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'Blut, Schweiß und fast auch Tränen'

fj; 14. Nov 2012, 16:07 Uhr
Bild: Fenja Jansen, privat (2) --- (v. li.) Helga Lüngen und Carsten Freitag von der Hannelore Kohl Stiftung mit Mechthild Glunz und Karl Heinz Andree von PIW im neuen Aufzug.
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'Blut, Schweiß und fast auch Tränen'

fj; 14. Nov 2012, 16:07 Uhr
Bergneustadt – Heute nahm der Verein „Patienten im Wachkoma“ seinen Fahrstuhl offiziell in Betrieb – Erst durch ihn ist es nun nach langer Verzögerung möglich, die komatösen Patienten gefahrlos in die hauseigenen Therapieräume zu bringen.
Von Fenja Jansen

 Am 7. Januar zog der Verein „Patienten im Wachkoma“ (PIW) in sein neues, größeres Domizil im Bergneustädter Stadtteil Neuenothe. Ein Aufzug, mit dem die Patienten sicher in ihren Rollstühlen vom Wohn- in den Therapiebereich gebracht werden können, wurde bei der „ZNS – Hannelore Kohl Stiftung für Verletzte mit Schäden des Zentralen Nervensystems“ beantragt und schnell bewilligt. Dann jedoch verzögerte sich der Einbau – um ganze sechs Monate. Erst als einer anderen Firma der Auftrag erteilt wurde, ging es endlich voran. „Das hat uns Blut, Schweiß und fast Tränen gekostet“, erinnerte sich die Vereinsvorsitzende Mechthild Glunz bei der heutigen offiziellen Inbetriebnahme des Fahrstuhls an diese schwere Zeit, in der der Hausmeister die Patienten in ihren Betten mühsam um das Haus herum schieben musste, damit sie die verschiedenen Etagen erreichen konnten.


[Mit dem neuen Fahrstuhl ist das Gebäude barrierefrei und Rollstühle oder Betten können gefahrlos transportiert werden, wie Helga Lüngen  von der Hannelore Kohl Stiftung hier demonstriert.]

„Durch diese Verzögerung schätzen wir unseren Aufzug noch viel mehr“, bedankte sich Glunz heute bei der Geschäftsführerin der Hannelore Kohl Stiftung Helga Lüngen. Zwar tat man in dieser schweren Zeit, was man kann, so PIW- Geschäftsführer Karl Heinz Andree, blieb aber dennoch hinter seinen Möglichkeiten zurück. Bei schlechter Witterung war selbst der Weg entlang der steilen Einfahrt, die um das Haus führt, unpassierbar. „Für die Angehörigen unserer Patienten war es furchtbar zu wissen, dass wir eigentlich mehr tun könnten. Und natürlich war diese Situation in erster Linie für unsere Patienten schrecklich.“ Nun können die Patienten im Wachkoma sicher von ihren Zimmern in der mittleren Etage des Hauses in die Therapie-Räume im unteren Geschoß gebracht werden, von wo aus sie auch die große Sonnenterasse erreichen.


Ein Umstand, den der Verein der Hannelore Kohl Stiftung verdankt, die den
48.000 Euro teuren Fahrstuhl komplett finanzierte. „Bei der außergewöhnlichen Arbeit, die hier geleistet wird, mussten wir da nicht lange überlegen“, erklärte die Geschäftsführerin der Stiftung Helga Lüngen deren Engagement für den Bergneustädter Verein. Die 1983 von Hannelore Kohl gegründete Stiftung setzt sich für Menschen mit Schäden am zentralen Nervensystem ein. Bis Ende 2011 wurden durch die Stiftung 28,4 Millionen Euro für 614 Projekte an Kliniken, Institutionen und Rehabilitationseinrichtungen in Deutschland weitergegeben. Darunter auch der Verein „Patienten im Wachkoma“.  

PIW hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen im Wachkoma und deren Angehörige in allen Belangen zu unterstützen. Dazu setzt er auf einen Mix verschiedener Bausteine wie Pflege, Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie und nicht zuletzt eine enge Zusammenarbeit mit den Angehörigen. Dadurch, dass auch sie im Haus untergebracht werden können, haben sie die Möglichkeit, ihr Familienmitglied selber zu pflegen und ihm nah zu sein. Auch alternative Behandlungsmethoden wie die Klang- und Lichttherapie im warmen Wasser gehören zum Konzept. „Wir setzen dort an, wo die Schulmedizin einen Patienten für austherapiert erklärt“, erklärte Andree. Laut Angaben des Vereins können 95 Prozent der Patienten, die durch PIW therapiert wurden, wieder in die häusliche Pflege entlassen werden. Dank eines Konzepts, dass bundesweit einmalig sei und getreu dem hauseigenen Motto: "Wir sind kein Heim, wir holen sie heim!“  
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