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10 Zentimeter lange Stichwunde: angeblich Notwehr

fj; 20. Mar 2014, 12:20 Uhr
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10 Zentimeter lange Stichwunde: angeblich Notwehr

fj; 20. Mar 2014, 12:20 Uhr
Gummersbach – 2013 verletzte der Bewohner eines Übergangswohnheims seinen Mitbewohner schwer – Der Angeklagte will in Notwehr gehandelt haben, Zeugen konnten sich nicht mehr erinnern oder blieben der Verhandlung fern.
Er hätte in Notwehr gehandelt, erklärte der 1963 geborene Angeklagte, der sich heute vor dem Gummersbacher Amtsgericht wegen schwerer Körperverletzung verantworten musste. Dabei hätte die Auseinandersetzung mit dem späteren Opfer, Holger K., schon am Vorabend der Tat begonnen: Angeklagter und Opfer leben in einem Übergangswohnheim in Gummersbach. Mit Mitbewohnern und Freunden wurde hier am 20. Juli 2013 gefeiert, dass dabei sowohl reichlich Alkohol wie auch Drogen konsumiert wurden, gaben sowohl der Angeklagte, wie auch das spätere Opfer und die geladenen Zeugen freimütig zu. Nach Angaben des Angeklagten wurde diese „friedliche Feier“ immer wieder durch die Aggressionen des späteren Opfers gestört. Nachdem der Angeklagte sich geweigert hatte, Holger K. Marihuana zu verkaufen, sei von diesem eine Bierflasche gegen die Hauswand geschmissen worden.

Als sich der Angeklagte am nächsten Morgen, gemeinsam mit einem weiteren Nachbar, vor der Tür des Wohnheims saß, warf Holger K. nach Angaben des Angeklagten erneut eine Bierflasche nach ihm. „Um mich zu beruhigen, habe ich ein Pfeifchen mit Cannabis geraucht und Amphetamine konsumiert, da drohte mir Holger K. aus dem Fenster, dass er nun runterkomme, um mich fertig zu machen. Weil ich wusste, wie aggressiv er sein kann, habe ich mich leider Gottes bewaffnet“, so der Angeklagte.

Als Holger K. dann mit erhobenen Händen auf ihn zukam, vermutete er eine Waffe in seinen Händen. „Ich wollte ihn höchstens ein bisschen verletzen, damit er von mir ablässt, aber dann ist er mir ins Messer gelaufen“, so der Angeklagte. Holger K. trug eine rund 10 Zentimeter lange Wunde am Unterarm sowie eine 2,5 Zentimeter lange Stichwunde am Bauch davon. Durch den Arm, so Holger K. vor Gericht, hätte der Angeklagte ihm in den Bauch gestochen.

Ganz anders hörte sich die Geschichte aus der Sicht von Holger K. an. Weder habe er Bierflaschen geworfen, noch seien die Aggressionen von ihm ausgegangen. Der Angeklagte sei es gewesen, der die Feiernden mit seinen verbalen Ausbrüchen gestört habe. Als er den Angeklagten am nächsten Morgen auf dem Hof sitzen sah, rief er „Was sollte der Scheiߓ aus dem Fenster, worauf der Angeklagte ihn mit der Drohung „Ich mach dich fertig“ auf den Hof gerufen hätte. Hier hätte sich Holger K. zwar mit erhobenen Fäusten vor den Angeklagten gestellt, ihn jedoch nicht berührt, bis dieser plötzlich das Messer, das er bisher hinter seinem Rücken verborgen gehalten hatte, zückte und zustach. Die hinzugerufene Polizei fand das Opfer mit blutigem T-Shirt, den Täter mit Blut an den Händen vor. Auch auf dem Hof fand sich Blut. Weitere Bewohner des Übergangswohnheims waren anwesend und wurden als Zeugen geladen.

Zum genauen Tathergang konnten diese aber heute kaum Angaben machen. Es hätte eine verbale Auseinandersetzung geben, darin waren sich die drei männlichen Zeugen einig, worum es dabei aber genau ging, wusste niemand zu sagen. Selbst der Bruder des Opfers, der unmittelbar vor der Tat gemeinsam mit dem Angeklagten auf dem Hof saß, und „sein Morgenbier trank“, konnte nun keine genauen Angaben zum Tathergang oder der Vorgeschichte machen.

Nach der Aussage von Holger K. ist davon auszugehen, dass eine weibliche Nachbarin die Tat von ihrem Fenster aus beobachtete. Sie war der Verhandlung aber unentschuldigt ferngeblieben. Richter Ulrich Neff entschied, die Zeugin vorführen zu lassen - in der Hoffnung, dass sie als eventuelle Tatzeugin mehr Klarheit in den Verlauf der gewaltsamen Auseinandersetzung  bringen kann. Die Verhandlung gegen den Angeklagten, der bereits heute auf zahlreiche Geld- und Freiheitsstrafen zurückblicken konnte, wird fortgesetzt.

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