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Comedy-Gala mit Dreierpack

vma; 14. Apr 2005, 21:00 Uhr
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Comedy-Gala mit Dreierpack

vma; 14. Apr 2005, 21:00 Uhr
(vma/18.11.2001 - AKTUALISIERT: 21:15) Von Vera Marzinski
Wiehl – Gleich drei ausgewählte Künstler bot die Gala des dritten Wiehler Kabarett- und Comedy-Festivals in der Wiehltalhalle am Samstag Abend.

[Bild: Adi --- Comedy im Dreierpack mit (v.l.n.r.) Till Hoheneder, Hans-Herrmann Thielke und Käthe Lachmann]



"Lachen kann man auch in der Provinz" – so die letzten Worte von Till Hoheneder in Wiehl. Die Lachmuskeln des Publikums hatte er zuvor aufs heftigste strapaziert mit Parodie und Musik, Wortwitz und Wahnsinn und das beim zeitgleich am Samstagabend laufenden "Wetten das" mit Jenny Elvers – "Was heute alles für Leute ins Fernsehen kommen – für nix". Die Veränderung der Medienlandschaft sei nicht das Einzige, wo er nicht mehr mitkomme. So die neumodischen Sportschuhe mit hochkomplizierten Bezeichnungen – Till komme aus einer Zeit, da hießen die Sportschuhe noch "Uwe" oder "Franz".



Wortwitz wechselte in wohl proportionierten Schritten mit Parodie. Ob beim Einblick in "7 Tage, 7 Köpfe" oder Freund "Alfred Bio Leck" in seinem Kochstudio - perfekte Parodie. Hier kam auch die Musik zum Zuge: "Das bisschen Haushalt" zu dem das Publikum brav "backe, backe Kuchen" machen durfte und sich köstlich über Tills Alfred-Stöhnerchen und –Schmatzerchen zwischen den Einwürfen "Ich freu mich, ich freu mich ja so" amüsierte.



Samstagabends als Kind nach den Baden im Frotteeschlafanzug in den Sessel mit den Geschwistern gequetscht und ein Butterbrot auf dem Schoss: Zeit für "Expedition ins Tierreich" mit Heinz-Till-Sielmann. Doch berichtete Sielmann damals wirklich über den Vogel, der im Nebeldunst der Sauna nach dem zweiten Aufguss vorwiegend männliche Opfer finde: der Eichelhäher. Auch die Ankündigung des neuen Sielmann-Filmes "Transsexuelles Pferd – der Stutenkerl" war etwas suspekt – aber zur Belustigung des Publikums in der Wiehltalhalle ein voller Erfolg.

Kinder, nein: Blagen, nahmen einen großen Programmteil ein. Zoobesuche seien der Ort des Grauens, besonders im Streichelzoobereich, wo das "Scheißen der Lämmer" vollzogen werde und somit elende Gerüche verbreitet würden. Kinder ziehe dies magisch an. Alle Kinder, auch die mit den schrecklichen Namen "Kevin oder Marvin", warum nicht einfach Käthe oder Hans-Hermann oder Till?



Zu den Erlebnissen mit Haustieren erzählte er sogar Privates. Seine Frau hatte einfach ein Meerschweinchen gekauft und Till setzte sich zur Aufgabe, den Kindern das Tier "wissenschaftlich" näher zu bringen. "Hör mal Marvin... (der Name war nun mal gerade modern) ...Meerschweinchen heißen so, weil sie aus dem Meer kommen. Lass doch mal das Badewasser ein!"



Abschließend wurde Till doch noch ernst: die Kirche mache ihn betroffen. Professionellere Gestaltung von Gottesdiensten oder Actionfilme mit Bruce Willis als JP (Johannes Paul) in "Bete langsam" würden mehr Menschen anziehen. Die "Weihrauch-Swinger" seien sicher auch sinnvoller als ein dahingehauchtes "Lobe den Herren", welches noch nicht einmal die Schlafenden vom letzten Sonntag wecken würde.

Genial gut, dieser Till Hoheneder, den noch so mancher von „Till & Obel“ kannte. Das Programm „Du kannst mich zweimal“ versprach gute Unterhaltung und die gab es in vollen Zügen - nicht nur beim Westermann-Gassenhauer "Steh auf", der zur Hymne auf das Beste am Mann umgedichtet wurde.

[Am hinteren Bühnenvorhang konnte die Gestik der Kabarettisten als Schattenspiel verfolgt werden.]



Immer dazwischen funkte einer von der Post: Hans-Hermann Thielke. Bieder, mit Seitenscheitel, krampfhaft seine Aktentasche festhaltend, konfus und umständlich erzählend, eroberte er in zwei Schritten die Herzen der Zuschauer. Schon vor Käthe Lachmanns Auftritt gab es einen Einblick in das Leben eines Postbeamten im mittleren Dienst hinterm Schalter, doch nach der Pause legte der Postbeamte mit Leib und Seele auf seine unbeholfene Art erst so richtig los.

