Archiv

Trauer in Ecuador, Freude in Marienberghausen - Linda Pracejus zurück in der Heimat

Red; 25. Jun 2008, 00:00 Uhr
Oberberg Aktuell
ARCHIV

Trauer in Ecuador, Freude in Marienberghausen - Linda Pracejus zurück in der Heimat

Red; 25. Jun 2008, 00:00 Uhr
(Red./10.6.2008-11:00) Nümbrecht – Neun Monate lang arbeitete die 19-Jährige nach dem Abitur als Lehrerin in Ecuador und beteiligte sich dort an mehreren Hilfsprojekten, nun berichtet die Entwicklungshelferin von ihrer Aufenthalt in Südamerika.
[Bild: privat]

Vor neun Monaten gab es am Flughafen viele Tränen, als die 19-jährige Linda Pracejus nach ihrem Abitur nach Südamerika flog. Dort machte sie einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst und arbeitete für die Organisation „Cielo Azul“ (www.cieloazul.ch) in einem abgelegenen Bergdorf in den Anden auf 3500 Meter Höhe als Lehrerin für fünf bis 13-jährige Kinder. Gewohnt hat sie während dieser Zeit in einer indigenen Familie bei den Ureinwohnern Südamerikas, die ganz einfach ohne warmes Wasser, ohne Heizung und nur mit dem Allernötigsten, um zu überleben, leben. „Wenn ich mich abends zwischen Flöhen und anderen Tierchen zum Schlafen auf meine Strohmatte gelegt habe, habe ich mir oft mein warmes Bett gewünscht“, berichtet Linda. Aber nicht nur die Nächte waren hart. Auch die Ernährung war mit täglich trockenen Kartoffeln und Reis nicht sehr abwechslungsreich. „Nach ein paar Monaten konnte ich das Essen einfach nicht mehr sehen. Da habe ich mich sogar über Ameisen, Käfer und Meerschweinchen gefreut“, sagt sie jetzt mit einem Zwinkern in den Augen.

All das hat der jungen Frau aber nichts von ihrer Kraft genommen. Neben ihrer Arbeit in der Schule des Dorfes hat sie mit der Hilfe eines befreundeten Homepage-Designers ein eigenes Hilfsprojekt gestartet und bisher über 30 Projekte geplant und durchgeführt. Auf der Internetseite www.freunde-in-cambugan.de stellt sie ihre geplanten Ideen vor, sammelt Spenden und schreibt dann zu jedem abgeschlossenen Projekt einen Ergebnisbericht, welcher mit Fotos hinterlegt wird. Somit können die Spender sofort verfolgen, welche Aktivitäten mit ihren Geldern umgesetzt wurden. Unter anderem wurde die Schule neu gestrichen und die Rechte der Kinder an die Wand gemalt. „Beim Malen hatte ich ganz viel Spaß mit den Kindern, vor allem aber konnte ich den Eltern bei einem Vortrag für das ganze Dorf die Rechte ihrer Kinder so ‚bunt’ erklären“, erzählt die 19-Jährige. Daneben hat die junge Entwicklungshelferin neue Tische bauen lassen, für regelmäßige ärztliche Kontrolle gesorgt, einen Gemüsegarten angelegt und vor allem die tägliche Ernährung mit Früchten für jedes Kind bereichert.

Zurück in Deutschland fehlt Linda diese Arbeit und das Strahlen der Kinder. Der Abschied war hart, aber als Marienberghausen sie mit Feuerwerk und Willkommensplakaten begrüßte, war die Freude doch groß. „Am meisten freue ich mich darüber, wieder bei meiner Familie und meinen Freunden zu sein, aber auch für den Luxus, wieder Lebensmittel ohne Schimmel zu essen, bin ich sehr dankbar“, sagt Linda. Trotzdem wird sie sich an das deutsche Leben erst noch gewöhnen müssen, denn nicht alles ist hier einfacher als im kargen Bergland: „In den Anden kenne ich mich jetzt aus, aber im Supermarkt verlaufe ich mich noch.“ Da wird sie sich wohl wieder dran gewöhnen müssen, denn auch die riesige Auswahl an Milch ist „verwirrender als die Kühe meiner Gastfamilie“.

Nach der langen Heimreise von über 24 Stunden und all den Anstrengungen, die die junge Entwicklungshelferin für das Projekt auf sich genommen hat, könnte sie sich jetzt einfach ausruhen, um dann im Herbst mit dem Studium zu starten. Aber auf die Frage nach einer langen Pause schüttelt sie energisch den Kopf, denn „es gibt noch viel zu tun.“ Neben der weiteren Projektarbeit wird sie nun Vorträge über ihre Zeit in Ecuador halten. Der erste Vortrag ist am 18. Juni um 15 Uhr im Gemeindehaus Elsenroth (weitere Informationen unter Tel.: 02293/29 04). „Auch von Deutschland aus werde ich so viel ich kann für Ecuador tun“, so Linda. Das glaubt auch Mutter Elke Pracejus, die vor Freude über die Rückkehr ihrer Tochter kaum noch auf dem Boden zu halten war. „Wenn Linda sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht sie das auch durch. Sie wird ihren Weg gehen“, räumt ihre Mutter ein.

Diese Zielstrebigkeit hat auch dem Fernsehsender VOX gefallen, der sie für die Sendung „Auf und davon“ drei Wochen lang mit einem Kamerateam begleitete. Die neuen Folgen, in denen auch ihre Heimkehr nach Marienberghausen gezeigt wird, laufen täglich ab dem 23. Juni um 16 Uhr.

WERBUNG