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Eine philosophische Tüte Gummibärchen

cn; 8. Oct 2008, 00:00 Uhr
Oberberg Aktuell
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Eine philosophische Tüte Gummibärchen

cn; 8. Oct 2008, 00:00 Uhr
(cn/21.9.2008-18:00) Von Christian Neeb
Gummersbach - Gestern Abend feierte das neue Stück des Schau-Spiel-Studio Oberberg "Wie du dir so ich mir" von Woody Allen in Wiehl Premiere und verzückte das Publikum mit einem irrwitzigen Spaziergang durch menschliche Existenzüberlegungen.
[Bilder: Dirk Zurawski - Der fiktive Philosoph Metterling und seine Wäscheliste sind Gegenstand existenzialistischer Gedankenspiele von Angela Harrock.]

„Der Haken an der Philosphie. Sie funktioniert nicht mehr, wenn man die Universität verlassen hat.“ Mit dieser Weisheit setzt sich Sokrates auf eine Bank, mampft erstmal gemeinsam mit Agathon Gummibärchen aus einer Tupperdose und beschließt dann, dass der Schierlingsbecher nicht ganz seinen Vorstellungen von einem gelungenen Abgang entspricht.

[Mit trashigen 80er Jahre Soundeffekten untermalt, stellt die Episode um den transylvanischen Grafen den Höhepunkt des Stücks dar.]

Nur eine von neun satirischen Szenen aus der Feder Woody Allens, des genialen Regisseurs, die den Zuschauer erwarten, der bereit ist, für zwei Stunden den Verstand anzuschalten und ihm einen Sitzplatz in den hintersten Reihen zu zuweisen.

Denn „Wie du dir so ich mir“ unter der Regie von Michael Labs ist vor allen Dingen eines: Grandiose Unterhaltung auf Kosten menschlicher Existenzängste. Die Inszenierung lebt von ihrer wunderbaren Darstellerriege, die in der minimalistischen Kulisse genug Raum zur Entfaltung der Figuren hat. Wenn Jürgen Lesse als Abraham seinen Sohn Isaak zum Altar führt und im letzten Moment Der Herr, gespielt von Thomas Knura auf einem Tretroller an saust, das Streichholz aus pustet und entrüstet fragt, ob sein treuester Diener den gar keine Witze versteht, ist es schwer an sich zu halten.

[Herr Professor, der Psychiater lässt bitten. Thomas Knura und Karin Speitmann in der Episode "Madame Bovary".]

Weitere Stationen sind die Detektivstory à la „The Maltese Falcon“ in der Ermittler „Kaiser" Lupowitz nach Gott fandet, der Ausflug eines Philologie-Professors in seinen Lieblingsroman „Madame Bovary“ und ein Besuch im Schloss des blutgierigen Grafen Dracula. Die Leistung der Darsteller findet im Spiel von Roland Gudes und Angela Harrocks ihre Höhepunkte. Die beiden sorgen mit ihren Rollen und urkomischer Mimik und Gestik für die größten Atemaussetzer.

Abe Lincolns Überlegungen zur rechten menschlichen Beinlänge? Die Bedeutung von gestärkter Wäsche für Metterlings Gemütszustand? Wenn der Tod nach ner Limo und Knabberzeug beim Kutscherrommé fragt, ahnt man, das Existenz wohl relativ ist.



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