Bilder: privat --- Komplette Straßenzüge verschwinden im Wasser.
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Der Pegel sinkt, das Leid bleibt
Gummersbach Der 22-jährige Gummersbacher Johannes Diehl machte sich allein auf in Richtung Elbe, um den Flutopfern zu helfen Nun ist er zurück in Gummersbach, die gesammelten Eindrücke kann er aber kaum in Worte fassen.
Von Fenja JansenWenn die Pegelstände langsam sinken, werden nicht nur die Einsatzkräfte wie Bundeswehr oder Technisches Hilfswerk abgezogen. Auch die Kameras ziehen weiter, die Berichterstattung widmet sich anderen, neuen Themen. Dass das Leid der Menschen vor Ort aber nicht mit dem Wasserpegel sinkt, weiß der 22-jährige Gummersbacher Johannes Diehl zu berichten. Am vergangenen Samstag hat er sich aufgemacht in Richtung Elbe, um dort zu helfen, wo seine Hilfe dringend gebraucht wird trotz sinkender Pegel. Am vergangenen Montag ist er aus Barby, einer Stadt im Salzlandkreis in der Nähe von Magdeburg, zurückgekehrt. Noch immer überwältigt von den Eindrücken, konnte er von dem Leid, dass hier herrscht, aber auch von grenzenloser Solidarität, berichten.
[v. li. Johannes Diehl und Thomas Scheunemann.]
Die Bilder aus den Hochwassergebieten ließen bei Diehl den Entschluss reifen, vor Ort zu helfen. Via Facebook bat er um Spenden. Gleichzeitig hat er sich im Internet die Telefonnummer einer Stelle, die die Einsätze von freiwilligen Helfern koordiniert, besorgt und Kontakt aufgenommen. Schnell fiel immer wieder der Name der Stadt Barby hier wäre Hilfe dringend notwendig. So nahm der Gummersbacher Kontakt zu Thomas Scheunemann von der Stadtverwaltung Barby auf, der die Hilfseinsätze und die Verteilung von Spenden vor Ort organisiert. Von ihm erfuhr er, dass vor allem Hygieneartikel, Desinfektionsmittel und Haushaltsgeräte gebraucht wurden. Ich habe gefühlt über 100 Telefonate geführt. Viele Bürger sind auf mich zugekommen und haben gespendet. Zur Kreisverwaltung, zum Krankenhaus und zu einigen Apotheken habe ich selber Kontakt aufgenommen. Sie stellten größere Mengen an Desinfektionsmittel bereit. Schon aber tauchte das nächste Problem auf. Wie sollten die gesammelten Spenden nach Barby gebracht werden? Ich fahre einen Nissan Micra da hätte unmöglich alles reingepasst. Uwe Söhnchen von der alternativen Hauskrankenpflege, den ich privat gut kenne, hat mir daraufhin seinen Transporter zur Verfügung gestellt. Er hat ihn vollgetankt und mir kostenlos überlassen.
Um 4 Uhr am vergangenen Samstagmorgen machte sich Diehl auf den Weg aufgeregt und nervös. Zuvor hatte er sich im Baumarkt noch eine Schippe gekauft, um bei den Aufräumarbeiten helfen zu können. Doch als ich in Regenjacke und Gummistiefeln in Barby ankam, habe ich mich gefragt, wo denn das Hochwasser ist. Die Leute saßen in den Restaurants und Eiscafés, keine Spur von einer Katastrophe, schilderte Diehl seinen ersten Eindruck. Doch der täuschte. Nur ein paar Straßen weiter stand das Drückwasser meterhoch in den Wohnungen, Menschen, die gerade erst in ihre Wohnungen zurückkehren durften, versuchten ihre Möbel zu retten, der Gestank von verwesenden Tieren, die am Straßenrand lagen, war überwältigend. Weil viele Menschen alles verloren haben, musste die Verteilung und Ausgabe der Spenden zügig organisiert werden. Dabei half Diehl. Viele Menschen hatten nichts mehr und haben vor Dankbarkeit geweint, wenn man ihnen so etwas Einfaches wie ein Stück Seife schenkte.
[Vielen hat das Wasser nichts gelassen.]
Leid, Dankbarkeit und Solidarität gingen Hand in Hand in Barby. Die Leute waren gerührt, wenn sie hörten, dass ich aus Gummersbach gekommen bin, um zu helfen. Sie haben teilweise alles verloren und waren trotzdem herzlich und dankbar. Auch unter uns Helfern sind Freundschaften entstanden, insbesondere zu Scheunemann, den ich sehr bewundere, sagte Diehl. Auch wenn er bereits seit einigen Tagen zurück in Gummersbach ist, lassen ihn die gesammelten Eindrücke nicht los. Ich hätte nie gedacht, dass es dort so aussieht, wie es aussieht, zeigte er sich noch immer fassungslos. Die Einsatzkräfte jedoch wurden bereits aus Barby abgezogen. Ab kommenden Sonntag, wenn auch die letzten Helfer des THW Barby verlassen, ist die Stadt, in deren Nähe die Saale in die Elbe mündet, wieder sich selbst überlassen. Für die Flutopfer wäre es eine Katastrophe, wenn man ihr Leid wieder vergisst, nur weil es nicht mehr Thema in den Medien ist. Sie brauchen weiterhin unsere Hilfe. Das ist die Botschaft, die Diehl nun vermitteln möchte. Er will sich weiterhin um Spenden für Barby bemühen denn auch wenn die Kameras schon weitergereist sind, ist die Lage immer noch dramatisch. Davon konnte er sich vor Ort mit eigenen Augen überzeugen.
[Felder sind im Wasser versunken.]
Mehr Informationen zur Stadt Barby und der aktuellen Lage vor Ort: www.stadt-barby.de
Spendenkonto der Einheitsgemeinde Stadt Barby
Kontonummer: 201 013 398Bankleitzahl: 800 555 00Institut: SalzlandsparkasseVerwendungszweck: Hochwasserbetroffene Bürger Elbe-Saale-Winkel

