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Verfahrenseinstellung abgelehnt - Scharfe Kritik an Betreiber und Stadt

bv; 3. Oct 2007, 00:00 Uhr
Oberberg Aktuell
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Verfahrenseinstellung abgelehnt - Scharfe Kritik an Betreiber und Stadt

bv; 3. Oct 2007, 00:00 Uhr
(bv/18.9.2007-16:05) Gummersbach - Verteidigung und Anklage waren sich vorher einig gewesen - Staatsanwalt forderte später Freiheitsstrafe und Geldbuße.
Das Schöffengericht, das den Tod eines zehnjährigen Mädchens im Gummersbacher „Gumbala“ klären soll, machte dem Ansinnen der Verteidigung einen Strich durch die Rechnung. Alle drei Verteidiger hatten am Vormittag klargestellt, dass die Schuld ihrer Mandaten an dem tragischen Unglück gering sei, und für sie das schreckliche Geschehen nicht vorauszusehen gewesen sei. „Das hier ist kein klassischer Fall von Pfusch am Bau“, meinte einer der Verteidiger. Alle Angeklagten machten in persönlichen Stellungnahmen deutlich, wie sehr der Tod des Mädchens sie persönlich belaste, dass sie aber an die Gefährlichkeit von Pumpe, Abdeckklappe und Pool im Gummersbacher Schwimmbad nicht im Entferntesten gedacht hätten.

Alle drei Beschuldigten kümmerten sich nach dem Unglück intensiv darum, in ihren Verantwortungsbereichen eine Verbesserung der Sicherheit in Schwimmbädern herbeizuführen. Einer übernahm in seinem Unternehmen eine andere Position, weil er sich der Verantwortung eines Bauleiters nicht mehr gewachsen sah, und schrieb 180 Schwimmbäder in ganz Deutschland an, um sie auf die Problematik aufmerksam zu machen. Doch die Resonanz war nur sehr gering. „Ich war geschockt, dass man diese Sicherheitsaspekte nicht sehen wollte. So ein Unglück darf nie wieder geschehen.“ Auch Staatsanwaltschaft und Nebenklage zeigten sich zunächst mit einer Einstellung einverstanden. „Uns ging es nicht um Rache, sondern um Sachaufklärung. Und die ist hier geleistet worden“, so der Vertreter der Nebenklage.

Doch der Vorsitzende Richter Ulrich Neef verkündete nach einer längeren Sitzungspause lediglich, dass eine Verfahrenseinstellung nicht in Betracht komme. Es folgten zunächst die Plädoyers der Anklage. Staatsanwalt Jürgen Krautkremer ließ die Ereignisse, die zu dem Unglück führten, Revue passieren und kam zu dem Schluss, dass für den planenden Ingenieur der Bau ausführenden Firma eine sechsmonatige Freiheitsstrafe in Betracht komme. Dies überraschte, da er am Vormittag noch einer Einstellung zustimmen wollte. Die beiden übrigen Beschuldigten sollen seiner Meinung nach mit Geldbußen bestraft werden. Die Verteidigung sah dies naturgemäß anders und plädierte auf Freispruch.

Sowohl Anklagevertreter als auch Verteidigung übten zum Teil scharfe und unverhohlene Kritik am Verhalten von Bad-Betreiber und der Stadt Gummersbach. Er könne bis heute nicht nachvollziehen, welche Gründe die Stadt bewogen haben könnten, einen anderen als den ursprünglich vorgesehenen Pool einbauen zu lassen. „Man entschließt sich, 2.000 Mark mehr für weniger zu bezahlen“, nahm Staatsanwalt Jürgen Krautkremer den Umstand aufs Korn, dass der neue Pool von den Ausmaßen kleiner war. Der Vertreter der Nebenklage ging sogar noch einen Schritt weiter.

„Ich gehe mit einem pessimistischen Gefühl aus dieser Hauptverhandlung. Bei Betreiber und Eigentümer hat sich im Denken überhaupt nichts verändert“, meinte Wilfried Kaminski. Und Rechtsanwalt Thomas Ohm, der einen der Beschuldigten vertritt, ging sogar noch einen Schritt weiter. „Das war ein Konglomerat von Dilettantismus. Man hatte die Technik eines Raumschiffs im Keller und konnte gerade einmal mit einem rostigen Fahrrad um den Block fahren und ein Ventil wechseln“, nutzte er einen drastischen Vergleich.

Mit dem Urteil wird zu Beginn der kommenden Woche gerechnet.

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