im Offensivbereich „Er hat in der Rückrunde der letzten Saison gezeigt, welche Qualitäten er besitzt“, so Reisewitz. Die Keeper Benedikt Kunze und Christian Salmen sind die Herausforderer der letztjährigen Nummer eins Dustin Bäcker. Nils Nettersheim und Florian Harnisch haben großes Potenzial, ob sie den Sprung in den Kader schaffen, wird sich zeigen.


Den elf Neuen stehen zwei Abgänge gegenüber: Christian Hausmann wird zukünftig für den Liga-Konkurrenten Viktoria Köln spielen. „Es ist immer schade, wenn  Leute aus dem eigenen Stall gehen. Er hat eine gute Hinrunde gespielt, aber ich bin überzeugt, dass wir die Lücke schließen können“, so Reisewitz. Clemens Werner, der sich dem Landesligisten FV Bad Honnef anschloss, kam über den Part des Ergänzungsspielers nicht hinaus und konnte in der Rückrunde wegen einer Verletzung nicht mehr aktiv ins Geschehen eingreifen.

Mannschaft, Spielsystem, Taktik

Mit Ausnahme von Alexander Ochs, Tobias Schöler und Vassilios Karalis hat niemand aus der Mannschaft im Seniorenbereich schon einmal höher als in der Landesliga gespielt. Der Faktor Erfahrung wird also eine Rolle spielen, vor allem in den Partien mit engem Verlauf. „Genau diese Spiele müssen wir für uns entscheiden“, hofft Reisewitz, dass seinen Mannen die nötige Cleverness an den Tag legen können. Die Torwartposition ist mit dem Trio Bäcker, Kunze und Salmen ausgezeichnet besetzt. In der Abwehr wird aller Voraussicht nach nichts an der Aufstiegsviererkette Radion Miller, Sebastian Wasem, Martin Brzoska und Hermann Schattner vorbeiführen, die im vergangenen Jahr einen ausgezeichneten Job erledigt hat und entscheidend an den wenigen Gegentoren beteiligt war. Im Fünfer-Mittelfeld dürften Kapitän Alexander Ochs, Marcel Walker und André Schilamow einen Stammplatz sicher haben. Offen ist noch, wer neben Ochs als zweiter „Sechser“ agiert. Vassilios Karalis, der auf dieser Position im letzten Saisondrittel überzeugend auftrat, fehlt wegen eines Auslandsaufhaltes noch bis Ende August.

[Torsten Reisewitz soll die Bergneustädter zum Klassenerhalt führen.]

Sorgen bereitet im vorderen Bereich der Ausfall von Schöler,  der als feste Größe eingeplant ist und die Durchschlagskraft erhöhen soll. „Im Angriff drückt bei uns ein wenig der Schuh. Insgesamt bin ich mit dem Kader aber sehr zufrieden, da er ausgeglichen besetzt ist. Außerdem ist die Mannschaft, auch weil es in der vergangenen Saison kaum Verletzte zu beklagen gab, eingespielt.“ Allerdings offenbarten die bisherigen Testpartien, dass in einigen Bereichen noch Nachholbedarf besteht. „Wir benötigen teilweise zu lange, um wieder hinter den Ball und in die Grundordnung zu kommen. Das ist in der Verbandsliga tödlich“, sagt Reisewitz, der auch das nötige Tempo im Spiel nach vorne vermisst: „Da muss die Musik noch mehr abgehen.“ Auch an Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den Mannschaftsteilen im 4-2-3-1-System und der Chancenverwertung wird noch zu arbeiten sein.

Vorteilhaft ist sicherlich, dass die Bergneustädter nicht so häufig in die Situation kommen, das Spiel machen zu müssen. Bereits in der Landesliga hatte man Probleme mit tief stehenden Gegnern. Gegen die Teams, die selbst die Initiative ergriffen, konnte der SSV dank seiner Defensiv- und Konterstärke sowie hoher taktischer Disziplin eine Spitzen-Bilanz verbuchen. Reisewitz: „Diese Stärken müssen wir auf höherem Niveau bestätigen. Die Spieler  werden dabei an jedem Sonntag an ihre Grenzen gehen müssen. Das wird die größte Herausforderung sein.“ In dieser Woche wird der Coach den ersten personellen Schnitt einleiten und den Kader reduzieren. Einige Akteure werden dann erst einmal ins Aufgebot der Reserve rücken.    

