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„Ich bin eine Ruhrgebietspflanze“

bv; 18. Apr 2012, 13:39 Uhr
Bilder: Bernd Vorländer --- Wahlkampf mit der Regierungschefin: Hannelore Kraft unterstützte die regionalen SPD-Landtagskandidaten Dr. Roland Adelmann, Thorsten Konzelmann und Helene Hammelrath (v. li.).
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„Ich bin eine Ruhrgebietspflanze“

bv; 18. Apr 2012, 13:39 Uhr
Engelskirchen – SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft besuchte Oberberg und sprach in Engelskirchen – Sozialdemokraten optimistisch für Landtagswahl am 13. Mai.
Von Bernd Vorländer

Da sage noch mal einer, prominente Politiker würden nur in großen Hallen und auf Marktplätzen in Städten ihre Visitenkarte im Wahlkampf abgeben. Die NRW-Ministerpräsidentin sieht dies offenbar anders und war nach Engelskirchen geeilt – genauer gesagt in die tiefste Provinz, ins Dorfgemeinschaftshaus nach Buschhausen. Dort präsentierte sich eine aufgeräumte Regierungschefin, die sichtlich Spaß daran fand, in einem völlig überfüllten Saal ihre Sicht auf die politischen Notwendigkeiten und Erfordernisse zu präsentieren. Hannelore Kraft erweckt zumindest den Eindruck, dass sie im Politikbetrieb noch geerdet ist. Sie selbst nimmt sich regelmäßig die Zeit, um aus ihrem Regierungsamt quasi zu flüchten, um vor Ort nahe bei den Menschen deren Sorgen und Nöte kennen zu lernen. So durfte sie unlängst auf einem Bauernhof Kühe melken und in einer Arztpraxis Blut abnehmen. „Und jedesmal habe ich etwas gelernt und meine Erfahrungen sind unmittelbar in Regierungshandeln eingeflossen“, berichtet die SPD-Politikerin.


[Kämpferisch präsentierte sich die Ministerpräsidentin im Oberbergischen.]

Die Distanz der Politiker zu den Menschen zu verringern, hat sie sich zur Aufgabe gemacht. Und macht auf ihrer Wahlkampftour nur dort Station, wo SPD-Kandidaten mit ähnlicher Verve sich einen Tag für neue Aufgaben und Tätigkeiten öffnen. So hatten die SPD-Landtagskandidaten Dr. Roland Adelmann, Helene Hammelrath und Thorsten Konzelmann in unterschiedlichen sozialen Einrichtungen gearbeitet und berichteten in einer Talkrunde über ihre Erfahrungen. „Menschen einfach mal nur die Hand zu halten, sie zu füttern, ihnen zuzuhören, das sind Erfahrungen, die ungemein prägend sind“, so Roland Adelmann.

Nach dem Warm Up mit den Kandidaten der Region lud dann die Ministerpräsidentin zu einem Spaziergang durch die unterschiedlichen Politikfelder – und machte dabei deutlich, warum viele Sozialdemokraten mit Zuversicht auf den Wahltermin am 13. Mai schauen. Kraft ist Politikerin, aber sie spricht die Sprache der Menschen, immer mit einem leichten Akzent und wenn sie dann bekennt „Ich bin eine Ruhrgebietspflanze“, jubiliert das sozialdemokratische Zuhörerherz. So wirbt Kraft für eine starke, intensive Familienpolitik, damit Kommunen in NRW nicht jedes Jahr 1,2 Milliarden Euro dafür aufwenden müssten, Kinder aus Familien herauszuholen. Die SPD-Frau ist sicher, dass man den Rechtsanspruch für einen U3-Kitaplatz schaffen wird und will von einem Betreuungsgeld der schwarz-gelben Bundesregierung nichts wissen. „So einen Unsinn darf es nicht geben.“


Reiche sollen mehr Steuern zahlen, so ihr Credo, das natürlich im Saal gut ankommt. Und die Zuneigung der finanziell leidgeprüften Vertreter der Kommunen sicherte sich die Regierungschefin auch noch. Die Unterstützung von Städten und Gemeinden „muss nach Bedürftigkeit gehen und nicht nach Himmelsrichtung oder politische Couleur“.  Kraft sagt es zwar nicht mehr so dezidiert, aber jeder versteht ihre Intention. Jetzt ist mal der Westen des Landes dran, „denn erst haben wir den Süden des Landes finanziert, sonst wäre Bayern heute noch Agrarland, und im Anschluss den Osten“. Da kommt Stimmung auf in Engelskirchen-Buschhausen. Nach zwei Stunden ist das Abenteuer Provinz auch für die Ministerpräsidentin vorüber.
  
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