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Freundeskreis will zwischen Israel und Palästina vermitteln

om; 20. Feb 2002, 16:20 Uhr
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Freundeskreis will zwischen Israel und Palästina vermitteln

om; 20. Feb 2002, 16:20 Uhr
(om/20.2.2002-16:15) Von Oliver Mengedoht
Wiehl - Mit seinem Nahost-Forum will der Freundeskreis Wiehl/Jokneam einen Beitrag dazu leisten, endlich Frieden im "Heiligen Land" zu schaffen - eine Runde hochkarätiger Experten aus allen drei Ländern soll dazu einen Dialog führen.

[Bild: Mengedoht --- Die Freundeskreis-Vorstandsmitglieder Mehren (v.l.n.r.), Bauer, Iris Hermann, Abegg und Gerhard Hermann stellten das Nahost-Forum vor.]



"Ich habe einen Traum..." lautet das Motto des Nahost-Forums am kommenden Wochenende, das vom Freundeskreis Wiehl/Jokneam veranstaltet und in der Sparkasse der Homburgischen Gemeinden durchgeführt wird. "Durch das Enstehen der zweiten Intifada im September 2000 und die Eskalation der Gewalt in Israel und den palästinensischen Gebieten wuchs auch im Vorstand des Freundeskreises die Besorgnis über die weitere Entwicklung im Nahen Osten", erläuterte Vorsitzender Gerhard Hermann auf einer Pressekonferenz. "Wir können nicht weiter mitansehen, was in Israel geschieht, jedes menschliche Opfer ist zuviel, egal auf welcher Seite - der Zustand ist unerträglich geworden."



Daher stelle sich die Frage, wie ein Traum vom Leben in Israel überhaupt aussehen kann. "Wie kann die Zukunft aussehen für die Menschen dort, die uns ans Herz gewachsen sind?" Diese Fragen sollen mit dem Nahost-Forum gestreift werden, beide Seiten sollen zu Wort kommen. Es könne nicht um Schuldzuwisungen gehen, machte Hermann deutlich, aber unter Freunden müssten auch kritische Äußerungen erlaubt sein. "Uns ist bewusst, dass es keine einseitige Betrachtungsweise der existierenden Probleme geben kann. Wir möchten daher die Möglichkeit geben, in einen Dialog einzutreten, der möglicherweise Impulse setzen kann, über neue Handlungsmuster und eine konstruktive Zukunfstgestaltung nachzudenken."



Der Freundeskreis hat es sich zur Aufgabe gemacht, die seit 1974 bestehende und seit '91 besiegelte Partnerschaft durch Begegnungsmaßnahmen mit Leben zu erfüllen. So hatte er in den letzten Jahren neben Gruppenreisen in die Wiehler Partnerstadt Jokneam auch Autorenlesungen, Vorträge mit Ex-Bürgermeister Hans Koschnick, Israels Botschafter Avi Primor und dem Schriftsteller Ralph Giordano, Musik- und Folklore-Veranstaltungen sowie die Ausstellung "Der Davidstern" organisiert. Durch die langjährigen Kontakte konnten nun neben Referenten aus Deutschland auch Experten aus Israel und Palästina für das Forum gewonnen werden.



"Wo bleibt die Zivilcourage?"



Darunter sind neben den Bürgermeistern Simon Alfasi (Jokneam) und Werner Becker-Blonigen (Wiehl) Abu Dayyeh, Projektleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Jersualem, Abdallah Franghi, Vertreter der Palästinensischen Generaldirektion in Bonn, der Jerusalemer Historiker Reuven Moskowitz und Avi Primor, der ehemalige Botschafter Israels aus Tel Aviv. Ferner werden Günter Müchler, Chefredakteur und Programmdirektor des Deutschlandfunks in Köln, Majed Nassar, Direktor der Greek-Catholic Clinic aus Beit Sahour und Ursula Welter-Müchler, Redakteurin des Deutschlandfunks, teilnehmen.



