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RP: 'Keine Verringerung der Autobahnpolizei Bomig, wenn ich nicht überzeugt bin'

om; 10. Nov 2000, 05:52 Uhr
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RP: 'Keine Verringerung der Autobahnpolizei Bomig, wenn ich nicht überzeugt bin'

om; 10. Nov 2000, 05:52 Uhr
(om/9.11.2000-3:30 AKTUALISIERT) Oberberg - Als erfreulich sachlich bezeichnete Regierungspräsident Jürgen Roters gestern Abend die Diskussion im Gummersbacher Kreishaus um die Neuorganisation der Autobahnpolizei und den Erhalt ihrer Wache in Bomig.

[Bilder: Oliver Mengedoht --- RP Roters (Mitte) stand den Oberbergern Rede und Antwort; mit dabei (v.l.): Theo Schmitt (Abteilungsleiter Autobahnpolizei im Regierungspräsidium), Helmut Simon (Leiter der Autobahnpolizei Köln), Landrat Hans-Leo Kausemann und Polizeidirektor Horst vom Brocke.]



Sein Leiter der Autobahnpolizei Köln, Helmut Simon, hatte in einem 1,5-stündigem Vortrag Zahlen und Fakten zur Neuorganisation und ihren Gründen den vielen Politikern, Polizisten und anderen Interessierten vorgelegt und versucht, deutlich zu machen, warum er sie so für richtig hält.



Einige Zuschauer und auch Autobahnpolizisten aus dem Kreis zweifelten aber die Zahlen und insbesondere die Zeiten an, in denen die Autobahnpolizei künftig oder jetzt schon vor Ort ist im dünnbesiedelten und vergleichsweise unfallarmen Oberberg.



RP Roters versprach daraufhin, einige Zahlen nochmal ausführlich überprüfen zu lassen und "nichts heimlich doch zu beschließen". Seinen Vorschlag an den Innenminister werde er erst übergeben, wenn er von der Richtigkeit der Neuorganisation überzeugt sei. "Ich verspreche IHnen, es wird keine Verringerung in der Wache Bomig geben, bevor ich nicht der festen Überzeugung bin, dass diese richtig ist."

[Zahlreiche Kommunal- und Landespolitiker, Polizisten und Mitglieder von Rettungskräften und Feuerwehr lauschten dem RP.]



Landrat Hans-Leo Kausemann hatte zunächst die Gäste begrüßt: Die Landtagsabgeordneten Hagen Jobi, Peter Biesenbach (beide CDU) und Prof. Friedrich Wilke (FDP), Bürgermeister, Polizisten und Angehörige von Feuerwehr und Rettungsdienst. "Die A 4 kennen und lieben wir", gab er RP Roters mit auf den Weg. Der wiederum versprach, Zuhörer für die Sorgen der Oberberger zu sein, bat aber auch um faire Beurteilung der Situation.



"Es ging um die Überprüfung unserer Organisation", erklärte Polizeidirektor Simon, "nicht nur um Oberberg". 586 Autobahnkilometer im Regierungsbezirk wollten überwacht sein, das mache 3.340 Einsätze pro Monat, inklusive 940 Unfällen bei 388 Polzeibeamten. Dafür stünden ihm, so Simon, 4,1 Millionen Mark zur Verfügung. "Meine Aufgabe war es, Innendienstfunktionen abzubauen, sozialverträglich, darum geht das nicht von heute auf morgen." Eine Nutzerbefragung habe gezeigt, dass Menschen mit Handy "eine Wache völlig wurscht ist", solchen ohne sei sie wichtig, um bei einem Notfall Hilfe zu holen.



Außerdem habe man herausgefunden, erläuterte Simon, dass eine Polizeistreife beim Fahren nur zehn bis 20 Autos "binde", bei stehenden -Einsätzen dagegen, an Baustellen etwa, gleich hunderte oder tausende Autos und Laster "erreicht" würden.



Überall müsse man gleich schnell sein, wie die Feuerwehr auch ihre Standrards habe - "die müssen wir noch erheben".



Standort Gummersbach hat sich nicht bewährt



Um 18 Mann habe er den Wachdienst bei der Autobahnpolizei Köln-Ost gesteigert auf jetzt 81 Prozent, erklärte der Polizeidirektor, nur noch 18,9 Prozent der Beamten seien im Innendienst tätig. Seine Erfahrung: "Die Standorte Gummersbach und Siegburg haben sich nicht bewährt." Fast niemand komme dort zur Anzeigenerstattung hin, die 19 Mann für die Wache Bomig seien im Streifendienst besser aufgehoben.



