Archiv

Stadtdukat für "Patienten im Wachkoma": Dietmar und Hildegard Baumhof geehrt

om; 16. Feb 2004, 06:22 Uhr
Oberberg Aktuell
ARCHIV

Stadtdukat für "Patienten im Wachkoma": Dietmar und Hildegard Baumhof geehrt

om; 16. Feb 2004, 06:22 Uhr
(om/1.2.2004-23:50) Bergneustadt - Bürgermeister Karl Siegfried Noss hat beim Neujahrsempfang der Stadt Dietmar und Hildegard Baumhof mit ihrer "vorbildlichen und sicherlich fast einmaligen" Institution "Patienten im Wachkoma" mit dem 22. Stadtdukaten ausgezeichnet.
[Bilder: Oliver Mengedoht --- Bürgermeister Noss (M.) überreichte den beiden Gründern von "Patienten im Wachkoma" am Freitag Abend den 22. Stadtdukaten.]



In seiner Ansprache zum Neujahrsempfang der Stadt in der Aula des Wüllenweber-Gymnasiums ließ Bürgermeister Karl Siegfried Noss kaum jemanden aus: Er dankte allen, die ihre Arbeit und ihr Engagement in "unserer alten, kleinen Stadt" verrichten. Denen, die den Kleinsten in den Kindergärten und -horten helfen, den rund 3.000 Schülern in den sieben Schulen, den vielen Vereinen - allein 20 Sportvereine mit 6.000 Mitgliedern -, "die junge und alte Menschen in gemeinsamer Arbeit prägen", DRK, Feuerwehr und THW, aber auch einer großen Gruppe der Unternehmen aus Handwerk, Handel, Gewerbe und Industrie - "mit Ihrem Engagement und ihren innovativen Leistungen geben sie über 6.000 Beschäftigten in unserer Stadt den Lohn in den über 400 Arbeitsstätten", dankte Noss. Nicht zuletzt lobte er die Sparkasse und Volksbank, ohne die viele Sport- und Kulturveranstaltungen nicht durchgeführt werden könnten.

Angesichts der vielen Kriege, Terrorismus und Spannungen auf der Welt, betonte Noss, könnten wir sehr froh über ein friedliches und geordnetes Leben sein, "obwohl die Regierenden in allen Bereichen nicht den Eindruck von Souveränität und Klarheit vermitteln konnten". Auch Bergneustadt sei in den Strudel bisher ungekannter Finanzakrobatik geraten und kämpfe um das Überleben. Die Ratsfrauen und -herren seien daher nicht um ihre Arbeit zu beneiden.



Die Fördervereine der Schulen, die nicht nur Geld sammelten, sondern auch viele Aktivitäten durchführten, hob Noss ebenso hervor wie die Arbeit mit den Partnerstädten Chatenay-Malabry und Landsmeer - besonders durch die Beauftragten Rolf-Theo Jansen und Bruno Hünermund - und den Neustädten. In diesem Zusammenhang zeichnete er sieben Bergneustädter aus und ernannte sie zu neuen Botschaftern der Stadt. Und auch die Amtsleiter der Verwaltung, "die mit immer weniger Mitarbeitern immer mehr Arbeit bewältigen müssen", grüßte der Bürgermeister herzlich.



Diesen Neujahrsempfang habe er unter das Motto Mit Tatkraft und Zuversicht dankbar ins neue Jahr" gestellt. "Wir sollten auch weiterhin bereit sein, durch gemeinsames Engagement, jeder nach seinen Möglichkeiten und an seinem Platz, tatkräftig und zuversichtlich mitzuwirken zum Nutzen der Stadt und ihrer Einwohner." Trotz aller Probleme hätten die Neustädter allen Grund, für vieles Positive in der Feste dankbar zu sein, so Noss.

Da der "Abend der Gespräche" aber auch der Information dienen solle, stellte er eine Institution vor, "die in ihrer auswirkung vorbildlich und sicher fast einmalig ist": Den Verein "Patienten im Wachkoma" von Dietmar und Hildegard Baumhof. Noss las eine ausführliche Reportage des Magazins "Der Stern" von Uschi Neuhauser über die Wachkoma-Patienten in dem kleinen Neuenothe Pflegeheim vor und erinnerte auch an den Grund und den Beginn des Vereins, bevor er dem engagierten Ehepaar den 22. Stadtdukaten verlieh.



[Nico Antonio Ries an der Geige.]

Als Dietmar und Hildegards Baumhofs Tochter Ilona mit 31, selbst Mutter dreier Kinder, nach einem einfachen medizinischen Eingriff wegen eines Fehlers ins Koma fiel und nicht mehr aufwachte, wie die rührigen Eltern alles verkauften und im ersten Stock ihres Einfamilienhauses die Pflegestation für ihre Tochter einrichteten. Als Ilona zwei Jahre danach trotz der aufopfernden Pflege starb, begannen sie, Komapatienten in ihrem Haus aufzunehmen, die die Ärzte als entwicklungsresistent bezeichnen. Ilona war eines von drei Kindern der Baumhofs, das gestorben ist, insgesamt haben sie sechs Kinder auf die Welt gebracht - und Mutter Hildegard ist selbst unfall- und operationsgeschädigt.



]Sieben neue Botschafter für die Neustadt ernannte der Bürgermeister.]

"Wir tun eigentlich nur das, was die Mutter mit ihrem Baby macht", erläuterte Baumhof die Arbeit in der Pflegestation. "Jeder hat eine Chance, und wir orientieren uns nicht an der Schulmedizin." Die meisten Wachkoma-Patienten würden in ein Pflegeheim kommen und dort nicht aus dem Bett geholt. Bei "Patienten im Wachkoma", dem kleinen Verein mit inzwischen bundesweiter Bekanntheit, werden die Patienten morgens aus dem Bett geholt, gewaschen und angezogen und erhielten Therapie sowie die nötige Pflege und Anreize von Angehörigen und dem Pflegepersonal. "Mütter machen das seit Jahrtausenden richtig", betonte Baumhof und wetterte, es sei ein verzweifelter Kampf gegen wirtschaftliche Interessen.



Nico Antonio Ries an der Geige (kleines Bild sowie Anna Ruth Brockhaus (Querflöte) und Christiane Fierus (Klavier) ernteten begeistertem Applaus.]



Die musikalische Gestaltung des Abends war fest in Händen der Musikschule, die mitBigband, den jungen Solisten Karl-Friedrich Kemper und Nico Antonio Ries an der Geige sowie Anna Ruth Brockhaus (Querflöte) und Christiane Fierus (Klavier) zu begeistertem Applaus hinriss.

WERBUNG