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Gästeschreck Nichtraucherschutz?

fj; 15. May 2013, 15:28 Uhr
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Gästeschreck Nichtraucherschutz?

fj; 15. May 2013, 15:28 Uhr
Oberberg – Seit dem 1. Mai gilt in gastronomischen Betrieben das verschärfte Nichtraucherschutzgesetz – Kneipen-, Hotel-, und Discoinhaber aus dem Oberbergischen ziehen ein erstes Fazit.
Von Fenja Jansen

Seit dem 1. Mai hat es sich in Nordrhein-Westfalen ausgequalmt. Mit dem verschärften Nichtraucherschutzgesetz gehören Raucherräume, Raucherclubs und Ausnahmen für Brauchtumsveranstaltungen der Vergangenheit an. Egal ob Zigarette, Zigarre, Pfeife, Shisha oder E-Zigarette – dort, wo den Raucher vier Wände umgeben und er ein Dach über dem Kopf hat, darf nicht mehr gequalmt werden. Ausnahmen gelten nur noch bei geschlossenen Gesellschaften wie Familienfeiern und Hochzeiten, ansonsten ist Rauchen in Kneipen, Discos und Festzelten tabu. Das Verbot bezieht sich allerdings nicht auf die Außengastronomie, also Terrassen oder Biergärten.

Mit 160 Sitzplätzen vorm Haus, die durch eine große Markise auch überdacht werden können, kann Andreas Linneboden das neue Gesetz darum locker sehen. „Wir sind draußen gut ausgestattet und werden es den Rauchern dort gemütlich machen“, so der Braumeister. Im Brauhaus seien die Gäste ab Anfang Mai ohne Aufforderung vor die Tür gegangen, davon, dass weniger Gäste kommen, habe man hier nichts gemerkt. „Natürlich ist es etwas ungemütlich, weil Gruppen dadurch, dass die Raucher sich immer mal wieder verabschieden, auseinander gerissen werden. Aber auch daran wird man sich sicherlich gewöhnen“, so Linneboden.

„Es ist noch zu früh, um seriöse Aussagen über einbrechende Gästezahlen zu machen“, sagte der Vorsitzende der oberbergischen Kreisgruppe des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), Oscar Koch. Sorgen um die typischen Raucherkneipen mache man sich im Verband natürlich trotzdem. Und auch darüber, dass die Reglementierung zu weit geht, sei man sich unter den Mitgliedern einig. „Dass in Speiselokalen nicht mehr geraucht werden darf, konnten alle akzeptieren, aber diese Einschränkung geht unserer Meinung nach zu weit. Auch die Gäste schütteln den Kopf – und zwar nicht nur die Raucher“, so Koch, der gemeinsam mit seiner Frau Marion das Wiehler Hotel zur Post führt.



Hier wurde bislang in einem separaten Raucherraum geraucht, auf den Zimmern, im Restaurant und im Foyer herrschte Rauchverbot. „Darum hat es hier nie nach Qualm gerochen, Nichtraucher wurden nicht belästigt“, so Marion Koch. Und: „Der rauchende Gast bleibt, wenn er rauchen kann, einfach länger, genießt einen Kaffee oder einen kleinen Absacker und dazu eine Zigarette“. Davon, dass es nun zu einem Umsatzrückgang kommt, geht sie aus. Darum suche man im Hotel zur Post jetzt nach einer Möglichkeit, den Rauchern im Freien ein Plätzchen zu schaffen. „Denn ob es für das Stadtbild so schön ist, wenn vor jedem gastronomischen Betrieb eine Horde Raucher steht, wage ich zu bezweifeln.“

Umsatzeinbußen befürchtet auch Annegret Stange, Inhaberin des Irish Pub „Grammophon“ in Gummersbach. „Die Kneipenkultur wird empfindlich gestört! Seit dem 1. Mai kommen weniger Gäste und bleiben auch nicht mehr so lange“, so Lange. Zwar hat sie einen Raucherbalkon eingerichtet, doch dies sei auch nicht die optimale Lösung. „Die Leute stapeln sich und was passiert, wenn es draußen wieder kälter wird?“, fragte sich Stange. Außerdem: Wer draußen steht, um zu rauchen, bestellt keine Getränke. Auch so entstünden Einbußen. Die Gäste selbst, fänden es schade, nicht mehr bei einem Bier und einer Zigarette gemütlich zusammen zu sitzen. „Und zwar nicht nur die Raucher. Auch die Nichtraucher hier empfinden das verschärfte Gesetz als Bevormundung, es stört einfach die Geselligkeit.“

Anders geht es auch Mona Aschoff, Betriebsleiterin der Discothek „Come In“ in Bergneustadt nicht. Rund 80 Prozent weniger Gäste als im Vorjahr fanden sich am Tag vor Christi Himmelfahrt hier ein. Und auch an Abenden, in denen Getränkeangebote vor dem 1. Mai regelmäßig für ein volles Haus sorgten, sah es bislang nicht anders aus. Ein zusätzliches Problem für Discotheken: Durch das „Rein und Raus“ der Raucher kommt nur schwer Stimmung auf, egal welche Mühe sich der DJ gibt. „Dieser Schuss wird nach hinten losgehen!“, so Aschoff.

Auch ein Taxifahrer, der am vergangenen Wochenende im Raum Gummersbach unterwegs war, beschwerte sich: „Wir merken ganz deutlich, dass plötzlich weniger Leute ausgehen. Man kann nur hoffen, dass sich die Leute an das neue Gesetz gewöhnen, sonst drohen auch uns Umsatzeinbußen.“  

In Gummersbach werden sich die Kontrollen des Ordnungsamts laut Siegried Frank, Sprecher der Stadt, aufgrund des verschärften Nichtrauchergesetzes nicht verändern. „Wir können das Personal nicht aufstocken, es wird weiter stichprobenartig kontrolliert.“ Und auf Beschwerden, die von Bürgern kommen, werde natürlich auch reagiert. Bislang habe es aber seinem Wissen nach noch keine Meldungen gegeben. „Ich gehe auch mal stark davon aus, dass die Blockwart-Mentalität hier nicht sehr ausgeprägt ist“, so Frank.
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