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Remis gegen Magdeburg: Stankiewicz und Houlet die Siebenmeter-Könige

pl; 2. Sep 2002, 23:39 Uhr
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Remis gegen Magdeburg: Stankiewicz und Houlet die Siebenmeter-Könige

pl; 2. Sep 2002, 23:39 Uhr
(pl/15.3.2002-2:25) Von Peter Lenz
Gummersbach/Köln – Aufatmen beim VfL Gummersbach: Am Abend rettete sich die Mannschaft von Petre Ivanescu förmlich in letzter Sekunde vor über 18.000 Zuschauern in der Kölnarena zum verdienten Remis gegen den Meister SC Magdeburg.

[Bilder: Oliver Mengedoht --- Jubel bei den drei Matchwinnern "Jasch" Stankiewicz (links), "Nick" Yoon und "Zou Zou" Houlet (rechts).]



VfL Gummersbach – SC Magdeburg 26:26 (12:14).



Das war wieder einmal nichts für schwache Nerven und Handball-Ästheten. Drei Sekunden vor Schluss rettete VfL-Keeper Jan Stankiewicz mit einem parierten Strafwurf von Olafur Stefansson den Gummersbachern den hart erkämpften Punkt gegen eine eher schwache Mannschaft des Meisters aus Magdeburg. Ganze elf Sekunden zuvor hatte Kapitän Francois-Xavier Houlet kühlen Kopf behalten und ebenfalls per Siebenmeter den umjubelten 26:26-Endstand erzielt. „Wir haben für meinen Geschmack nicht gut gespielt, aber dafür sind wir auch nicht nach Köln gefahren. Wir treten an, um in der Bundesliga zu überleben - und da zählen halt nur die Punkte“, brachte VfL-Trainer Petre Ivanescu sein heutiges Heimdebüt auf den Punkt.

[Der entscheidende Strafwurf 14 Sekunden vor Schluss, den Houlet eiskalt verwandelt.]



Besser könnte man das Spiel in der mit 18.079 Zuschauern erneut fast ausverkauften Kölnarena nicht beschreiben. So ließen spielerische Elemente diesmal oft zu wünschen übrig, was man vom VfL ja zuletzt gewohnt ist, von den Magdeburgern dagegen eher weniger. Sei’s drum, die begeisterten Zuschauer kamen dennoch voll auf ihre Kosten. Denn in einem Punkt war das für beide Mannschaften wichtige Spiel kaum zu überbieten: Spannung bis zur letzten Sekunde. Und auch bezüglich des Kampfeswillen beider Teams kann man den Spielern keinen Vorwurf machen – im Gegenteil!



So hatten sich von der ersten Minute die Rivalen alter Europacup-Zeiten eine regelrechte Abwehrschlacht geliefert, geprägt von zwei offensiven Deckungsreihen. Und wenn das ansonsten souveräne Schiedsrichtergespann Dang/Zacharias bezüglich der Hinausstellungen (insgesamt 30 Strafminuten!) ein wenig mehr Fingerspitzengefühl bewiesen hätte, wäre vielleicht auch etwas mehr Spielfluss zustande gekommen.

[18.079 Fans gaben dem VfL den nötigen Rückhalt.]



Nach einem krassen Fehlstart der Hausherren, denen der Klassenerhaltsdruck deutlich anzumerken war, lag der VfL nach 15 Minuten bereits mit 3:8 im Hintertreffen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der stark aufgelegte SCM-Schlussmann Christian Gaudin schon einen Siebenmeter von Kyung-Shin Yoon sowie vier gute Möglichkeiten von „Zou Zou“ Houlet, Hyun-Ho Choi und Yoon (2) entschärft. Beim 4:10 drei Minuten später drohte den Blau-Weißen sogar ein Debakel, aber wer sonst als „Nick“ Yoon leitete die Gummersbacher Aufholjagd mit zwei Treffern ein.

[>Drei Siebenmeter konnte Yoon verwandeln, zweimal blieb SCM-Keeper Christian Gaudin Sieger.]



Oliver Plohmann und Kapitän Houlet brachten die Hausherren in doppelter Überzahl (Olafur Stefansson und Joel Abati mit Zeitstrafen auf der Bank) auf 8:11 wieder heran (22.). Über 9:13 sorgte Yoon mit seinem siebten Treffer für den 12:14-Halbzeitstand, nachdem Bennet Wiegert in doppelter Unterzahl (!) das 14. Tor für die Gäste erzielt hatte.