61 Einsätze habe die Autobahnpolizei Gummersbach im Monat, das mache gerade zwei Prozent der gesamten Kölner Autobahnpolizei aus. 29 von 940 Unfälle und vier von 1.032 Fälle von Kriminalität habe sie behandelt. Dabei seien bei Eckenhagen 38.000 Fahrzeuge am Tag zu verzeichnen, am Autobahnkreuz Köln-Ost bis zu 180.000 am Tag. Er müsse die Beamten so verteilen, wie es der Belastung entspreche.

[RP Roters (l.) stellte sich den Fragen der Oberberger und versprach eine genaue Prüfung.]



Für die Anfahrt würden im Schnitt nur 13,4 Minuten benötigt, rechnete Simon vor, die Feuerwehr sei aber meistens schneller - "nicht nur in Oberberg" - und müsse sich daher selbst absichern. Dabei seien auch Fortbildungen angeboten worden. Beschwerden wegen mangelnder Präsenz der Autobahnpolizei habe er erst eine einzige erhalten, aber viele Dankesschreiben. Zu prüfen sei noch, ob die B 256n und die L 305 an die Kreispolizeibehörde Gummersbach abgegeben werden sollen, weil diese ohne die Wache in Bomig nicht mehr so schnell erreichbar seien.



"Früher gab es zwei Streifen für den Bereich von Eckenhagen bis Refrath, jetzt ist es eine von Köln-Ost bis Eckenhagen - wo ist die Verbesserung? Und die Durchschnittszeit wurde auch nur erreicht, weil der Kollege auf der Wache Bomig abschloss und selber rausfuhr", kritisierte ein Autobahnpolizist. Und Mdl Peter Biesenbach bemängelte, das eine Ausdünnung des ländlichen Raums "nicht sein kann". Hier werde nur der Mangel verwaltet. Er bat den Regierungspräsidenten, sich dafür einzusetzen, mehr Stellen zu besetzen.



"Wie kann es sein, dass ein Toter auf einem Parkplatz zwei Tage unentdeckt bleibt?"



"Zwei Streifenwagen von Gummersbach und drei von Köln waren es früher, jetzt noch drei bis vier maximal gesamt, wo ist da stärkere Präsenz?" monierte auch Heinrich Pauli, Ex-Autobahn-Polizeibeamter von der SPD Nümbrecht. "Wie kann es sein, dass ein Toter auf einem Parkplatz zwei Tage unentdeckt bleibt? Das hätte es zu meiner Zeit nicht gegeben!" Und auch Dieter Königs, Vorsitzender des Polizei-Betriebsrats der Autobahnpolizei Köln, bestätigte, dass nur drei Mann im Innendienst eingespart worden seien, keinesfalls 18.



Prof. Friedrich Wilke (FDP-MdL) fand gar, es handele sich eher um eine Showveranstaltung und die Ergebnisse stünden schon fest. Wie oft die Wache aufgesucht werde oder wiewenig Unfälle es im Kreisgebe, sei nicht entscheidend. "Wenn man Präsenz zeigen will, gibt es keine andere Wahl, als die Wache Guzmmersbach zu erhalten." CDU-Kollege Hagen Jobi meinte, dass "diese Aufklärung viel früher hätte kommen müssen". Der Vortrag Simons erscheine schlüssig, aber die Bevölkerung habe Angst, dass Oberberg zu einem Niemandsland auf der Autobahn werde.



Untergang des Oberbergischen Landes?



Wilfried Hahn (SPD) forderte, die Neuorganisation erst auszuprobieren, "bevor der Untergang des Oberbergischen Landes ausgerufen wird".



"Bei der Autobahnpolizei zählt die Wache nicht als Signal für die Bürgernähe, sondern die Einsätze im Streifenwagen. Das Ziel dieser Neuorganisation ist weniger Innen- und mehr Außendienst, das ist das A und O, wenn das nicht gelingt machen wir es nicht. Das werde ich noch einmal genau prüfen", versprach RP Roters am Ende. Nicht unbedingt die räumliche Nähe der Wache sei am entscheidensten, aber schnell vor Ort zu sein - "ich werde das noch mal überprüfen".

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