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Anna-Freud-Schule will eine Brücke zur Normalität bauen

am; 15. Dec 2005, 00:00 Uhr
Oberberg Aktuell
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Anna-Freud-Schule will eine Brücke zur Normalität bauen

am; 15. Dec 2005, 00:00 Uhr
(am/30.11.2005-18:25) Gummersbach – Erkrankte Schüler werden in kleinen Gruppen betreut – Enge Zusammenarbeit zwischen Psychologie und Pädagogik.
[Bilder: Bernd Vorländer --- Stolz präsentierten Gäste, Ärzte und Lehrer den Namen der neuen Schule.]

Mit einem rhythmischen Trommelspiel begannen die Feierlichkeiten zur Namensgebung der Schule für Kranke. Danach begrüßte die Schulleiterin Mari Winkels alle erschienen Gäste, allen voran Landrat Hagen Jobi begrüßt, der wohl zum ersten Mal beim Ausrufen seines Namens ein lautes „Zugabe“ aus dem Mund des kleinen Nick hörte. Auch der zuständige Dezernent Jörg Nürmberger sowie zahlreiche Ärzte, Therapeuten, Kollegen und Schüler waren gekommen.

[Mit einem lustigen Sketch hatten die Schüler die Lacher auf ihrer Seite.]

Hagen Jobi betonte in seinem Grußwort die gute Zusammenarbeit zwischen dem Schulträger Oberbergischer Kreis, der Schule und den Mitarbeitern der kinderpsychiatrischen Abteilungen im Kreiskrankenhaus. „Ich freue mich sehr über das Wohlwollen und die konstruktive Zusammenarbeit, der wir begegnet sind“, bekräftigt er im Rahmen der Feierstunde. Monika Heller, Vertreterin der Schulaufsicht, richtete die Aufmerksamkeit vor allem auf den Zuwachs der psychischen Erkrankungen bei Kindern und die aus diesem Grund zwingende Notwendigkeit einer Schule für Kranke.

[Schulleiterin Mari Winkels hielt einen Rückblick auf die Entstehung der Anna-Freud-Schule.]

Hierbei würden vor allem Kinder, die nicht in der Lage seien, ihre alte Schule weiterhin zu besuchen, individuell unterrichtet. „Da Aufnahmewartezeiten für Kliniken bis zu einem halben Jahr dauern und die Kinder in der Zeit nicht mehr in die Schule können, kann meist nur auf diese Weise eine Klassenwiederholung verhindert werden.“, teilte Monika Heller mit. Auch sei die Schule gut für Kinder, die eine autistische Erkrankung hätten und nach abgeschlossener Behandlung trotzdem nicht in ihre Schule zurück könnten. „Im Durchschnitt haben wir 18 Schüler in der Schule für Kranke. Die Zahl steigt aber weiter.“, so Monika Heller. Der erste Vorsitzende des Fördervereins des Kreiskrankenhauses und der Anna-Freud-Schule, Peter Melcher, betonte das gute psychiatrische Modell im Oberbergischen Kreis. „Die Schule ist ein wesentlicher Teil des Realitätslebens eines Kindes und deshalb kann eine Krankheitsbesserung nur mit der Schule zusammen erfolgen“, erklärte Melcher.

[Schul-Mitbegründer Klaus Fischer stellte die Lebensgeschichte der Psychoanalytikerin Anna Freud vor.]

Man habe enorm viel Rückenwind erfahren, und er sei stolz und dankbar, die Schule vom heutigen Tag an „Anna-Freud-Schule“ nennen zu dürfen. „Die Nähe von Pädagogik und Psychologie ist wichtig.“, betonte er.
Nach einem „Trommelstück zur Entspannung“, der Schüler blickte Schulleiterin Mari Winkels auf die vergangenen Jahre zurück. „Wenn ein Kind geboren ist, erhält es einen Namen. In unserem Fall kennen wir unser 'Kind' schon länger und wissen um seine Vorlieben und Eigenarten.“ Wer länger als 4 Wochen krank sei, dürfe die Schule besuchen und der Unterricht werde auf jeden Schüler in Zusammenarbeit mit den Lehrern und den Ärzten des Kindes individuell abgestimmt. „Rückblickend hat die Einführung der Schule für Kranke erstaunlich problemlos und gut geklappt. Dies war aber nur möglich, weil alle Beschäftigten zusammengearbeitet haben“, meinte Winkels. Den aus allen Schulsystemen und Altersklassen kommenden Schülern sei eine „Brücke zur Normalität“ angeboten worden. „Nun, da das Kind laufen kann, geben wir ihm einen Namen.“, schloss die Schulleiterin ihre Rede.

[Anna Freud hatte nicht nur einen berühmten Vater, sondern glänzte durch eigene psycho-analytische Studien mit Kindern.]

Nach dem Sketch „Herzschmerzen“, den die Kinder gemeinsam in einer Projektwoche erarbeitet hatten und der alle Besucher begeisterte, wollte Klaus Fischer, Sonderschullehrer an der Anna-Freud-Schule, die Namenswahl erklären, doch wurde er erneut von dem kleinen Nick unterbrochen, der sich lautstark und stolz auf die Namensgebung seiner Schule freute: „Neue Schule! Anna Freud Schule!“ Anna Freud, die am kommenden Samstag ihren 110. Geburtstag gefeiert hätte, war das sechste Kind der wohlhabenden jüdischen Familie Freud. Schon früh eiferte sie ihrem Vater Sigmund Freud nach, war aber zunächst Lehrerin. Später jedoch wurde sie Psychoanalytikerin und setzte Meilensteine in der Psychoanalyse für Kinder.

Die bis zu ihrem Tod 1982 mit Ehrungen überhäufte Anna Freud habe die Verbindung von Pädagogik und Psychologie als erste in einer sehr unkonventionellen Art gesehen, teilte Klaus Fischer mit. „Diese Frau hat gerade bei den schlechten historischen Gegebenheiten wie den zwei Weltkriegen Enormes in ihrem Leben geleistet und wir dürfen sehr froh sein, dass die Schule ihren Namen trägt.“ Statt wie bei einer Schiffstaufe Weinflaschen gegen den Schiffsrumpf zu schleudern, tanzten die Schüler der Anna-Freud-Schule schließlich zur Musik und hingen dabei den Namen ihrer Schule aus selbst gemalten Buchstaben an einer Wäscheleine auf.

[Die Schüler untermalten die Feierstunde mit Trommelspiel.]

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