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Tausende lotsten Profiradfahrer durch die Oberbergische Nebelwand

ch; 28. Apr 2009, 00:00 Uhr
Oberberg Aktuell
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Tausende lotsten Profiradfahrer durch die Oberbergische Nebelwand

ch; 28. Apr 2009, 00:00 Uhr
(ch/13.4.2009-19:15 AKTUALISIERT 20:05) Von Christian Herse
Oberberg - Egal ob in Reichshof, Wiehl, Engelskirchen oder Lindlar: Überall sorgten tausende Oberberger für eine grandiose Stimmung und begleiteten die Profis von "Rund um Köln". Gewinner Martin Pedersen legte Grundstein für seinen Sieg in Hohkeppel - Inklusive Video vom Start.
[Bilder: Christian Benze, Christian Herse, Martin Hütt --- Als in Wiehl die Startflagge geschwungen wurde, nahm das Rennen an Fahrt auf und bot über fünf Stunden spannende Kämpfe.]

Bei einem Blick aus dem Fenster stockte so manchem Radsportfan heute Morgen der Atem. Eine dichte und zähe Nebelbrühe hing wie eine Glocke über dem gesamten Bergischen Land, während der Rest vom Rheinland bereits seit den frühen Stunden herrlichen Sonnenschein genießen konnte. Doch Nebel ist kein Schnee, der einen Start von „Rund um Köln“ im letzten Jahr unmöglich machte und somit für die erste Absage in der Geschichte des Frühjahrsklassikers sorgte. „Wir können starten und damit sind wir weiter als 2008“, brachte es Organisator Artur Tabat auf den Punkt.

[In Reichshof hatten sich die Fahrer auf "Rund um Köln" vorbereitet und hatten auf dem Rad noch Zeit für die ein oder andere Unterhaltung.]

Pünktlich um 10:45 Uhr setzte sich der Tross in Reichshof-Wehnrath auf dem Firmengelände der Ralf Bohle GmbH, die mit der Kreissparkasse Köln den Ring der Hauptsponsoren bereits wieder schloss, in Bewegung. Insgesamt 92 Profis hatten sich angemeldet, die jedoch nicht mit ihren üblichen Teams samt Trikots starteten, sondern in Nationalmannschaften. Ein Umstand, der auf den Willen des ausstrahlenden WDR-Fernsehens zurückzuführen ist, das zur Bedingung für seine Unterstützung gemacht hatte, dass aufgrund der Dopingangst keine Firmenteams mit ihren Werbepartnern auftreten durften. Dank dieser Entscheidung fehlten die bekannten Größen des Radsports wie Linus Gerdemann vom Milram-Team, der, wie viele andere Elitefahrer auch, gerne im Sattel gesessen hätte.

Der Stimmung am Wegesrand tat dies jedoch keinen Abbruch. Begeistert wurden die Sportler um 11 Uhr von den Wiehlern empfangen, die mit Trommeln und Tröten sich auf den scharfen Start freuten, der schließlich am Ortsausgang kurz hinter dem Kreis erfolgte. Fortan lief die Zeit und das Feld näherte sich in einem wahnsinnigen Tempo der Ortsdurchfahrt Bielstein, ehe es hinauf nach Drabenderhöhe ging. Hier wartete die erste Bergwertung auf die Fahrer, die der Pole Jacek Morajko für sich entscheiden konnte. Dicht auf dicht fuhren die Radler durch die Nebellandschaft, in der die Sicht oftmals weniger als 30 Meter betrug. Über die kurvenreiche und gefährliche Strecke gelangte das Feld schließlich nach Engelskirchen-Kaltenbach und Bickenbach, ehe es links abbog und das erste Mal Lindlarer Gebiet befuhr.

Rupert Probst sicherte sich die Sprintwertung in Lindlar- Klause.]

Zu diesem Zeitpunkt hatte noch keiner der Sportler einen Ausreißversuch gewagt, sodass das Feld dicht beisammen durch Frielingsdorf rollte - unter den Anfeuerungsrufen von Hunderten an der Straße und den tanzenden Mädels der „Sünger Butzen“. Dem schmalen Dimberg hinauf zog, wie an einer Perlenschnur aufgereiht, der Tross weiter zum höchsten Punkt der Strecke. Auf 341 Metern Höhe folgte die erste Sprintwertung von Rund um Köln, die der Österreicher Rupert Probst vor den Augen von Profi und „altem Hasen“ Jens Voigt deutlich gewann. Voigt, der selbst nicht mitfuhr, zeigte sich von der Geschwindigkeit beeindruckt: „Trotz des Wetters legen die Fahrer ein irres Tempo vor. Außerdem beweisen sie, dass auch die zweite Garde Spitzensport abliefern kann.“ Dem konnte auch Tabat beipflichten, der von Reichshof ebenfalls nach Lindlar geeilt war. „Wir brauchen keine 200 Fahrer, um die Zuschauer zu begeistern. Es kommt auf den Sport und nicht die Namen an“, fand er zustimmendes Nicken bei den Fans.

