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Der aus der Truhe klopfende (nicht) tote Herr Kolpert bekam bei Premiere viel Applaus

ch; 7. Sep 2008, 00:00 Uhr
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Der aus der Truhe klopfende (nicht) tote Herr Kolpert bekam bei Premiere viel Applaus

ch; 7. Sep 2008, 00:00 Uhr
(ch/23.8.2008-19:30) Von Christian Herse
Wiehl - Dem Schauspielstudio Oberberg gelang die Eröffnung der neuen Theatersaison mit einer hervorragend gespielten, tiefschwarzen Komödie von David Gieselmann.
{Bilder: privat --- Bastian geht Ralf an die Gurgel, weil er den Scherz um Herrn Kolpert nicht mehr lustig findet. Edith (links) und Sarah (rechts) können nur zuschauen.]

Eigentlich war ein gemütlicher Abend zum näheren Kennenlernen geplant. Sarah Dreher und ihr Freund Ralf Droht hatten das Ehepaar Edith und Bastian Mohle zu sich nach Hause eingeladen. Die beiden Arbeitskolleginnen kennen sich schon länger und sind in der gleichen Abteilung beschäftigt. Schnell wird klar, dass die Beziehungen der beiden sich nicht mehr unterscheiden könnten. Während auf der eine Seite die gut aufgelegte Sarah mit ihrem Chaosforscher Ralf (Lukas Jörgens) zusammenlebt, wird die Ehe auf der gegenüberliegenden Seite vom Architekten Ralf kontrolliert, der sich zwar gegen Lebensprinzipien stellt, aber eigentlich genau nach diesen lebt.

[Schließlich werden die Gastgeber am Stuhl gefesselt und...]

Der offensichtlich spontane Gesellschaftsabend, zu essen gibt es später nur Pizza vom Lieferanten (Ferdinand Feldmann), wird mit einem makaberen Scherz eröffnet. „Herzlich Willkommen, tretet herein. Hier ist sonst nur noch eine Leiche.“ Für Bastian, der gerne nach strikten Regeln lebt („Es gibt für mich keinen Ananassaft, sondern nur O- oder A- Saft“), ein böser Witz, der sein ohnehin sehr gereiztes Ego, nicht gerade beruhigt. Während des Abends erklärt das Pärchen, dass es sich um den Arbeitskollegen Herrn Kolpert handelt, der nun in einer Truhe im Raum verweilt. Passend dazu ertönen aus eben dieser immer wieder unüberhörbare Klopfgeräusche. Nach mehreren Provokationen, einem Geständnis über ein angebliches Verhältnis von Edith zu Kolpert, und dem Vertauschen der Pizzen seitens des Lieferdienstes, sieht Bastian rot und fesselt Sarah und Ralf an einem Stuhl. Überrascht, stellt er anschließend fest, dass sich tatsächlich in dem umfunktionierten Tisch in der Raummitte nichts befindet und befreit die Beiden peinlich berührt aus ihrer Gefangenschaft. Vom Adrenalin aufgeputscht und von der Wut gegenüber ihrem Ehemann geleitet, ist es im späteren Verlauf Edith (Angi Vossköhler), die die Beherrschung verliert und sowohl auf den Pizzamann als auch Bastian einschlägt.

Dadurch springt die Tür eines Schrankes auf und das Stück erfährt eine ganz neue Wendung. Mit der neuen Situation konfrontiert ist es Edith, die nicht, wie eigentlich erwartet, völlig verschreckt wegläuft, sondern Sarah und Ralf im weiteren Verlauf unterstützt. Eine grausame Wandlung, die dem Zuschauer das Lächeln aus dem Gesicht stiehlt und das Schauspiel in eine nicht weniger Interessante, aber doch gänzlich andere Richtung lenkt.

[... Bastian schafft es die Truhe zu öffnen und findet, wie von Sarah und Ralf die ganze Zeit beteuert, nichts.]

Regisseur Alexander von Janitzky, der an einer Pariser Universität sein Theater-Studium absolvierte, hat es in knapp 100 Probestunden geschafft, eine harmonierende fünfköpfige Schauspielertruppe auf die Bühne zu stellen, die mit Herz und Blut das Stück lebt. Dies ging bei der Premiere sogar soweit, dass der steife Bastian, grandios gespielt von Jörn Wollenweber, seinen Kontrahenten dermaßen auf die Truhe schleudert, dass diese durch die Wucht zusammenbricht. Eine nicht unerhebliche Panne, die jedoch von allen Beteiligten hochprofessionell überspielt wird, sodass die Zuschauer diesen Fauxpas gar nicht bemerken. Ein weiteres Highlight der Inszenierung ist auch der so genannte „Private Room“, bei dem die Darsteller in der Pause weiterspielen und sogar indirekt auf Kommentare aus dem Publikum reagieren.

Dem Schauspielstudio Oberberg ist mit dem Stück ein sehr komisches, aber auch böses Werk als Saisoneröffnung gelungen, was eine krasse Wandlung durchlebt und beim Zuschauer einige Fragen aufwirft, aber den Antworten nicht schuldig bleibt. Weitere Aufführungen sind am 27., 29., 30. August, sowie am 3., 5., 6. und 10. September jeweils um 20 Uhr. An den beiden Sonntagen, dem 24. und 31. August sowie dem 7. September stehen die Künstler jeweils um 18 Uhr auf der Bühne. Karten sind zum Preis von 9 €, ermäßigt für 5,50 € bei Wiehl-Ticket unter der Tel.: 02262/9 92 85 oder per Fax: 02262/9 91 85 erhältlich. Restkarten gibt es an der Abendkasse zum Preis von 10 €, ermäßigt 6 €.



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