Hans-Joachim Klein, Geschäftsführer des Kulturkreises Wiehl hatte schon zur Begrüßung angedroht, dass nicht nur Vergnügen auf dem Programm des Gala-Abends stehe. Diesmal habe sich der Kulturkreis dazu entschlossen, das Publikum auch mit Information zu versorgen. Hans-Hermann Thielke käme gerade von einer Schulung für "Neue Medien" und könne sicherlich so einiges vermitteln. Auch wenn es nichts neues über DVD, GTI oder Video gab, laut Herrn Thielke bestätigte ihm wirklich abschließend jeder augenzwinkernd: "Wir von der Post sind sicherlich immer etwas in der Vorreiterrolle."



Zunächst einmal schilderte Thielke aber eine abscheuliche Stresssituation für einen Postbeamten im mittleren Dienst, die doch gefährlich für die Organe sei. Elf Uhr vormittags, Blick auf die Uhr, der erste Gedanke: "Noch eine Stunde bis zur Mittagspause", das greife den Herzmuskel an und könne mitunter dazu führen, dass man hinter seinem Postschalter verende – und das eine Stunde vor der Mittagspause.



Schlimmstes Erlebnis in seiner Laufbahn war ein Stromausfall durch unterirdische Baggerarbeiten – auch Kühlschrank und Licht fielen aus und dabei könne man wirklich nicht mehr den Wert einer Briefmarke ermitteln. Ein Kunde habe dies schamlos ausgenutzt und mit einer "unfrankierten" Postkarte aus der Lüneburger Heide 500 Mark abgehoben.

Aber nicht nur aus seinem dienstlichen Leben stammelte Hans-Herman Thielke in seiner hektischen, unbeholfenen Art dem Publikum etwas vor. Auch vom Desaster seiner Kontaktanzeige, bei der ihm knapp fünf Mark fehlten, weil er zuvor Teppichshampoo gekauft hatte und sich von keinem Wort der Anzeige trennen konnte – "wenn man sich dann nun doch zur Heirat entschlossen habe....".



Kein Auge blieb trocken, wenn Thielke von seinem Fisch erzählte, der zwar verendete, aber laut Thielke schwimmen konnte – "der war bestimmt nicht wasserscheu". 'Und ab geht die Post' kann man bei Hans-Hermann Thielke wirklich sagen, denn er stellt die Figur des kleinen Postbeamten überzeugend mit viel Witz und Pfiff dar – da muss einfach jeder lachen.



Als lediger Postbeamter – deshalb ja auch die Kontaktanzeige – hatte Thielke Kinder nicht im Programm. Ganz anders als Till Hoheneder und Käthe Lachmann – die hatten es beide nicht so mit den kleinen "Monstern".

Käthe Lachmann schilderte ihr Bahnerlebnis mit schokoladenverschmierten Kindern und deren verständnisvollen Müttern, die schrille Kindergartenlieder lächelnd duldeten. Das Wiehler Publikum wollte die zweite Strophe dann aber doch nicht hören. Extra-Waggons für Kinder mit ihren Müttern und alten Leuten, die schon auf dem Bahnsteig "Ich habe reserviert" übten, seien die Lösung, so Käthe.

In der Schule habe sie nicht viel Vernünftiges gelernt, eher viel Unsinn. So beispielsweise im Religionsunterricht, dass Selbstbefriedigung blind mache. Da frage sie sich heute noch, warum die Religionslehrerin so eine dicke Brille hatte. Auch die Werbung verbreite viel Unsinn. Sie könne noch so lange mit dem angepriesenen Duschgel duschen, es brächte nichts. Dabei sähen die Frauen in dieser Duschgelwerbung immer so aus, als würden sie jeden Moment erblinden.



Auch ein Lacherfolg, Käthe Lachmanns Haustierwunsch, der nie erfüllt wurde, aber dafür durfte sie das Sauerteiggemisch "Hermann" pflegen. Doch beim Streicheln bekam sie immer so klebrige Finger. Oder auch ihre Solariumserfahrungen, wo doch heute jeder leugne, ins Solarium zu gehen. Da gebe man schon eher zu "ja, das ist meine Zweitfrisur" oder "ja, ich komme aus Gummersbach". Als Kuchenback-Mutmacherin sorgte Käthe Lachmann für viele Lacher und auch ihre "Nicht-nein-sagen-können"-Story war amüsant.

Den schönen Raucher, der sie sicher zum Röcheln gebracht hätte und dessen gelbe Finger sie liebte, besang Käthe in Begleitung ihres Betasters bzw. Pianisten Hans-Peter Reuter. Mit ihm als Barbara Ehlichmann berichtete sie über "Heribert P.", den Gewaltversprecher. Die heftigen "Hau-auf-die-Fresse-Sprüche" kamen ebenso wenig rüber wie der Mord im Restaurant, wo Käthe Lachmann eine hysterische Frau mimte, die ihren Mann zum Wahnsinn trieb. Davon musste man ebenso keine zweite Strophe hören, wie von dem Kinderlied im Bahnabteil. Der Adelsexperte, der beim Aufzug der königlichen Hoheiten in London immer mehr Aussetzer hatte, war da schon besser.



Gelungener Comedy-Abend



So war nicht nur Käthe Lachmanns Programm abwechslungsreich. Alles in allem ein abgerundeter Comedy-Gala-Abend, bei dem die beiden Herren die richtigen Stellen zur Reizung der Lachmuskulatur präziser trafen.



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