Dass der Israeli Moskowitz für die Teilnahme gewonnen werden konnte, sieht Hermann als große Ehre für den Freundeskreis an, "er will nicht mal Honorar", war er freudig überrascht. Moskowitz selber setzt sich für den Frieden mit den Palästinensern ein. "Man mag sich über Helmut Kohls Aussage über die Gnade der späten Geburt lustig machen, sollte dabei aber nicht übersehen, dass die nach dem Zweiten Weltkrieg Geborenen in der Tat die Gnade und das Privileg hatten, die ältere Generation ungestraft fragen zu dürfen, warum sie während des Nationalsozialismus schwieg und wegschaute", schreibt Moskowitz. Und weiter: "Diese Spätgeborenen regieren heute Deutschland. Warum protestieren sie nicht gegen das Unrecht, das den Palästinensern geschieht? Wo bleibt die Zivilcourage, deren Mangel während des Nationalsozialismus so häufig kritisiert wurde und die auch in der aktuellen öffentlichen Debatte in Deutschland immer wieder eingefordert wird?"



Die Zusammenarbeit, versicherte Freundeskreis-Vorstandsmitglied Corinna Bauer, sei mit allen Referenten gut, bei einem habe man eine Ausreisegenehmigung beantragen müssen, damit er kommen kann. Wenn es kurz vor dem Nahost-Forum zu neuen Ausschreitungen in Israel komme, könne es sein, dass Teilnehmer aus Palästina nicht ausreisen dürften. "Die Situation ist ja sehr gespannt dort, viele Dinge hört man hier gar nicht", erläuterte Bauer. So sei hier auch kaum die israelische Friedensinitiative bekannt, die aber durchaus aktiv sei.



"Die Lage kann noch so schwierig sein, man muss miteinander reden, reden, reden"



Schon im November hat der Freundeskreis mit der Organisation der großen Veranstaltung begonnen. "Der Unmut wurde auch bei unseren Mitgliedern immer größer über die kaum noch nachzuvollziehende Entwicklung", erklärte Wolfgang Abegg. Es sei der Wunsch des Freundeskreises, nicht so zu tun, als gebe es keine Probleme, als sei nichts. "Vielleicht können uns die Referenten erklären, warum es auf beiden Seiten so eskaliert ist", hoffen die Veranstalter. Allerdings müsse man sich 50 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg als Deutscher auch fragen, was für eine Position man einnehme, ob man besser keine Ratschläge gebe, überlegte Bauer.



Aber man könne auf jeden Fall Kontake herstellen zwischen den verfeindeten Seiten. In die gleiche Kerbe schlug Wolfgang-Ludwig Mehren, Direktor der Sparkasse und im Vorstand des Freundeskreises: "Die Lage kann noch so schwierig sein, man muss miteinander reden, reden, reden." Die Wiehler bräuchten jedenfalls viel diplomatisches Fingerspitzengefühl, um gravierende Verstimmungen zwischen den Teilnehmern zu vermeiden - "das ist eine echte Gratwanderung."



Natürlich gebe es auch umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen, berichtete Mehren, es brauche kein Teilnehmer oder Besucher des Forums Angst zu haben. Für Simultanübersetzungen wird das Büro eingesetzt, dass auch Bundesaußenminister Joschka Fischer bei seinen Reisen begleite. Freundeskreis-Vorsitzender Hermann ist Mehren besonders dankbar für die Unterstützung der Sparkasse, die als Hauptsponsor des Nahost-Forums auftritt. Weitere Spenden kamen von der Volksbank Oberberg, dem Kölner Verlag Neven DuMont und der Druckerei Gronenberg.



Das Programm



Die Veranstaltungsteile am Samstag, 23. Februar, können auch getrennt besucht werden; der Eintritt ist frei. Um 11 Uhr beginnt der erste Teil mit Alfasi, Nassar, Dayyeh und Moskovitz, es moderiert Bürgermeister Becker-Blonigen. Thema: Verantwortung, Wirtschaft und Arbeit gegen den Krieg.



Um 15 Uhr heißt es mit den Teilnehmern Franghi und Primor "Ernstfall Frieden - wenn die Waffen schweigen". Und um 20 Uhr folgt die große Podiumsdiskussion unter dem Motto "Sicherheit und Gerechtigkeit für alle?" mit allen Referenten.



Am Freitagabend können sich die Teilnehmer bereits in lockerer Runde begegnen, die Palästinenserin Ranya Salsa'a aus Dieringhausen und die Israelin Shuli Groman werden dann für musikalische Unerhaltung sorgen.

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