Bergneustadt – In einer Bürgerversammlung am 4. Februar will sich der Hausarzt Stefanus Paas für die Unterstützung seiner Patienten bedanken und neue Einblicke ins Gesundheitssystem geben.

Spätestens im Mai schließt der Bergneustädter Hausarzt Stefanus Paas seine Praxis. Er will zunächst in einem Krankenhaus arbeiten und Deutschland spätestens 2017 ganz den Rücken kehren. Grund sind die Regress-Forderungen der Krankenkassen aufgrund einer Budgetüberschreitung bei der Medikamentenverschreibung, mit denen er sich seit vergangenem Jahr konfrontiert sieht. Für das Jahr 2011 fordern die Krankenkassen eine Rückzahlung in Höhe von 5.700 €. Die Verfahren über die Jahre 2012, 2013 und 2014 sollen folgen. Dem Arzt droht die berufliche Insolvenz.

Durch die Praxisschließung müssen sich rund 2.500 Patienten auf die Suche nach einem neuen Hausarzt machen. Dennoch, so Paas, habe er bis heute nur Verständnis und Respekt für seine Entscheidung von Seiten seiner Patienten und auch Mitarbeiterinnen erfahren. „Alle sind traurig und mancher Patient hat bitterlich geweint, aber letztendlich respektiert jeder unsere Entscheidungen“, so der Allgemeinmediziner. Anders verhält es sich auch nicht mit Paas Lindlarer Kollegen Dr. Jörg Blettenberg, der mit Regressforderungen im sechsstelligen Bereich zu kämpfen hat. „Angesichts des 'Mists', der auf die Ärzte einprasselt, kann ich die Entscheidung verstehen. Noch steht der Schritt, meine Praxis zu schließen, für mich nicht zur Debatte, aber wenn der Druck weiter zunimmt kann ich nichts versprechen. Ich bedauere, aber respektiere die Entscheidung von Stefanus Paas. Aber ich verliere mit ihm auch einen der wenigen Kollegen mit Rückgrat“, so Blettenberg.


Auch Paas ist vom Verhalten seiner Bergneustädter Kollegen zutiefst enttäuscht. Keiner außer Dr. Claus-Peter Bockhacker, so der Hausarzt, hätte es sich getraut, in den Konflikt aktiv mit einzugreifen. Auch die Politik sei nicht gewillt gewesen, das Problem ernst zu nehmen, Ausnahmen stellten da lediglich die oberbergischen Bundestagsabgeordneten Michaela Engelmeier (SPD) und Klaus-Peter Flosbach (CDU) dar. Im Oktober forderte der Bergneustädter Mediziner Rückhalt von seinen Patienten und Kollegen im Kampf gegen die Forderungen sowie grundlegende Veränderungen im Gesundheitssystem. Da auch diese ausblieben, zieht er nun einen Schlussstrich.

Am 4. Februar um 15 Uhr lädt Paas zu einer Bürgerversammlung in den Bergneustädter Krawinkelsaal ein. Hier will er die Ereignisse der vergangenen 15 Monate noch einmal Revue passieren lassen und öffentlich bekannt machen „wie tief die Gräben in unserem kranken Gesundheitssystem sind“, so Paas. In diesem Rahmen will sich der Mediziner ebenfalls bei seinen Weggefährten bedanken und verabschieden.

Weitere Informationen und Hintergründe gibt es im Interview mit Stefanus Paas.