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'Der I-Punkt für Morsbach': (Fast) einzigartiger Verkehrskreisel eröffnet
(om/29.9.2000-2:45) Morsbach - Der einzige Verkehrskreisel mit überfahrbarem Mittelteil im rechtsrheinischen Gebiet des Landschaftsverbands Rheinland wurde gestern Abend in Morsbach eingeweiht.
"Es ist der erste Kreisel in der Gemeinde und der erste seiner Art im rechtsrheinischen LVR-Gebiet", eröffnete Bürgermeister Raimund Reuber seine Rede zur feierlichen Einweihung des südlichsten Kreisverkehrs Oberbergs, nachdem zunächst unter großem Jubel ein Sattelschlepper die Überfahrbarkeit des runden Mittelteils bewiesen hatte - mit einer ganzen Musikkapelle an Bord auf seinem Auflieger.
[Bilder: Oliver Mengedoht --- Zur Eröffnung spielte die Kapelle im Sattelschlepper auf - der bewies auch direkt, wofür die überfahrbare Mitte gut ist]
Schon lange habe es in der kleinen Gemeinde an dieser Kreuzung Verkehrsproblemne gegeben, blickte der Bürgermeister kurz zurück, die Lösung habe 1,2 Millionen Mark gekostet, an denen sich aber das Rheinische Straßenbauamt (RSBA) beteiligt habe. "Der Kreisel setzt gute städtebauliche Akzente und es sind außerdem neue Grünflächen entstanden", freute Reuber sich. "Dabei war es gar nicht so einfach, die richtige Lösung zu finden."
Der neue Verkehrskreisel in Morsbach]
Vertreter der Gemeinde hätten sich die verschiedensten Varianten im ganzen Land angesehen "und unsere Vorstellung von einem Kreisel mit nicht überfahrbarer Mitte mussten wir aufgeben". Viele Schwierigkeiten habe es bei der Durchführung dieser für den kleinen Ort einschneidenden Maßnahme gegeben, aber mit der guten Zusammenarbeit mit RSBA, Straßenverkehrsamt, Polizei und Bauleitung habe es geklappt.
Dank Sechs-Tage-Woche und Nachtschichten früher fertig
Von sechs Monaten Bauzeit, so Reuber, habe man ursprünglich ausgehen müssen, dann seien doch wieder größere Auftragserweiterungen dazwischengekommen - sieben Monate Bauzeit habe dementsprechend die Zwischenrechnung gelautet.
[Reuber (3.v.l.) durchschneidet mit den Planern und Vertretern der Baufirmen feierlich das Flastterband]
Aber dank einer Sechs-Tage-Woche der Arbeiter, Nachtschichten und Arbeiten trotz widrigster Wetterbedingungen - mit einem guten Gespür für die Anliegen der Anwohner, lobte er - seien die Erbauer sogar nach nur 4,5 Monaten fertig geworden. Schmutz, Lärm, Verkehrsbehinderungen und geschäftliche Einbußen, trotz allem hätten sich die Anwohner und Geschäftsleute mit Geduld und Kooperationsbereitschaft ausgezeichnet, war Reuber dankbar. Aber das, schloss er seine Rede, entspreche dem Morsbacher Gemüt.
Erster Kreisel vor 150 Jahren gebaut
"Er ist sicher, er passt hier gut, sollte man nicht immer Kreisel bauen?" fragte Planer und Bauleiter Konrad Marenbach das Publikum. Nein, so einfach sei es leider nicht. "Der Kreisverkehr hat zwar inzwischen eine Renaissance erfahren", rekapitulierte er, "aber es hat auch fast 70 Jahre gedauert". Entstanden sei er ursprünglich an Kreuzungen, wo ein Gebäude oder ein anderes Bauteil in der Mitte einer Kreuzung gestanden habe, erinnerte Marenbach an den Beginn dieser Kreuzungsform.
[Bürgermeister Reuber bei seiner Einweihungsrede]
Vor 150 Jahren sei in England bewusst der erste "Kreisel" gebaut worden, auch auf Deutschland übergeschwappt, "aber dann kam die Technisierung und man hielt Ampeln für die bessere Lösung." Jetzt aber sei der Kreisel "der i-Punkt für Morsbach", meinte er und dankte auch noch dem Leiter der Straßenmeisterei Waldbröl, Johannes Heister.
Friedel Jacobs von der bauausführenden Firma Friedrich Karl Jacobs GmbH (Reichshof-Hunsheim) dankte den Anwohnern für die "wunderbare Zusammenarbeit mit den 'Kreiselgeschädigten'" - dass diese den Bauarbeitern Kaffee und Kuchen gebracht hatten, sei nicht selbstverständlich gewesen. "Am besten fangen wir direkt mit dem nächsten Kreisel an", schlug Jacobs vor, "dann können wir mit Glück Weihnachten mit einem kleinen fertig sein."
"Jeder von uns spürte die Unzufriedenheit der Kunden und war erleichtert, als jetzt die Ampel endlich abgeschaltet wurde", gab Vorsitzender Christoph Schneider für die Einzelhandelsgemeinschaft "Wir für Morsbach" zu. Es sei beschwerlich gewesen, in die Läden zu kommen, doch lobte auch er den "hervorragenden Arbeitseinsatz aller Beteiligten". Das Ergebnis, befand er unter Beifall, könne sich "mehr als sehen lassen".
Schade nur, dass die wenigsten Autofahrer wissen, wie sie sich in einem Kreisverkehr verhalten sollen - Oberberg-Aktuell hat einmal mitgezählt: Über die Hälfte der Fahrer ist zu blöd oder zu faul zum Blinken, wenn sie aus dem Kreisel herausfährt! Dadurch müssen "Einfahrwillige" länger warten und Fußgänger werden beim Überqueren der angeschlossenen Straßen zu beherzten Sprüngen genötigt, um sich vor den Autos in Sicherheit zu bringen, deren Abbiegeabsicht der Nicht-Blinkenden nicht erkennbar ist. Und einige Autofahrer kommen sogar auf die seltsame Idee, nach links zu blinken, wenn sie in den Kreisverkehr einbbiegen...
