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Oberbergischer Traumakonsens: "Behandle das, was zuerst tötet!"

ch; 2. May 2009, 00:00 Uhr
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Oberbergischer Traumakonsens: "Behandle das, was zuerst tötet!"

ch; 2. May 2009, 00:00 Uhr
(ch/17.4.2009-12:30) Engelskirchen - Der Rettungsdienst und die Oberbergischen Krankenhäuser haben sich einer schnellen und effizienten Versorgung von Schwerverletzten verschrieben. Die konkrete Vorgehensweise wird beim heutigen Notfalltag besprochen.
[Archivbild: Christian Herse --- Bei einem Verkehrsunfall in Bredenbruch Anfang März wurde ein schwerverletzter Patient nach den genauen Richtlinien der Traumaversorgung behandelt.]

Vor 45 Jahren war es noch undenkbar, dass ein Arzt aus dem Krankenhaus zu einem Patienten nach Hause zur Hilfe eilt. Der Oberbergische Kreis war damals eine der ersten Regionen, wo das Klinomobil zur „professionellen“ Rettung eingesetzt wurde. Heute haben sich sowohl Medizin als auch Technologie massiv weiterentwickelt. Oberberg ist jedoch weiterhin führend in der Versorgung von Akutpatienten deutschlandweit.

Als einer der ersten Landkreise wurde das oberbergische Rettungswesen auf das amerikanische System PHTLS umgestellt, zur präklinischen Versorgung von Schwerverletzten. „Früher haben wir bei Unglücken abwägen müssen, ob wir den Patienten einladen und schnellstmöglich in ein Krankenhaus bringen oder vor Ort intensiv medizinisch behandeln und stabilisieren“, berichtet Dr. Ralf Mühlenhaus, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes. In dem neuen Behandlungssystem habe man sich auf einen Kompromiss geeignet, der beide Komponenten miteinander verbindet. „Wir helfen so viel wie nötig, aber so wenig, wie möglich“, fasst es der Chefarzt der Gummersbacher Unfallchirurgie, Dr. Walter Schäfer, zusammen. Ziel sei es nicht, den Patienten am Unfallort zu therapieren, sondern ihn zügig stabilisiert in ein Krankenhaus zu bringen. "Wir behandeln immer das, was den Patienten am ehesten umbringen wird", so Schäfer.

Doch nicht nur in der Rettung gibt es klare Strukturen, auch die Versorgung in Krankenhäuser funktioniert nach klaren Richtlinien. Schon im Vorhinein wissen die Notärzte, wo sie ihre Patienten hinbringen können. Leichtverletzte werden in die Krankenhäuser der Grundversorgung in direkter Nähe gebracht. Verletzte mit leichten bis mittleren Schädelhirntraumata sowie Becken- und Wirbelsäulenverletzungen können in Gummersbach behandelt werden. Nur drei von 100 Patienten versorgen Mediziner aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen in Köln-Merheim, in einer Klinik der Maximalversorgung.

Sollte ein Trauma-Patient nach Gummersbach kommen, erwarten ihn im so genannten Schockraum bis zu 15 Ärzte und Pfleger, die alle nach einer Checkliste ihre Aufgaben erfüllen und den Verunglückten versorgen. Durch dieses System (ALTS genannt) konnten die Behandlungszeiten vor eine Operation deutlich reduziert werden. „Wir haben frühzeitig damit angefangen und unser Erfolg ist spür- und messbar geworden“, weiß Joachim Mehlhose als Oberarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie im Kreiskrankenhaus Gummersbach. Rund 120 Fachkräfte sind in den ersten 24 Stunden an der Versorgung eines Patienten beteiligt und sorgen dafür, dass die Überlebensrate von Schwerverletzten in Oberberg deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt liegt.

Seit einem Jahr werden 150 Rettungsassistenten, 90 Notärzte und allein 200 Pfleger in Gummersbach geschult und vorbereitet. Schon 2006 wurde der erste Oberbergische Notfalltag eingeführt, bei dem über eine effizientere Trauma-Versorgung gesprochen wurde. Auch die Betreuung von Herzinfarkt-Patienten konnten bereits deutlich verbessert werden. Heute kommen in der Aggertalklinik in Engelskirchen erneut Rettungsdienstpersonal, Ärzte, aber auch Feuerwehrleute zusammen, um über die Ergebnisse zu sprechen und sich über neue Methoden und Arbeitsweisen in der Notfallmedizin auszutauschen.

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