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Gülleunfall: „Talsperre ist noch nicht über den Berg“

fj; 12. Oct 2015, 15:11 Uhr
Bilder: Bjoern Rebien, Text: NABU Oberberg, V. Leipzig --- Das Naturschutzgebiet Neye.
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Gülleunfall: „Talsperre ist noch nicht über den Berg“

fj; 12. Oct 2015, 15:11 Uhr
Oberberg – Vom Gülleunfall im vergangenen März erholt sich die Neyetalsperre nur langsam – Untere Wasserschichten immer noch sehr sauerstoffarm – Verfahren gegen den Landwirt beginnt in Kürze.
Fast zwei Millionen Liter Gülle sind im vergangenen März von einem Bauernhof in Halver (Märkischen Kreis) in den Neye-Bach und die Talsperre gelaufen und haben einen „Gülle-Gau“ verursacht. Am 12. Mai wurde die Reinigung von insgesamt 100.000 Kubikmetern Gülle-Wasser-Gemisch vom Talsperrengrund der Neyetalsperre in der Kläranlage Hückeswagen abgeschlossen. Trotzdem gilt die Talsperre immer noch als stark belastet.

Aufgrund des Gülleeintrags und den damit verbundenen deutlich erhöhten Nährstoffeintrag ist es in den Sommermonaten zu einer starken Algenbildung in der Talsperre gekommen, so Joachim Frings vom EWR, dem Betreiber des Stausees. Die Algen seien nun auf den Boden der Talsperre gesunken und zersetzen sich dort, was ab Juli zu einem starken Rückgang des Sauerstoffgehalts in den unteren Wasserschichten geführt hat.


[Der Neye-Bach war seinerzeit nur eine "dunkle Brühe".]

„Die unteren zehn bis zwölf Meter waren fast komplett sauerstofffrei, was zu einer erhöhten Entwicklung von Ammonium geführt ha – welches wiederum giftig für Fische ist“, erklärte Frings. Aufgrund der sinkenden Temperaturen und den Regenfällen in den vergangenen drei Wochen, haben sich die Gewässerschichten jedoch angefangen, zu vermischen. „Wir gehen davon aus, dass nur noch die untersten fünf Meter völlig sauerstofffrei sind und hoffen, dass sich die Wasserschichten in den nächsten zwei bis drei Wochen komplett durchgemischt haben werden“, so Frings.

Mit demselben Ziel leitet der Wupperverband kontinuierlich Wasser von der Talsperre in den Neye-Bach. „Für den Bach stellt das sauerstoffarme Wasser kein Problem dar und wir hoffen, dass sich die Gewässerschichten in den Talsperren so schneller vermischen“, erklärte Susanne Fischer vom Wupperverband. Der Prozess wird von kontinuierlichen Messungen begleitet. „Diese zeigen, dass sich der Sauerstoffgehalt leicht gebessert hat – über den Berg ist die Talsperre aber noch nicht“, so Fischer.

„Wann sich die Talsperre komplett erholt werden hat, ist schwer vorauszusagen – einen vergleichbaren Fall gab es in Deutschland ja noch nicht“, tat sich auch Frings mit einer Prognose schwer. Fest steht jedoch: Der Neye-Bach und die Fischteiche oberhalb der Talsperre werden deutlich länger zur Erholung brauchen, als die Talsperre selbst. Während ihr Wasser relativ klar ist, findet sich hier noch braunes, trübes Wasser. Die Ablagerungen im Boden der Teiche sind so toxisch, dass hier alles Leben getötet wurde. Im Bach dagegen konnten Biologen wieder erste Kleintiere finden. Trotzdem geht Frings davon aus, dass die Bäche noch mehrere Jahre brauchen, bis sie sich vollständig erholt haben.



Untersuchungen des Märkischen Kreises auf dem Hof des Landwirts ergaben seinerzeit, dass der Tank, aus dem die Gülle ins Erdreich geflossen ist, absichtlich geöffnet wurde. Unklar ist, wer den Tank geöffnet hat, da die Ermittlungen der Kriminalpolizei bislang ohne Erfolg blieben. Der Landwirt selbst ging von Sabotage aus. Er war der Bauaufsicht jedoch kein Unbekannter, weil es keine Baugenehmigung für den Tank gab und Risse in den Wänden des Behältnisses festgestellt wurden.


[Die Verschmutzung hatte zu einem großen Fisch-Sterben geführt.]

Der EWR hat, wie Frings bestätigte, zwei Klagen auf Schadenersatz beim Landgericht Hagen gegen den Landwirt eingereicht. Dabei laufen derzeit zwei Klagen parallel. Zum einen geht es um den Gülleunfall im vergangenen März, zum anderen um einen Vorfall, der sich im November 2014 zugetragen hat. Schon damals war vom selben Bauernhof Gülle in den Neye-Bach gelangt, der daraufhin aufwendig gereinigt werden musste. Diese Klage soll bereits im kommenden Monat verhandelt werden, während es für das zweite Verfahren noch keinen Termin gibt.
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