Lindlars Bürgermeister Hermann-Josef Tebroke schaute dem Feld nach, ehe es in der Nebelsuppe in Richtung Ortszentrum verschwand: „Schön, dass es im zweiten Anlauf endlich geklappt hat, Rund um Köln direkt nach Lindlar zu holen. Wir haben viele Gespräche nach dem enttäuschenden letzten Jahr geführt und werden durch diese tolle Stimmung belohnt.“ Auf der holprigen Piste der L284 rollte das Feld durch das Sülztal, ehe Morajko mit seinem Kollegen Harald Totschnig aus dem Alpenland einen ersten Ausreißversuch wagte. Bereits in der Anfahrt auf Linde hatte die Hauptgruppe die beiden aus den Augen verloren und folgten ihnen auf der Tour in den Rheinisch-Bergischen Kreis mit einigem Abstand.

[Gemeinsam mit elf anderen Fahrern setzte sich Martin Pedersen vom Hauptfeld ab und gewann das Rennen im Schlusssprint.]

Am Nachmittag erreichte die Elite dann erneut Oberberg. Durch das schlechte Wetter lag das Feld bereits 25 Minuten hinter dem eigentlichen Zeitplan zurück. Die beiden Ausreißer hatten zwischenzeitlich in Odenthal einen Vorsprung von über 6:30 Minuten herausgefahren, verlor aber zunehmend an Geschwindigkeit und wurde in Overath nach über 90 Führungskilometern wieder eingeholt. So machte sich ein geschlossenes Feld auf nach Hohkeppel, wo bereits am Morgen die Fahrer des Jedermann-Rennens durchgeradelt waren. Über 3.000 Teilnehmer hatten sich bei diesem Wettkampf der Amateure, der in Leverkusen gestartet war, angemeldet.

[Den vielen großen und kleinen Helfern war es zu verdanken, dass die Tour ohne Zwischenfälle ablief.]

Während der Durchfahrt durch das Kirchendorf gelang einer zwölfköpfigen Gruppe, sich von dem Hauptfeld zu lösen und hatte bei der schnellen Abfahrt nach Köttingen bereits einige Sekunden Vorsprung. Unter ihnen befand sich auch der Däne Martin Pedersen, der sich in der Führungsarbeit mit seinen Kollegen abwechselte und somit einen Abstand von anderthalb Minuten herausfahren konnte. Diesen Vorsprung hielten die Ausreißer auch bis nach Köln, wo sich der Skandinavier im Sprint mit dem deutschen Eric Baumann durchsetzen konnte und sich somit ein vorzeitiges Geburtstagsgeschenk machte: Übermorgen wird Pedersen 26 Jahre alt. Selbst die Zieleinfahrt verfolgten zahlreiche Oberberger noch auf den Großbildleinwänden an den vielen Eventpoints. Überall in der Region hatten Dorfgemeinschaften und Initiativen ein buntes und abwechslungsreiches Programm mit vielen Höhepunkten entlang der Strecke der Profis gestrickt. Ob Fahrradshow, Zirkus, Kinderschminken oder Kletterturm - überall war etwas los.

Auch Landrat Hagen Jobi genoss den Spitzensport durch seinen Landkreis: „Ich war sowohl in Wiehl beim Start als auch in Lindlar-Klause und die Stimmung war in beiden Orten einzigartig. Gänsehaut-Feeling pur und ich hoffe sehr, dass wir im nächsten Jahr erneut Rund um Köln begrüßen dürfen.“ Eine Vorstellung, die sicherlich auch Tabat begrüßen dürfte, der zwar auf einer fünfstelligen Summe an Verlusten sitzenbleiben wird, allerdings auch durch den erfolgreichen Ablauf des 93. Rund um Köln- Rennens einen Hoffnungsschimmer für die nächsten Jahre sieht und. Nach den vielen Fragezeichen in den letzten Wochen und den täglich neuen schlechten Nachrichten aus dem Radsport durchaus wünschenswert - schon allein der Stimmung wegen.

Weitere Impressionen aus Oberberg samt Video.



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