[Bilder: Bernd Vorländer --- Insolvenzverwalter Christopher Seagon (re.) versucht gemeinsam mit ISE-Geschäftsführer Gerd Rosendahl das Unternehmen auf zukunftssichere Beine zu stellen.]

Einiges, was Christopher Seagon derzeit in Bergneustadt erlebt, ist für ihn so ungewöhnlich wie bemerkenswert. Zum einen die vorhandene Substanz des Unternehmens, die für einen Neubeginn unabdingbar ist. Aufträge sind vorhanden, „und es sind die immateriellen Werte wie das Know How der Mitarbeiter und die Patente, mit denen man punkten kann“, meint der Insolvenzverwalter des Unternehmens mit 1.900 Beschäftigten. Und dann ist nach Seagons Worten auch noch das Vertrauen der Beschäftigten in die Geschäftsleitung vorhanden, was er „sehr ungewöhnlich“ nennt. Wohl deshalb zieht auch die Gewerkschaft uneingeschränkt mit. Vieles ist also anders bei ISE-Innomotive, dem Betrieb, für den gestern das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Zeit der Stabilisierung und groben Weichenstellung ist demnach also vorbei.

Seagon ist der vom Gericht bestellte Verwalter der Werte, die er nach eigener Aussage bei ISE vorfindet, und er ist vor allem den Gläubigern verpflichtet. Aber er macht keinen Hehl daraus, dass ihm das Unternehmen mit allen Menschen, die dort ihr Brot verdienen, am Herzen liegt. Als Profi in diesem Metier hat er zunächst seine Hausaufgaben erledigt: Mit Kunden, Lieferanten und Banken sprechen, damit der Geschäftsbetrieb weitergeführt werden kann.

[Seagon will die Unternehmensfehler schonunglos aufarbeiten.]

Die Beschäftigten beruhigen, Kontakte zu Kreis und Stadt aufnehmen und die Fühler für neue Investoren ausstrecken. Jetzt geht es ihm darum, einen neuen Eigner zu finden und die Fehler zu analysieren.

Dass Fehler im Unternehmen gemacht worden seien steht für ihn fest. „Sonst wäre ich ja gar nicht hier.“ Da ist der „liebe Herr Seagon“ dann auch unerbittlich, wenn es um das Thema Konsequenzen geht. „Das müssen wir schonungslos aufarbeiten und mit nichts hinter dem Berg halten. Unantastbar ist nämlich im Insolvenzverfahren rein gar nichts.“ Über 30 Interessenten haben sich bislang bei ihm gemeldet, die ISE am Standort Bergneustadt gerne übernehmen möchten. Seagon muss nun die Spreu vom Weizen trennen.

Keine einfache Aufgabe, unter den Finanzinvestoren und strategischen Anlegern die bestmögliche Lösung herauszufinden. Dafür ist auch ein Beraterstab einer Investmentbank zuständig, die den Insolvenzverwalter mit den nötigen Informationen versorgt. So schieden in einem ersten Schritt auch einige Bewerber mangels finanzieller Mittel von vornherein aus.

[ISE-Geschäftsführer Gerd Rosendahl darf auf eine Wende zum Besseren im Jahr 2007 hoffen.]

Die anderen wird man sichten, die Ernsthaftigkeit prüfen und denjenigen herausfiltern, der das überzeugendste Gesamtkonzept vorlegt. Bis dahin bleibt in Bergneustadt vorerst fast alles beim Alten.

Niemand wird entlassen, nichts verkauft. Im Gegenteil – man will in die Zukunft investieren. Doch die Fehler der Vergangenheit wird man deutlich ansprechen.
ISE-Geschäftsführer Gerd Rosendahl erzählt von „großer Enttäuschung“ als der Schritt der Insolvenzanmeldung unvermeidbar wurde. Aber er betont auch, dass man in den vergangenen Jahren insgesamt 500 neue Jobs in Bergneustadt geschaffen und die Prosperität der Region befördert habe.

Landrat Hagen Jobi sieht das Unternehmen ebenso wie Bergneustadts Bürgermeister Gerhard Halbe auf einem guten Weg. Christopher Seagon hat jedoch das letzte Wort – beim Informationstermin wie bei der Unternehmenfortführung. „Ich freue mich, dass auch eine Bürgschaft der Region oder des Landes grundsätzlich möglich ist, um einem neuen Investor noch mehr zu helfen“, nimmt er die Politik in die Pflicht. Der Mann ist eben auch taktisch versiert.