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Umweltfreundlich mit Holzschnitzeln heizen - Pilotprojekt in NRW

om; 20. Feb 2001, 22:16 Uhr
Oberberg Aktuell
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Umweltfreundlich mit Holzschnitzeln heizen - Pilotprojekt in NRW

om; 20. Feb 2001, 22:16 Uhr
(om/20.2.2001-22:10) Von Oliver Mengedoht
Gummersbach-
Lieberhausen - Umweltministerin Bärbel Höhn nahm heute für die EGL Energiegenossenschaft Lieberhausen das Pilotprojekt einer Nahwärmeversorgung auf Holz-Hackschnitzel-Basis in Betrieb.

[Bilder: Oliver Mengedoht --- Heute wurde die Anlage in Lieberhausen unter großem Applaus in Betrieb genommen.]



Um 16:12 Uhr zündete die Ministerin heute das erste Mal das neue Holz-Hackschnitzel-Heizwerk, dass die Bürger in Form einer Energiegenossenschaft selbst gebaut haben. Lieberhausen ist damit das erste Dorf im ganzen Land, dass sich von der bisherigen Einzelversorgung der Häuser mit Heizungen abwendet, erklärte Bernd Rosenbauer, Vorsitzender der Energiegenossenschaft. Er begrüßte neben der Ministerin auch Landrat Hans-Leo Kausemann, Bürgermeister Paul-Gerhard Schmitz, die Landtagsabgeordneten Hagen Jobi und Prof. Friedrich Wilke sowie zahlreiche weitere an dem Projekt Beteiligte - und natürlich die "Lieberhüser".

[Bärbel Höhn überreichte dem Vorsitzenden der Energiegenossenschaft, Bernd Rosenbauer, den ersten Preis.]

"Angefangen", blickte Rosenbauer zurück, "hat alles im August 1997 im örtlichen Heimatverein". Der habe Infoveranstaltungen und Besichtigungsfahrten organisiert und war letztlich für die Gründung der Energiegenossenschaft verantwortlich. "Schon bisher waren wir eins der schönsten Dörfer NRWs, auch wenn uns das zur Zeit selber schwerfällt, dem Durchfahrenden das zu vermitteln", gab er zu. "Aber wo gehobelt wird, da fallen Späne."

Das Holz-Hackschnitzel-Heizwerk sei ein Projekt von Bürgern für Bürger, erläuterte Rosenbauer, und zeige auch, dass Eigenininitiative und -verantwortlichkeit auch bei einem Projekt dieser Größe sinnvoll sei. In Lieberhausen beginne nun das "hölzerne Zeitalter. 67 Häuser sind bislang angeschlossen, das Ziel liegt bei 80 Haushalten. Auch wenn noch nicht alles fertig sei, werde heute die Inbetriebnahme gefeiert, im Herbst solle es dann einen großen Tag der offenen Tür geben.



[Die Ministerin und zahlreiche Interessierte besichtigten das Holz-Hackschnitzel-Heizwerk.]



Für Landrat Kausemann war es ein "bedeutsamer Tag, ich kenne kein Beispiel, wo es so eine zusammenhaltende Gemeinschaft gibt wie hier". Auch Bürgermeister Schmitz lobte den Einsatz und die vielen ehrenamtlichen Stunden Arbeit für "diesen Zungenbrecher" von Kraftwerk. Forstdirektor Klaus Lomnitz berichtete, dass für den "auch forstwirtschaftlichen Meilenstein" bisher 935.000 Mark an Landes- und EU-Fördermitteln vom Forstamt Waldbröl bewilligt worden seien.

[Ganz fertig ist der Bau noch nicht, aber es fehlen nur noch Kleinigkeiten wie der Putz.]



"Dieser Termin macht mir richtig Spaß", freute sich Umweltministerin Höhn. "Wenn schon Landrat und Bürgermeister so schwierige Worte über die Lippen kommen, zeigt das doch, wie weit wir inzwischen gekommen sind", erklärte sie und erntete zunächst amüsiertes Lachen des Publikums. Weit gekommen aber in Bezug darauf, ergänzte sie, dass nachwachsende Rohstoffe inzwischen eine gewisse Anerkennung haben.



Sie prämierte vor der Besichtigung des Heizwerks auch die drei Gewinner des Landes-Wettbewerbs für neue Produkte im Bereich nachwachsender Rohstoffe. Der Preis wurde heute zum ersten Mal verliehen, "und es hat viele Bewerbungen gegeben", erklärte Höhn. Der dritte Preis ging an die Karphos GmbH für Wände aus festgepresstem Stroh, der zweite an das Holzenergiezentrum Olsberg im Sauerland. Ein "hervorragendes Projekt" kürte die Ministerin als ersten Preis: "Sie haben sich auf neue Gebiete gewagt. Das Projekt ist nicht nur sehr überzeugend wegen der nachwachsenden Rohstoffe und der Kohlendioxid-Verminderung, sondern auch wegen der Gemeinsamkeit, mit dem die Menschen hier gearbeitet haben."



MdB Friedhelm Julius Beucher habe ihr gesteckt, dass die Überzeugungskraft und der Einsatz von Bernd Rosenbauer dieses positive Ergebnis verursacht habe - "Nachahmung ist eindeutig erwünscht".

[Um 16:12 Uhr loderten die Flammen im Heizwerk zum ersten Mal hoch.]



Der 900-Kilowatt-Holzofen der Untereschbacher Firma WVT (Bioflamm) wird mit Hackschnitzeln aus Durchforstungshölzern, naturbelassenen Resthölzern der Sägeindustrie oder auch mit Resten aus Straßenmeistereien und Gartenbetrieben betrieben. Zur Unterstützung für Spitzenzeiten ist auch ein Ölkessel installiert, der aber nur 10 bis 15 Prozent der nötigen Energie erzeugen soll. Von der Heizzentrale wird den 67 Haushalten das auf 90 Grad erhitzte Wasser über ein Nahwärmenetz - insgesamt 4.685 Meter Rohre - zugeleitet.



Im Jahr sollen so 350.000 Liter Heizöl gespart werden und 450 Tonnen weniger CO2-Emissionen entstehen. Dafür werden rund 4.000 Schüttraummeter Hackschnitzel im Jahr verbrannt. Für die angeschlossenen Haushalte entfallen dann eigene Heizung, Heizraum, Schornstein und Öltank.





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