Dank Houlet blieben die Gummersbacher nach der Pause zunächst auf Tuchfühlung: Der sympathische Franzose hatte jeweils zum 13:14 (33.) und 14:15 (35.) verkürzt. Der erste Ausgleich nach 38 Minuten aber blieb Kreisläufer Jörn Ilper vorbehalten, als er nach tollem Yoon-Anspiel zum 16:16 egalisierte. Fortan legte Magdeburg vor, und Gummersbach konnte meist kontern. So blieben die Gastgeber bis zum 18:19 dran, ehe zweimal Oleg Kuleschow die Mannschaft von Trainer Alfred Gislason wieder auf drei Tore davon ziehen ließ (21:18).

[Drei Sekunden vor Schluss pariert Jan Stankiewicz den Strafwurf von Olafur Stefansson und rettet damit dem VfL das Remis - die Halle steht Kopf.]



Es folgten die besten 15 Minuten des Gastgebers: Plötzlich wurde der Ball schnell gespielt, und Yoon hatte seine Ladehemmung des zweiten Durchgangs behoben. Mit seinem ersten Treffer nach der Pause zum 21:23 (49.) schien der Bann gebrochen. Erneut der Koreaner mit einem Gewaltwurf aus zehn Metern, Maik Handschke nach Yoon-Anspiel und wieder „Nick“ selbst: 24:24 fünf Minuten vor Ultimo, und die Halle bebte. Nach Kuleschows viertem Tor zum 25:24 glich Yoon wieder aus. Dem Ex-Gummersbacher Uwe Mäuer war es dann vorbehalten, rund zwei Minuten vor dem Abpfiff den Schlusspunkt für die Gäste zu setzen.



Aber Schluss war noch lange nicht: Nach Marco Beers überhastet abgeschlossenem Angriff zeigt die Hallenuhr noch 74 Sekunden Restspielzeit an - Magdeburg wieder in Ballbesitz, die Sache scheint gelaufen. Als SCM-Akteur Kuleschow ein Anspiel von Joel Abati nicht zu fassen bekommt, sind noch genau 35 Sekunden zu spielen. Irgendwie wurschtelt sich Yoon durch und kann nur per Foul gestoppt werden – Siebenmeter. Houlet schnappt sich die Kugel und verwandelt eiskalt zum 26:26. Restspielzeit: 14 Sekunden, der SCM nochmals in Ballbesitz. Der junge Gummersbacher Alexander Bommes weiß sich nicht anders zu helfen, als den Magdeburger Angriff per Foulspiel zu stoppen. Wieder zeigen die Schiris auf die Siebenmeter-Linie. Der sonst so sichere Strafwurf-Schütze Stefansson tritt an, findet aber in Jan Stankiewicz seinen Meister - das Remis ist perfekt.

[Jubel bei Jörn Ilper nach seinem Treffer zum 16:16.]



„Dass er nicht noch mal einen Heber machen würde, war mir klar. Ich habe seinen Körper gelesen und hatte dann auch noch das nötige Quäntchen Glück“, jubelte „Jasch“ Stankiewicz nach seiner Glanztat. Und nicht nur er feierte, die Halle stand Kopf. „Die Zuschauer haben heute ganz klar die Hälfte des Punktes verdient“, dankte Jörn Ilper den Fans für die tolle Unterstützung, die sie eventuell den Gummersbachern nochmals diese Saison in der Kölnarena geben können. Die Halle für das Heimspiel gegen TuSEM Essen am 19. Mai ist nun doch frei. Kreissparkassen-Boss Hans-Peter Krämer will nun zusammen mit den Verantwortlichen prüfen, ob es Sinn macht, an Pfingstsonntag das Spiel in der Arena steigen zu lassen.

[Yoon war auch heute wieder kaum zu bremsen.]



Aber bei aller Freude über den letztendlich verdienten Punktgewinn der Gummersbacher darf nicht vergessen werden, dass es noch ein ganz schwerer Gang wird, die Klasse zu halten. Weiterhin liegen die Blau-Weißen auf dem Relegationsplatz (16), zwei Punkte hinter dem rettenden 15. Rang. Und auch das Restprogramm wird wohl kaum übertriebene Euphorie im VfL-Lager auslösen. Lediglich vier Heimspiele bei noch insgesamt elf Partien stehen auf dem Programm. Und am kommenden Mittwoch gastiert die Ivanescu-Truppe beim Titelaspiranten Kiel, wo es in den letzten Jahren außer dicken Packungen reichlich wenig zu holen gab.

