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Diagnose „Krebs“ – und dann?

vma; 17. Nov 2013, 21:38 Uhr
Bilder: Vera Marzinski --- Im Interview mit Klinikum Oberberg Pressesprecherin Angela Altz beantwortete Wolfgang Bosbach Fragen zu seiner Krankheit.
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Diagnose „Krebs“ – und dann?

vma; 17. Nov 2013, 21:38 Uhr
Gummersbach – Beim „1. Krebstag“ sprach Wolfgang Bosbach (MdB), wie er mit der Diagnose umgegangen ist – Viele Informationen rund um die Krankheit gab es in Workshops und an Ständen im Ratssaal Gummersbach.
Seit vielen Jahren findet das Brustforum im Rathaus Gummersbach statt. In diesem Jahr nun wurde dies zum „1. Krebstag“ erweitert, an dem sich alle Organzentren der Kreiskrankenhäuser Gummersbach und Waldbröl, die im Tumorzentrum Oberberg an Krebs erkrankte Patienten behandeln, beteiligten. „Wir wollen“, so Dr. Stefan Brettner, Chefarzt der Onkologie und Hämatologie am Kreiskrankenhaus Waldbröl und Leiter des Tumorzentrums, „über Behandlungsmöglichkeiten aufklären, Mut machen und zum Austausch unter Betroffenen, Medizinern, Pflegekräften und Selbsthilfegruppen beitragen.“ Mut machte auch der Bergisch Gladbacher Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach (CDU).



Im Wahlkampf 1994 wurde bei ihm eine akute Herzmuskel-Entzündung diagnostiziert. Auslöser war eine verschleppte Grippe. Fast zufällig – nach dem Auswechseln der Batterie seines Herzschrittmachers – kam sein Arzt zum Befund: Prostatakrebs. Wolfgang Bosbach hatte zwei Möglichkeiten. Bestrahlung oder OP mit Entfernung des Übels. „Ich habe mich für die radikale Lösung entschieden – das Ding gehört nicht dahin, muss weg!“ Seine Erlebnisse danach schilderte er mit viel Humor, so habe er Ärzte gefragt: „Haben sie das schon mal gemacht und gab es Überlebende?“. Doch Operation und Bestrahlung haben nicht verhindert, dass der Prostatakrebs bereits in die Knochen gestreut hat. Der ersten Krebsoperation im Mai 2010 hat er sich noch weit weg vom Wahlkreis, in Hamburg, unterzogen. Als ihm klar wurde, dass er seinen Zustand nicht verheimlichen kann, drehte er den Spieß um – und erteilte Auskunft.

[Unter dem Thema "Über Mut und Humor" sprach Wolfgang Bosbach über seine Krebserkrankung und wie er damit umgeht.]

Ganz offensiv geht er der Ehemann und Vater von drei Töchtern mit seiner Krankheit um. Sich aus dem Politikbetrieb zurückziehen möchte er derzeit nicht. Er sei sehr schnell müde, aber seine Termine schaffe er, da er genau weiß, wie viel er sich zumuten kann. So kam er am Samstagmittag gerade von den Koalitionsverhand-lungen aus Nürnberg. Sein Arzt hat zu ihm gesagt: „Machen Sie das, was Sie am liebsten machen“, und solange er arbeitet und in Bewegung sei, gehe es ihm gut, sagt Bosbach. Zu Hause bleiben, das sei etwas, mit dem wohl niemand glücklich wäre – am wenigsten er selbst. Auf die Frage von Angela Altz, Pressesprecherin des Klinikum Oberberg, ob dies nicht eine Flucht vor der Krankheit sei, antwortete er sofort mit „Ja“ und er möchte sich selbst beweisen, was er noch könne. Bosbach ist so authentisch und ehrlich – sicher ein gutes Vorbild für viele, die in solch einer Lebenssituation sind, wo das Ende fast sichtbar ist. Was Glück für ihn sei, wollte Angela Altz von ihm wissen. „Meine Kinder sind ein sehr großes Glück“, antwortet er sichtlich gerührt.

Angela Altz nach dem Interview: „Ich bin beeindruckt über die Offenheit, mit der Wolfgang Bosbach über seine Erkrankung gesprochen hat.“ Der Bundestagsabgeordnete verriet zudem, dass er auch mehr auf ausgewogene Ernährung achte. Dazu hörten die 120 Gäste im Ratssaal Gummersbach zuvor auch einiges im Vortrag von Dr. med. Petra Voiß, aus der Klinik für Naturheilkunde des Brustzentrums Kliniken Essen Mitte. Sie sprach über „Komplementäre Therapiemöglichkeiten“. In Workshops erhielten die Gäste anschließend praktische Tipps zur Aromatherapie im täglichen pflegerischen Umgang, wie Portpflege einfach und sicher durchgeführt werden kann und konnten anhand von Modellen üben, wie mögliche Knoten in einer Brust ertastet werden. Eine Ärztin des Lungenzentrums am Klinikum Köln-Merheim zeigte Rauchern, wie sie sich den Nikotingenuss abgewöhnen können. Parallel gab es autogenes Training zum Mitmachen und eine Workshop, der über die Pflege eines künstlichen Darmausgangs informierte.


[Musikalisch begleiteten „Die Hohlkehlchen“ vom Verband der Kehlkopflosen die Veranstaltung im Ratssaal Gummersbach.]
  
Unter dem Motto „Patienten fragen – Ärzte antworten“ nahmen sich drei Chefärzte aus dem Tumorzentrum am Kreiskrankenhaus Gummersbach Zeit für die persönlichen Fragen der Besucher. Dr. Anja Weishap, Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe und Leiterin des Brustzentrums, Dr. Markus Sieber, Chefarzt der Onkologie und Hämatologie und stellvertretender Leiter des Tumorzentrums, sowie Dr. Holger Migdal, Chefarzt der Hals-Nasen- Ohrenheilkunde und Leiter des Kopf-Hals-Tumorzentrums, standen in Einzelgesprächen den Besuchern Rede und Antwort. Prof. Dr. August-Wilhelm Boedecker, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Oberberg, begrüßte diese Form der Begegnung für Krebskranke in Oberberg. Es sei wichtig, die Freiheit zu haben, die individuelle Therapie zu finden. Und er wünscht sich: „Dass jedem die Hilfe zuteil wird, die er braucht und erwartet.“
  
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