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Leserbrief: IHK hat die Zeichen der Zeit immer noch nicht verstanden

Red; 13. Oct 2008, 14:46 Uhr
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Leserbrief: IHK hat die Zeichen der Zeit immer noch nicht verstanden

Red; 13. Oct 2008, 14:46 Uhr
(Red./13.10.2008) Heiner Schwarz kritisiert die Wahlprüfsteine der Industrie- und Handelskammern.
Die Wirtschaft braucht optimale Rahmenbedingungen und nur die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Köln weiß, wie diese auszusehen haben - sagt sie zumindest selbst. In einem siebenseitigen Papier wurden deshalb Thesen, Textbausteine, Ideologie nund Formate zusammengefügt. Die IHK verlangt unter anderem - wie könnte es auch anders sein - die Stilllegung der Wiehltalbahn. Scheinbar hat man bei der IHK die Zeichen der Zeit und die Urteile der Gerichte noch immer nicht verstanden - die Wiehltalbahn wird weiterfahren. Aber die IHK-Funktionäre führen sich wie Zweijährige in den Quengelzonen vor den Supermarktkassen auf und trotzen laut vor sich hin.

In den Spinden der Werkstätten, den Pinwänden der Büros und in den Email-Eingängen der Bürocomputer sorgt die "Weisheit der Dakota-Indianer“ für die allgemeine Erheiterung der Werktätigen über ihre Chefetagen. Wer die Worte „Daktota-Indianer“, „Weisheit“ und „Pferd“ bei google sucht, erfährt viel darüber, mit welch großem Elan unsere Manager versuchen, tote Pferde zu reiten …Gleichzeitig möchte man die Bahnstrecke Köln - Gummersbach „schnell ausbauen“. Nun, wenn dies heißt, dass ein Ausbau für höhere Geschwindigkeiten vorgesehen ist, hat der Bundesgesetzgeber davor die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung gesetzt, und darin steht, wie schnell so eine Eisenbahn denn fahren darf: v = zulässige Geschwindigkeit in km/h, r = Bogenhalbmesser in m, u = Überhöhung in mm, uf = Überhöhungsfehlbetrag in mm (Quelle EBO § 40, Abs. 7).

Diese Formel lässt sich nicht mit einem Mehrheitsentscheid ändern, denn sie hat den Sinn, die geschwindigkeits- und radiusabhängige bleibende Seitenbeschleunigung, auch Fliehkraft genannt, in den Kurven auf die Menschen im Zug, aber auch auf die künftigen Ladegüter auf dem Weg zur oder von den BPW weg zu beschränken. Und im Tal der Agger finden sich naturgemäß viele Kurven. Um schneller fahren zu können, so wie von der IHK gewünscht, müssten deren Radien vergrößert werden. Dann erreichte der nach Gummersbach fahrende Zug die Kreuzungsbahnhöfe auf der eingleisigen Aggerstrecke früher, während der nach Köln fahrende erst später abfahren müsste - also lägen die Kreuzungsbahnhöfe da, wo sie heute liegen, nicht mehr an der richtigen Stelle und müssten auch verschoben werden. Da die Siedlungen nicht mitverschoben würden, müssten die Züge dann zweimal halten - einmal, um mit dem Gegenzug zu kreuzen, und dann ein zweites Mal, um die Menschen auf den Unterwegsstationen ein- und aussteigen zu lassen. Wenn man solches nicht möchte, muss die Aggerstrecke teilweise zweigleisig werden.

Früheren Funktionsträgern der Selbstorganisation der Wirtschaft wären diese technisch-physikalischen Grundlagen bereits im 19. Jahrhundert geläufig gewesen. David Hansemann oder Ludolf Camphausen haben ihre Ideen hierzu selber zu Papier gebracht. Ihre heutigen, inkompetenten Nachfolger fragen allen Ernstes: „Wir fragen den Oberbergischen Kreis und die Stadt Gummersbach: Wie stellen Sie sich die Projektierung des Ausbaus der Bahnverbindung Köln-Gummersbach vor?“ Die erste, nicht falsche Antwort müsste lauten „Aufwändig“.

Da ein Ausbau der Aggertalbahn an der Frankfurter Straße in Köln beginnen und bis Lüdenscheid durchgeplant werden müsste, verdeutlicht allein die Beschränkung der Fragestellung durch die IHK auf den Oberbergischen Kreis und die Stadt Gummersbach das fehlende Fachwissen der ahnungslosen, aber wegweisend sein wollenden IHK-Funktionäre. Aber bei einer Organisation wie der IHK, die sich dank der Zwangsmitgliedschaft ihrer Mitglieder keine Gedanken über die Qualität der eigenen Arbeit machen muss, hat dies für die „Handelnden“ natürlich keinerlei Konsequenzen. Damit sind die deutschen IHK die letzten sozialistischen Organisationen Deutschlands, für die jeder zahlen muss, ohne es zu wollen. Auch wenn die IHK die Wiehltalbahn dahin wünschte, wo der Pfeffer wächst, hält es diese merkwürdige Organisation nicht davon ab, sich von den Unternehmen, die dort ihr Geld verdienen, von eben diesem verdienten Geld Zwangsbeiträge zu erheben. Ehrlich und konsequent ist dieses Verhalten jedenfalls nicht.

Wenn denn die IHK auf der Seite 3 des Fragenkataloges den Bürokratieabbau fordert, dann sollte sie doch, wenn sie glaubwürdig sein will, mit gutem Beispiel vorangehen und die Pflicht zur Zwangsmitgliedschaft in der IHK aufgeben. Jetzt und sofort, denn Wirtschaft braucht optimale Rahmenbedingungen und muss von überflüssigen Kosten entlastet werden. Und ich als Verbraucher möchte mit dem von mir zu zahlenden Preisen die Werktätigen in den Unternehmen, das Material und die Firmenleitung gerecht entlohnen. Warum zusätzlich noch das Funktionärskollektiv aus den Lackschuhetagen der IHK in der Kölner Straße „Unter Sachsenhausen“ von mir mit durchgefüttert werden muss, obwohl dort keinerlei Wertschöpfung erfolgt, erschließt sich mir auch bei wiederholtem Nachdenken nicht.

Aber soweit geht die Liebe der Funktionäre zu ihren eigenen Forderungen nicht -
wenn man einen Sumpf trockenlegen möchte, sollte man halt keine Frösche fragen. Alle ihre Aussagen toppt die IHK aber auf der Seite 2. „Privat vor Staat“ - so zumindest die IHK - müsse der Grundsatz sein. Zeitgleich mit der Veröffentlichung des Fragenkataloges durch die IHK werfen unfähige Manager die Konsequenzen ihres Handelns der Regierung vor die Füße und erwarten nun gemeinsam auch mit der IHK, dass dieser Staat, der eigentlich nichts sollte und nichts dürfte, zumindest für die Fehler der zuvor noch unfehlbaren Manager geradesteht. Heißt „Privat vor Staat“ nach dem Gusto der IHK Privatisierung der Gewinne und Vergesellschaftung der Verluste, oder hat das Papier als E-Mail nur
programmgesteuert, aber ohne nachzudenken, das Haus der IHK ebenso verlassen wie weiland die 300-Millionen-Überweisung die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Richtung der schon bankrotten Gebrüder Lehman? Der hier zu erkennende Charakter der IHK-Funktionäre wurde schon von Johannes im Kapitel 10, Vers 11 und 12 beschrieben. Wenn dann noch der „Mietling“ aus der klaren und deutlichen Sprache eines Martin Luther verwendet wird, ist dem ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen.

Heiner Schwarz, Köln

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