Saisonziel und Umfeld


Die Verbandsliga ist sehr ausgeglichen, in der abgelaufenen Spielzeit musste der FC Hennef mit 36 Punkten runter. „Die Liga war brutal eng und das wird dieses Jahr nicht anders sein“, sagt Reisewitz. Die Zahlen belegen diese Einschätzung: Der Sechste Lich-Steinstraß hatte 40 und damit nur vier Zähler mehr als Absteiger Hennef auf dem Konto. Die ersten beiden Gegner werden bereits eine echte Standortbestimmung darstellen: Lich-Steinstraß besiegte am Wochenende den NRW-Ligisten Alemannia Aachen II mit 3:0, Wegberg-Beeck kürzlich den hoch gehandelten Liga-Konkurrenten Germania Teveren mit 4:2.

Auch der Klubführung ist bewusst, dass alles passen muss, um nicht direkt wieder abzusteigen. Der Vorstand erhofft sich, dass der Verein den Aufstiegsschwung mitnehmen kann und aufgrund der höheren Spielklasse potenzielle Geldgeber anlockt. Dies wird nur möglich sein, wenn die Mannschaft mit sportlichen Erfolgen ihren Teil dazu beiträgt. Dem Team fehlt zwar die Erfahrung, dass sie mit Drucksituation fertig wird, hat sie im Aufstiegsrennen mehrfach bewiesen. Dennoch wird die junge Truppe mit Rückschlägen leben und umgehen müssen. „Es kann sein, dass jeder hundert Prozent abruft, wir aber trotzdem als verdienter Verlierer vom Platz gehen“, prognostiziert der Coach. Der Klassenerhalt in der neuen Liga wäre genauso hoch einzuschätzen wie der überraschende Aufstieg. „Wenn es den Jungs gelingt, sich in die Liga reinzubeißen und wir einen guten Start hinlegen, bin ich überzeugt, das wir es schaffen“, betont Reisewitz.


[Reisewitz mit Tobias Schöler, Alexander Röger, Patrick Siebert, Michael Hock, Nils Nettersheim, Sereni Awountsa Dongmo, Tom Maiwald, Co-Trainer Michael Kuhn (stehend v.l.) sowie Daniel Patzer, Christian Salmen, Benedikt Kunze und Florian Harnisch.] 

Zugänge

Tobias Schöler (SpVg. Olpe)
Alexander Röger (Heiligenhauser SV)
Sereni Awountsa Dongmo (TSV Viernheim II)
Daniel Patzer (Baris Spor Hackenberg)
Benedikt Kunze (eigene Jugend)
Christian Salmen (eigene Jugend)
Michel Hock (eigene Jugend)
Tom Maiwald (eigene Jugend)
Florian Harnisch (eigene Jugend)
Nils Nettersheim (eigene Jugend)
Patrick Siebert (eigene Jugend)

Abgänge
Christian Hausmann (Viktoria Köln)
Clemens Werner (FV Bad Honnef)


Spielerkader

Tor
Dustin Bäcker
Benedikt Kunze
Christian Salmen

Abwehr
Martin Brzoska
Sebastian Wasem
Hermann Schattner
Radion Miller
Alexander Tomm
Markus Mancarella
Michel Hock
Gregor Krolewski  

Mittelfeld
Alexander Ochs
André Schilamow
Michael Kloska
Serkan Mutlu
Tom Maiwald
Alexander Röger
Vassilios Karalis
Marcel Walker 
Daniel Patzer
Florian Harnisch
Andreas Krolewski

Angriff
Christopher Lieblang
Markus Wagner
Patrick Siebert
Tobias Schöler
Nils Nettersheim
Sereni Awountsa Dongmo

Trainer
Torsten Reisewitz (für Wolfgang Müller)

Co-Trainer
Michael Kuhn
Mathias Blumberg.



Zum Thema SSV Bergneustadt siehe auch:

'Plötzlich Verbandsliga: Die Chancen und Risiken'

'Torsten Reisewitz: "Müssen im Torabschluss konsequenter werden"'
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