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Auf sanftem Weg in eine sichere Zukunft – Pferdetraining auf dem Berghof

Red; 26. Aug 2003, 21:03 Uhr
Oberberg Aktuell
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Auf sanftem Weg in eine sichere Zukunft – Pferdetraining auf dem Berghof

Red; 26. Aug 2003, 21:03 Uhr
(Red./26.8.2003-20:55) Morsbach-Berghausen - Sich widersetzende Pferde und Ponys, die durch ihr negatives Verhalten dem Menschen zur Last fallen oder gar gefährlich werden, haben kaum Chancen auf ein pferdegerechtes Leben.
[Bilder: Oliver Mengedoht --- "Pferdeflüsterer" will Peter Stuhlmann keinesfalls genannt werden, da gehe nicht immer alles einwandfrei zu. Wie man mit Geduld, Ruhe und Beständigkeit jedes Pferd "zahm" bekommt, das zeigte er in Berghausen bei einem Workshop.]



"Sie haben meist gar keine Chance. Sie werden irgendwann abgeschoben oder getötet. Beispiele dafür stehen bei Pferdemetzgern, Händlern und auf Pferdemärkten leider en masse", erklärt Gina Barth-Muth, Pressesprecherin der Tierschutzorganisation THEA e.V.. Die Tierschützer aus Morsbach, die seit Oktober letzten Jahres auf dem Berghof in Berghausen auch eine Tierauffangstation für Großtiere betreiben, haben schon zahlreiche verhaltensauffällige Tiere aufgenommen und wieder auf den rechten Weg gebracht. "Anfangs haben wir aus dem Bauch heraus gehandelt, den Tieren erst einmal die Angst genommen und durch Beständigkeit, Ruhe und Freundlichkeit signalisiert, dass nicht alle Menschen 'Monster' sind." Diese Überzeugungsarbeit hat allerdings mitunter mehrere Monate gedauert und den Ehrenamtlern etliche blaue Flecken eingebracht. "Wir mussten eine Alternative finden, die uns schneller, effektiver, aber ebenso hundertprozentig Pferde schonend ans Ziel bringt", erklärte Barth-Muth, die seit mehr als 15 Jahren Pferde hält.





[Ein flatternder Regenschirm macht fast jedes Pferd scheu - wenn es nicht gut trainiert ist.]



THEA wandte sich aufgrund der zahlreichen Bitten, "verrückte" Pferde und Ponys aufzunehmen und so vorm Metzger zu retten, schließlich an den Pferdetrainer Peter Stuhlmann aus Bölkum bei Ruppichteroth und bekam die erhoffte Unterstützung: "Er hat uns sehr eindrucksvoll gezeigt, wie wir uns dem Pferd verständlich machen können und wie man es schafft, dass ein Pferd dem Menschen gerne und willig überall hin folgt", sagt Barth-Muth erleichtert. Dafür braucht man laut THEA dank Peter Stuhlmann nicht mehr mehrere Monate, sondern nur wenige Tage der Anleitung, gefolgt von beständigem Handeln.



Inzwischen hat das Berghof-Team auch einen Workshop mit Peter Stuhlmann absolviert und ist zuversichtlich, nun mehr Pferden und Ponys helfen zu können. Mit der nötigen finanziellen Unterstützung könnten die allesamt ehrenamtlich agierenden Mitarbeiter von THEA dann auch dem Wunsch vieler Pferdefreunde nachkommen, die abgeschobenen "seelischen Elendsgestalten" von den Märkten und Metzgern zu übernehmen, um ihnen eine neue Chance zu geben.





[Die Plane am Boden wirkt auf das Pferd wie Wasser, über dass es sich nicht zu gehen traut, weil es nicht sieht, wie tief es ist. Mit Feingefühl kann der Reiter es aber davon überzeugen und über die Fläche führen.]



Das Ziel der Tierschützer ist es aber nicht, diese Tiere auf dem Berghof zu sammeln. Jedes wieder menschenfreundliche, an Körper und Seele gesunde Tier soll in gute Hände vermittelt werden. Das Berghof-Team ist sicher, dass es im Oberbergischen Kreis etliche verantwortungsvolle und gute Pferdehalter gibt, die den vierbeinigen Berghof-Schützlingen auf Dauer gerecht werden. Barth-Muth: "Je sanfter ein Pferd ist und je williger es seinem Menschen folgt, desto besser sind seine Lebensbedingungen und desto beständiger ist die Treue seines Besitzers. Ich kenne niemanden, der ein Pferd leichtfertig abschiebt, mit dem er rundum zufrieden ist." Daher sei es Ziel, mit Hilfe von Stuhlmann die Basis für diese Zufriedenheit zu schaffen."



Gut fänden es die Morsbacher Tierschützer auch, wenn sich unzufriedene Tierhalter erst einmal bei ihnen melden würden, bevor sie ihr "wild gewordenes" Pferd oder Pony in eine finstere Zukunft schicken. Denn es müsse sich niemand dafür schämen, bei einem Pferd an die eigenen Grenzen gestoßen zu sein. Das Berghof-Team hat die Erfahrung gemacht, dass die Menschen oft ebenso Hilfe benötigen wie die Tiere. "Daher stehen die Hof-Tore auch jenen verzweifelten Tierhaltern offen, die nicht mehr weiter wissen." Selbst wenn auf dem Berghof nicht alle unleidig gewordenen Tiere aufgenommen werden können, so lasse sich in einem ruhigen Gespräch doch meist ein Weg aus der Misere finden.





[Auch die flatternden Plastikplanen ängstigen das Pferd - mit der richtigen Methode ist es dennoch bereit, dort durchzugehen und nicht reißaus zu nehmen.]



An seine Grenzen stößt das Berghof-Team allerdings bei der Bitte um Aufnahme chronisch kranker, leidender Tiere. THEA erreichen regelmäßig Anfragen, Tiere mit irreparablen und schmerzhaften Gesundheitsschäden aufzunehmen und auf die Weiden zu stellen. Barth-Muth: "Unser Verständnis von Tierschutz ist es nicht, Leiden zu verlängern, sondern ein tiergerechtes Leben zu gewähren, zu schützen und zu erhalten. Ist dies nicht möglich, muss man im Tierschutz auch einmal eine unpopuläre Entscheidung fällen. Halter von chronisch leidenden Tieren sollten auf den Rat ihres Tierarztes vertrauen und sich der Verantwortung ihrem Tier gegenüber stellen."





[Den Teilnehmern des ersten Workshops vermittelte Stuhlmann anschaulich und mit viel Witz die nötigen Tricks.]



Der Kurs II mit Peter Stuhlmann auf dem Berghof ist am 11. und 12. September jeweils von 10 Uhr bis 18 Uhr.

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