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Mozart zum Kugeln - Orientalische Nächte im ATG

Red; 2. Dec 2006, 00:00 Uhr
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Mozart zum Kugeln - Orientalische Nächte im ATG

Red; 2. Dec 2006, 00:00 Uhr
(Red./17.11.2006-11:10) Engelskirchen – "Ich bin keine türkische Sklavin. Ich bin eine Engelskirchnerin!", schleuderte die Gefangene "Babs" wütend dem Wärter "Osmin" entgegen. Das Publikum lachte überrascht auf, durchweg amüsiert von der neuen Inszenierung am Aggertalgymnasium, das im Mozartjahr "Die Entführung aus dem Serail" aus dem Jahr 1781 zum Inhalt hatte.
[Bilder: Julian Löhe --- "Osmin" - gefeiert von den Bauchtänzerinnen.]

von Isabella Lauer

Die Aula des ATG war in einen Serail verwandelt worden. Und was das ist, lernten die Schüler spätestens jetzt kennen, nämlich: ein türkischer Palast, in dem sich eingesperrte Frauen Arien schmetternd die Männer vom Hals halten. Keine leichte Aufgabe, sowohl das Singen in höchsten Tönen, als auch das Bewahren der Unschuld! Dass beides doch recht gut zusammen wirkt, zeigte sich bei beiden ausverkauften Vorstellungen am Mittwoch und Donnerstag.

["Bassa Selim" Tim Söhngen (links) und sein Oberaufseher, umrankt von hübschen Mädchen.]

Eine Entführung in den Orient

Mozarts komische Oper entfaltete dort auf der Bühne der ATG-Aula einen ganz eigenen Charme. Klaus und Heidi Elvert hatten eine Schulversion des Stücks fürs ATG überarbeitet und machten daraus die „Entführung aus dem Orient“. Diese wurde hauptsächlich von Kindern aus der Unterstufe, allen voran von der 5a, bestritten, die komplett als Gefolge und Chor dabei war. Jugendliche höherer Klassen unterstützten das Projekt. Die Kinder entführten ihre Zuseher erst mit Säbelgerassel ins Serail und dann mit lockerem Gequassel wieder aus dem Orient heraus.

Einige Wochen lang hatten sie mit dem Orchester unter der Leitung von Unterstufen-Koordinator Klaus Elvert den Aufstand in einem solchen orientalischen Palast geprobt. In den kommt eine Frau bekanntlich leicht rein, aber schwer wieder heraus.

[Die beiden Hauptdarsteller Konstanze (Lydia Diederichs)und Belmonte (Kai Rolshofen).]

Konstanze im Doppelpack

Und so ist auch die Handlung aufgebaut: Alles dreht sich in diesem Singspiel um Konstanze (mittwochs: Lydia Diederichs; donnerstags: Viktoria Gebauer). Von „Bassa Selim“ (Tim Söhngen) versklavt und begehrt, bleibt sie trotzdem ihrem Liebsten „Belmonte“ (Kai Rolshofen) treu ergeben. Dieser taucht endlich auf, nachdem die Hauptdarstellerin lang genug traurig den Kopf hängen gelassen hatte und nur hochblickte, um sich ihren Kummer von der Seele zu singen. Obwohl klassischer Gesang nicht das ist, was sich die meisten Jugendlichen normalerweise freiwillig anhören, belohnten sie die Hauptdarstellerin für ihren lupenreinen Gesang mit rauschendem Beifall.

Säbelschwinger und Bauchtänzerinnen

Während vier Jungs einen Schaukampf mit Holzsäbeln darboten, schlüpfte „Konstanze“ Lydia aus ihrem züchtig hochgeschlossenen Kleid in ein nabelfreies Kostüm für einen Bauchtanz mit ihren Klassenkameradinnen aus der 10a. Diese Gruppe trat schon einige Male im ATG auf, allerdings mit Choreografien auf moderne Musik. Bauchtanz gehörte bislang nicht in ihr Programm, umso erstaunlicher, wie schnell sie es unter Anleitung von Ellen Jäckel gelernt hatte.

[Die Mühe hat sich gelohnt: Klaus Evert, Organisator und musikalischer Leiter, neben seiner Frau Heidi (Regie).]

Im Stück betritt dann „Belmonte“ forschen Schrittes die Bühne. „Meine Liebste! Endlich!“ ruft er ihr hoch erhobenen Hauptes beim Wiedersehen leidenschaftlos entgegen, was dem amüsierten Publikum ein spontanes, gerührtes „Ohhhhh“ entlockt. Das Glück muss noch warten: Der Wächter „Osmin“ erwischt die Helden. Doch „Bassa Selim“, großmütig gespielt von Tim Söhngen, lässt sie am Schluss einfach alle frei.

[Die unsichtbaren Helfer im Hintergrund. Ohne sie wäre ein solches Projekt nicht machbar. In der Mitte Gabi Oetterer (Kostüme, Maske, Requisiten, u.a.).]

Die Kleinste kam groß raus

Auf der Bühne waren „Osmin“-Darsteller David Heidkamp aus der Oberstufe sowie Johanna Meinerzhagen aus der Unterstufe, die den pfiffigen Diener „Pedro“ spielte, die eigentlichen Helden. Deren komödiantisches Talent sowie Kira Jürges aus der 9 als emanzipierte Dienerin „Babs“ waren am Schluss eine stehende Ovation wert. Auch brachte letztere das Kunststück fertig, zu ihrem geliebten „Pedro“ aufzusehen, obwohl sie gut zwei Köpfe größer als dieser ist.

Kleine Patzer wirkten wie das Salz in der Suppe und das Publikum nahm sie gar nicht oder vergnügt zur Kenntnis.

[Schlussapplaus: David Heidkamp als "Osmin", daneben Kai Rolshofen als "Belmonte", im prächtigen Kleid "Konstanze" Lydia Diederich, mit abgewandtem Gesicht "Pedro" Johanna Meinerzhagen und "Babs" Kira Jürges.]

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