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Ich töte dich oder dein Kind
Gummersbach - Bei seiner Verhaftung bedrohte, bespuckte und attackierte ein 37-Jähriger die Polizeibeamten Heute musste sich der Mehrfachstraftäter vorm Amtsgericht wegen schwerer Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung verantworten.
Flankiert von fünf Justizvollzugsbeamten und zwei Polizisten betritt der Angeklagte das Gummersbacher Amtsgericht. Seine Hände und Füße sind gefesselt. Er trägt eine verspiegelte Sonnenbrille, die Kapuze seines Pullovers hat er tief ins Gesicht gezogen. Der vorsitzende Richter Ulrich Neef hat keinen Unbekannten vor sich. Sieben Mal ist er im Bundezentralregister vermerkt, zweimal saß er bereits in Haft wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Körperverletzung. Während der jüngsten Haftstrafe soll er mehrfach Drohungen gegen Neef, der ihn damals verurteilte, und seine ehemalige Lebensgefährtin ausgesprochen haben, mit der er gemeinsam eine Tochter hat.Im April dieses Jahres wird er aus der Haft entlassen, mit den Auflagen, weder Alkohol zu konsumieren, noch Kontakt zu seiner ehemaligen Partnerin aufzunehmen, noch sich ihr zu nähern. Im Rahmen des Konzepts zum Umgang mit Rückfall gefährdeten Sexualstraftätern (KURS) wird er nach seiner Freilassung von Polizeibeamten observiert. Seine damalige Lebenspartnerin bekommt Personenschutz. Am 17. Mai ist sie in der Gummersbacher Fußgängerzone einkaufen. Zufällig begegnen sich die damaligen Partner. Der Angeklagte stürzt auf sie zu, die Personenschützer müssen ihn stoppen. Wütend und schreiend entfernt er sich.
Auch weil die Observation ergeben hat, dass der Angeklagte immer wieder Alkohol konsumierte, wird Haftbefehl erlassen. Diesen soll eine 27-jährige Gerichtsvollzieherin vollstrecken. Gemeinsam mit Polizeibeamten sucht sie den Angeklagten in seinem Stammlokal auf. Die Polizisten nehmen ihn fest und bringen ihn in ihr Fahrzeug. Als er dort von der jungen Frau erfährt, dass es nun für ihn in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln geht, rastet er aus. Dabei kann er sogar eine Hand aus der Handschelle befreien, er schlägt und tritt um sich. Die Beamten werden bespuckt, beleidigt und bedroht. Die ganze Bullen-Palette kam zum Einsatz, angefangen von Bullenschwein bis scheiß Bulle, erinnert sich einer der Polizisten. Dazu hätte er versucht, die Beamten in die Hoden zu kneifen oder zu beißen.
Ich weiß, wo ich dich finde, du Hexe, schleudert der Angeklagte der Justizvollzugsbeamtin entgegen. Wenn ich wieder raus bin, bringe ich dich um dich, oder dein Kind, droht er einem Beamten. Ich habe Waffen versteckt, wenn ihr mich das nächste Mal festnehmen wollt, erledige ich euch, sagt er den Polizisten auf dem Weg nach Köln. Ich weiß, wie man eine Bombe baut. Das kann ich euch mal zeigen aber nur einmal, droht er. In Köln trifft er wieder auf die Justizvollzugsbeamtin. Auch sie wird bespuckt. Während die Justizbeamtin und die ehemalige Partnerin des Angeklagten aussagen, muss dieser den Saal verlassen. Richter Neef befürchtet, dass die beiden jungen Frauen solche Angst vor dem Mann haben, dass sie in seiner Gegenwart nicht die Wahrheit sagen. Bevor der Angeklagte den Raum verlässt, stellt er das Bild seiner Tochter und die Bibel auf einen Tisch. Neef lässt beides entfernen.
Sowohl den Beamten, wie auch der Justizvollzugsbeamtin, lässt der Angeklagte über seinen Verteidiger eine Entschuldigung ausrichten. Sie müssen keine Angst vor mir haben, steht in einem mehrseitigen Brief. Die Vorwürfe, so ließ er durch seinen Anwalt verlauten, träfen zu, jedoch sei er provoziert worden: Obwohl er die Beamten auf eine kürzlich Knie-OP hingewiesen habe, wollten sie ihm bei der Verhaftung Fußfesseln anlegen, da sei er ausgerastet. Vor Gericht mutmaßte er, dass die Begegnung mit seiner ehemaligen Partnerin in der Innenstadt von der Polizei inszeniert wurde. Sie wollten mich provozieren und testen, wirft er dem Beamten vor, der im Rahmen von KURS für ihn zuständig ist.
Eine Alkoholsucht und eine Persönlichkeitsstörung in Form einer instabilen Persönlichkeit bescheinigt der anwesende Psychiater dem Angeklagten in seinem Gutachten. Diese sei jedoch nicht schuldmindernd. Jedoch neige der 37-Jährige dazu, Tatsachen fast wahnhaft zu verzerren, was dazu führe, dass er sich nicht als Täter, sondern als Opfer des Richters, der Polizei und seiner ehemaligen Partnerin sieht, die ihn wegen sexueller Nötigung angezeigt hat.
Innerhalb der nächsten drei Wochen wird die Verhandlung fortgeführt, dann sollen die Aussagen der Beamten, die den Angeklagten seinerzeit observiert haben, darüber Aufschluss geben, wie regelmäßig der Angeklagte gegen die Weisung verstieß, keinen Alkohol trinken zu dürfen. Denn auch dies wird sich auf das Strafmaß auswirken, dass nach Ansicht der Staatsanwältin bei einem Jahr und sieben Monaten liegen sollte und somit nicht zur Bewährung auszusetzen ist. Der Verteidiger forderte eine Bewährungsstrafe.
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