[Magdeburgs beste Torschützen: Olafur Stefansson, Nenad Perunicic und Oleg Kuleschow (von links).]



Trainerstimmen:



Alfred Gislason (SCM): ”Leider haben uns die Schiedsrichter alles andere als geholfen. Es ist doch schon bezeichnend, wenn Gummersbach einen Angriff über zwei Minuten nicht abgepfiffen bekommt, und bei uns nach 15 Sekunden Zeitspiel angezeigt wird. Ich bin sehr enttäuscht, dass wir heute nicht gewonnen haben, denn wir hätten es verdient gehabt. Wir waren die bessere Mannschaft.”

[Teufelskerl Jan Stankiewicz bei einer seiner insgesamt zwölf Paraden.]



Petre Ivanescu (VfL): ”In Willstätt haben wir einen Punkt verloren, heute einen gewonnen. In den ersten Minuten der ersten Halbzeit haben die Spieler meine Anweisungen nicht respektiert. Wir haben zu langsam und statisch gespielt. Später lief es dann deutlich besser. Ein Kompliment muss ich meiner Mannschaft in kämpferischer Hinsicht machen. Sie hat alles gegeben und bis zum Schluss nicht aufgesteckt.”

[Petre Ivanescu in seinem Element.]



VfL Gummersbach:



Stefan Hecker (1.–4.)

Jan Stankiewicz (5.-60./12 Paraden, darunter 2 Siebenmeter)



Jörn Ilper (1)

Kyung-Shin Yoon (11/3)

Marco Beers

Francois-Xavier Houlet (8/3)

Tobias Schröder (n.e.)

Oliver Plohmann (2)

Sead Kurtagic (2)

Hyun-Ho Choi

Maik Handschke (1)

Dirk Hartmann (n.e.)

Alexander Bommes (1)

[Ein seltenens Bild am heutigen Abend: Christian Gaudin am Boden.]



SC Magdeburg:



Sune-Duevang Agerschou

Christian Gaudin (1.-60./13 Paraden, darunter 2 Siebenmeter)



Sven Liesegang

Bennet Wiegert (2)

Olafur Stefansson (7/4)

Joël Abati (3/1)

Oleg Kuleschow (4)

Stefan Kloppe (2)

Steffen Stiebler

Nenad Perunicic (4)

Christian Schöne (1)

Uwe Mäuer (3)

Ronny Liesche

[Houlet (links), Plohmann (oben) und Yoon (rechts).]



Zuschauer: 18.079.



Schiedsrichter: Matthias Dang und Thorsten Zacharias aus Mainz.



Siebenmeter: 8:7 – 6:5 (Yoon scheitert zweimal an Gaudin; Stefansson zweimal an Stankiewicz).



Zeitstrafen: 10:20 Minuten (Ilper zweimal, Kurtagic, Handschke, Bommes – Schöne, Stefansson zweimal, Abati, Perunicic, Kloppe zweimal, Gislason, Kuleschow, Mäuer).



Beste Spieler: VfL: Houlet, Yoon, Stankiewicz – SCM: Gaudin, Stefansson.



Spielfilm: 2:2 (6.), 2:5 (10.), 3:8 (15.), 4:10 (18.), 6:10 (20.), 8:11 (22.), 9:13 (25.), 11:13 (28.), 12:14 (Halbzeit) – 13:14 (33.), 16:16 (38.), 18:20 (44.), 19:22 (46.), 21:24 (50.), 24:24 (55.), 25:25 (57.), 26:26 (Endstand).



Ergebnisse und Tabelle

[Auch die beruhigenden Worte vom Liga-Chef Heinz Jacobsen halfen nichts: Zwei-Minuten-Strafe gegen SCM-Trainer Alfred Gislason (rechts) wegen Meckerns. Für ihn musste ein Spieler vom Feld.]

[Lediglich sechs Minuten konnte Stefan Hecker das "Abenteuer Kölnarena" genießen. Dann musste er verletzungsbedingt den Platz räumen.]

[Freude bei VfL-Manager Carsten Sauer (rechts) und KSK-Chef Hans-Peter Krämer nach dem gewonnenen Punkt.]

[Licht und Schatten heute bei Magdeburgs Joel Abati.]

[Gummersbachs Rechtsaußen Sead Kurtagic bei einem seiner insgesamt zwei Treffer.]

["Steht auf für den VfL!"]

[Insgesamt zwei Strafwürfe konnte Jan Stankiewicz entschärfen.]

[Dank an die Fans nach der tollen Unterstützung.]

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