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Zwischenruf: Ausgerutscht im Klima-Porzellanladen

bv; 12. Apr 2013, 14:39 Uhr
Bilder: Martin Hütt --- Mit Unterstützung der Kreissparkasse und des Klinikums Oberberg fand der Empfang im Kongresszentrum der Klinik Marienheide statt.
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Zwischenruf: Ausgerutscht im Klima-Porzellanladen

bv; 12. Apr 2013, 14:39 Uhr
Marienheide – Die Festrede anlässlich des Marienheider Jahresempfangs entpuppte sich als Realsatire.
Von Bernd Vorländer

Der Frühjahrsempfang für die heimische Wirtschaft hat schon Tradition in Marienheide. Er dient den Vertretern des öffentlichen Lebens, Vereinen und Institutionen, Politikern und Unternehmern als Plattform eines ungezwungenen Gedankenaustauschs. Und selbstverständlich gibt es vor einem Imbiss und Umtrunk eine Festrede über ein aktuelles Thema. In der Vergangenheit referierten bereits Minister, Regierungspräsidenten und Direktoren – und blickten über den Tellerrand. Doch diesmal sollte alles anders sein.


[Referent Dr. Peter Queitsch versuchte die Chancen der neuen Umweltgesetzgebung den Gästen näherzubringen.]

Marienheides Bürgermeister Uwe Töpfer hatte zu Beginn der Veranstaltung nach zwei Musikstücken der Brass-Band der Gesamtschule noch scherzhaft eingeworfen, er habe in der Vergangenheit schon Veranstaltungen erlebt, bei denen die Musik eindeutig den besten Programmpunkt dargestellt habe. Dass sein Bonmot durch die Realität bestätigt werden sollte, konnte der Rathauschef allerdings nicht ahnen.

Dr. Peter Queitsch aus der Führungsebene des nordrhein-westfälischen Städte und Gemeindebundes bat dann um Gehör. Die Chancen für Unternehmen und Kommunen aus dem Klimaschutzgesetz NRW zu erörtern, hatte sich der Gast zum Ziel gesetzt. Indes – es blieb beim Versuch. Nach einem durchaus erwartungsvollen Start des Referats mit einer visuellen Darstellung der Klimaveränderung auch in NRW arbeitete der Mann die mit einem Beamer an die Wand geworfenen und in schönstem Beamtendeutsch verfassten Spiegelstriche gnadenlos ab. Binsenweisheiten wurden aneinandergereiht, als ob Marienheide nicht im Oberbergischen, sondern kurz vor dem Ural liegen würde. Mit dem Stand-by technischer Geräte wird Energie verschwendet, die Optimierung von Heizungsanlagen schützt die Umwelt, Energiesparberatung schont den Geldbeutel – wer hätte dies alles gedacht?


Die Kanalisation der Kommunen müsse in Anbetracht vermehrter Starkregenereignisse untersucht und die Renaturierung begradigter Flüsse und Bäche zum Ziel erklärt werden. Sieh mal einer an – gut, dass das angesprochen wurde. Das wusste im Marienheider Rathaus bislang sicherlich noch niemand.

Doch der unstrukturierte Sturmlauf durch den Klima-Porzellanladen ging weiter. Man müsse jetzt nicht jeden Tag zu einem Burger-Anbieter gehen, „um Kühe zu vernichten“, nur weil im Gesetz vermerkt sei, dass auch Rindviecher treibhausgas-relevant seien. Schonungslose Wahrheiten offen ausgesprochen – indes das Gemurmel unter den Gästen nahm merklich zu. Schließlich noch der Verweis des Referenten auf „sektorale Denkprozesse“, die nötig seien. Da gab es nichts zu widersprechen.

Fragen aus dem Publikum blieben aus – das Thema war erschöpfend abgearbeitet und alle Gäste mehr oder weniger erschöpft. Ein Imbiss, Getränke und das Wissen, dass es im kommenden Jahr den 15. Jahresempfang gibt, belohnten die „Überlebenden“. Die hatten aber zuvor noch die große Spende der Gesamtschule Marienheide an die Bürgerstiftung mit großem Applaus bedacht.
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