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Schleppendes Rendezvous mit einem Eisberg

gre; 7. Mar 2014, 10:32 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung.
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Schleppendes Rendezvous mit einem Eisberg

gre; 7. Mar 2014, 10:32 Uhr
Gummersbach - Gestern führte das Musical Projekt Oberberg die Premiere der „Titanic Sternennacht“ von Martin Kuchejda und Joachim Kottmann in der Halle 32 auf und nahm die Zuschauer mit auf große Jungfernfahrt über den Atlantik.
Von Michelle Grebe

Ein Kinderspiel in der Badewanne, unbedarft, aber auch brutal realititätsnah. Ein Eisberg und ein Schiff spielen gegeneinander und wie am 14. April 1912 gingen beide unter. Das Musical Projekt Oberberg führte am gestrigen Abend die Premiere des Musicals "Titanic Sternennacht" auf und versetzte das Publikum der Halle 32 zunächst einmal in die Tiefen des Atlantischen Ozeans. 

Mit Wasserleichen, die durch das Publikum liefen, und dem Barmann auf der Titanic, der die Geister der Verstorbenen ruft, war die Theatralik zum Greifen nah. Mit langsamen und eher leidvollen Bewegungen steuerten die Wasserleichen auf die Bühne zu und begaben sich in den Ballsaal. Dort, wo sie vor circa hundert Jahren verweilt und auf die Jungfernfahrt der Titanic angestoßen haben. Da die verstorbenen Seelen dieses Ritual alltäglich durchführen, wechselten sie ständig ihre Rollen und erzählten die Geschichte nicht chronologisch, sondern bruchstückhaft, was auf den Zuschauer jedoch eher verworren und nicht leicht verständlich wirkte.

Offizier Lightoller und Kapitän Smith, gespielt von Mike Weinerowski und Marion Kottmann, ließen den Moment der Katastrophe Revue passieren, während die Gäste an Bord den berühmten Choral „Nearer My God to Thee“ sangen, den wohl jeder Passagier der Titanic mit dessen Untergang in Verbindung brachte, da dieser Choral von der Kapelle bis zu ihrem Untergang gespielt wurde. Um die Dramatik zu verdeutlichen, kamen noch die Morsezeichen für Eis sowie die Notrufe SOS und CQD hinzu und jeder sah vor seinem geistigen Auge das bald sinkende Schiff.


Doch bevor die Titanic untergeht, muss sie erst einmal ihre Jungfernfahrt antreten. Hier wird sie zunächst beladen und dies wurde von John Ballard, dem Entdecker des Titanic-Wracks, gespielt von Nina Schoppmann, begleitet. Während der Inspektion berichtete der Schiffarzt Torrance (Svenja Schuster) von Maladen des Sonnenkönigs Ludwig des XIV., was für die Zuschauer eher fehl am Platz schien, offenbar jedoch nur untermalen sollte, dass er gerne mal einen über den Durst trank.

Wer sich eine dramatische Liebesgeschichte wie bei James Cameron erhoffte, wurde enttäuscht. Die Liebe wurde nur kurz angerissen, jedoch von Miss Angle aus der dritten Klasse, die für den großen blonden Harald aus der ersten Klasse schwärmt, gut vertreten. Alexandra Berger und Uwe Kall begeisterten an dieser Stelle mit vielen Emotionen sowie bewundernswertem Gesang und ließen die Liebe auf der Titanic für einen kurzen Moment aufblühen. Doch leider konnte das MPO diese gesangliche Leistung nicht durchgehend über die zweieinhalbstündige Vorstellung halten, sodass es an einigen Stellen sehr langatmig schien und das Publikum sich nicht von den Sitzplätzen abgeholt und an Bord der Titanic entführt fühlte.
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Doch nicht nur das Leben der Erwachsenen wurde nacherzählt, auch die Erlebnisse der Kinder wurden mit aufgenommen. Der junge Passagier Douglas Spedden, gespielt von Alyssa Heinrich, war mit dem Kindermädchen Muddie Boons (Silke Rädel) an Bord und erzählte alles mit viel Gesang seinem Kuschel-Eisbär Polar.

Während sich Offizier und Kapitän lediglich über die Speisekarte unterhielten, kamen etliche Eiswarnungen rein, die jedoch ignoriert wurden. An der anderen Seite des Schiffes verstand es Molly Brown, eine Passagierin der ersten Klasse, gespielt von Ramona Even, sich gezielt ins Rampenlicht zu stellen und begeisterte das Publikum mit ihrer außergewöhnlichen Stimme. Doch nicht nur Miss Brown, sondern alle Passagiere an Bord fühlten sich unsinkbar auf der RMS Titanic und verdeutlichten dies mit einem fetzigen Song.

Die Musik war gemäß der Zeit vor hundert Jahren. Die Band, bestehend aus Stephan Aschenbrenner, Matthias Brauer, Bruno Brandl, Peter Even, Rolf Fahlenbock, Lara Keyers, Martikn Klausmeier und Joachim Kottmann, begleitet den Untergang der Titanic überwiegend mit akustischen Klängen, baute aber an einigen Stellen neumodische Akzente ein.


[Auch die Geschichten der Kinder spielten gestern Abend eine Rolle.]

Eine Liebe für das Detail zeigte auch Carlo Schneeweis, der für die Kostüme veranstwortlich war. Allerdings war nicht auf den ersten Blick erkennbar, welcher Passagier zur ersten und wer zur dritten Klasse gehörte, was vor allem bei der Liebesgeschichte von Miss Angle und Harald zu Verständnisschwierigkeiten führte. 

Die „Titanic Sternfahrt“ vom Musical Projekt Oberberg, unter der Leitung von von Martin Kuchejda und Joachim Kottmann, stellte den Untergang der Titanic in ein anderes Licht und bot einen facettenreichen Blick auf die Geschehnisse an Bord des Schiffes. Jedoch verlor der Zuschauer an manchen Stellen den roten Faden der Geschichte und es wurde ihm nicht leicht gemacht, diesen wieder aufzunehmen. So fiel der Applaus am Ende auch eher verhalten aus, da viele sicherlich noch mit sich selbst klären mussten, was gerade auf der Bühne vor sich ging oder manche teilweise in der Pause schon gegangen waren.  

Wer sich vergewissern möchte, ob die Titanic wirklich gesunken ist oder ob die Kapelle bis zum Schluss gespielt hat, hat noch zu folgenden Vorstellungen die Gelegenheit dazu:  Am 7. und 8. März, 12. und 13. April, jeweils um  20 Uhr.
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