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17 Sommerabende aus Licht und Musik

vma; 4. Aug 2001, 18:35 Uhr
Oberberg Aktuell
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17 Sommerabende aus Licht und Musik

vma; 4. Aug 2001, 18:35 Uhr
(vma/4.8.2001-18:30) Von Vera Marzinski
Waldbröl - "Ornaments of light and sound" – Bild- und Tonsequenzen - erwartet die Besucher der evangelischen Kirche in Waldbröl jeden Abend von 20 bis 24 Uhr noch bis zum 17. August.
[Bilder: Oliver Mengedoht --- "Ornaments of light and sound" in der evangelischen Kirche.]



Entspanntes Zusehen und Zuhören versprechen die Akteure der Abende – Judith Pfeifer, Stefan Heidtmann, Klaus Kugel und Roger Hanschel - den Gästen. Am 1. August startete das Projekt, das 17 Sommerabende lang stattfinden wird. Avantgardistische Jazzelemente kreieren die drei Musiker zu einer experimentellen Filmmusik zu den Videoeinspielungen. Bei der Akustik in der Kirche nehmen die Klänge den ganzen Raum ein und entfalten so ein ganz spezielles Hörerlebnis. Ab 21 Uhr werden die Filmeinheiten von jeweils 20 bis 25 Minuten eingespielt, die Sequenzen aus der Kirche oder den Instrumenten der Musiker, aber auch Wolkenformationen und Wasser zeigen.



Die Projektionen haben bei diesem Projekt die primäre Funktion und werden von der Musik sozusagen gestützt. Die Klänge von Keyboard, Perkussion und Saxophon sind teils absolut atonal, teils sehr harmonisch. Immer finden die Musiker zu einer schöpferischen Basis zurück und entwickeln immer wieder neue Musik-Ornamente.

[Stefan Heidtmann, Klaus Kugel und Roger Hanschel boten avantgardistische Jazz-Klänge.]



Auch das Sonnenlicht malt Ornamente an die Wände der Kirche. So schien am ersten Tag der Projektabende die Sonne durch die Kirchenfenster auf das Kreuz über den Altarraum und projizierte Ornamente auf die seitliche Wand dahinter. In dieses visuelle Erlebnis ein Glockenklingen wie es bei Messdienern üblich ist von Klaus Kugel, Roger Hanschel flüstert mit seinem Saxophon dazu. Welche Geschichte erzählt Stefan Heidtmann mit dem Keyboard, das plötzlich wie eine Kirchenorgel mit unzähligen Orgelpfeifen klingt? Klangliche Fragmente fügen sich zusammen zu einem ganz individuellen Ornament: Mit den Tönen durch Raum und Zeit fliegen und sich in den dazu gehörigen Lichteffekten der Videofilme von Judith Pfeifer verlieren.

[Welche Geschichte erzählt Stefan Heidtmann mit dem Keyboard?]



Klanglich mache er sich vor den Abenden ein paar Gedanken, so Stefan Heidtmann, aber wie die Musiker dann aufeinander reagieren sei völlig frei und es entstehe jeden Abend wieder etwas Neues - inspiriert durch die projizierten Bilder, durch die Stimmung und das Spiel der anderen Musiker. Der Aufwand für solch ein Projekt lohne sich nur über eine längere Zeit, wie beispielsweise in Waldbröl über 17 Tage, erklärt Heidtmann. Waldbröl habe eine aufgeschlossene Kirchengemeinde, die das Konzept gut fand und den Raum bzw. die Kirche zur Verfügung stellte. Gerne würden sie auch in anderen Räumlichkeiten ähnliche Projekte durchführen.

[Roger Hanschel am Sax (linkes Bild) mit dem Gastbassisten.]



Vater des Gedankens, solch ein Projekt durchzuführen, war Klaus Kugel. Er kannte Judith Pfeifer und auch die Räumlichkeiten. So entstand die Planung zu der Stefan Heidtmann dazugenommen wurde. Komplettiert wurde das Ganze dann durch Roger Hanschel und mit dem Einsatz seines Saxophons. Zwar ist die Besucherzahl nicht sehr hoch, aber es entstehe eine Art Durchgangsverkehr, so Heidtmann, denn die Gäste müssten ja nicht die kompletten vier Stunden anwesend sein. Aber es ist für den Besucher spannend, was so passiert – denn die Künstler wissen es selbst nicht so konkret: "Es können viele Sachen passieren, da sich immer wieder Neues entwickelt", so Heidtmann.



Judith Pfeifer stammt aus München. Die 32-jährige studierte Performance Choreographie und Film in Braunschweig, der Fine Arts Faculty Vadodara (Indien) und dem San Francisco Art Institute. 1999 erhielt sie das Graduiertenstipendium der HBK Braunschweig und 2001 das Dorothea Erxleben Stipendium des Landes Niedersachsen. Judith Pfeifer lebt und arbeitet in Hannover und Köln. 2001 konzipierte sie den Berlinale-Beitrag "Steadystate".

[Beeindruckender Raum für die vier Musiker.]



Stefan Heidtmann ist nicht nur im Oberbergischen bekannt. Der Bergneustädter absolvierte sein Klavierstudium (Klassik) an der Musikhochschule Köln mit dem Abschluss "Künstlerische Reifeprüfung", seitdem Spezialisierung auf neue Kammermusik und kammermusikalischen Jazz Komposition von Bühnen- und Theatermusiken. Seit einem Jahrzehnt existiert bereits die Duoarbeit mit dem Aachener Saxofonisten und Komponisten Heribert Leuchter. Desweiteren das Stefan Heidtmann Quartett (zusammen mit George Tjong-Ayong, André Nendza und Gerd Breuer) sowie weitere Projekte mit Martin Gjakonvski, Claudius Valk, Bernt Laukamp, Gerd Dudek, Reiner Winterschladen, Vitold Rek und Klaus Kugel im Stefan Heidtmann Project - mit dieser Formation ist 2002 eine Teilnahme am internationalen Jazz-Festival in Mexico City in Vorbereitung.



Von 1981 - 1987 studierte Roger Hanschel Saxophon an der Musikhochschule in Köln und war 1981 Mitglied des European Youth Orchestra. Seit 1987 ist Roger Hanschel Mitglied in der "Kölner Saxophon Mafia". Außerdem spielt und komponiert er in verschiedenen anderen Gruppen wie "Blau Frontal" und "Planet Blow". Mit der Sängerin Gabriele Hasler vertonte er 1995 Texte von Gertrude Stein und bildet seitdem ein festes Duo mit ihr – die beiden waren auch bei den Wiehler Jazztagen 2000 zu sehen und zu hören. Im Januar 1998 realisierte er seine Musik für Saxophon und Streichquartett mit dem Titel "years of the fifth period".

[Vater des Gedankens für das Projekt war Klaus Kugel, der das Becken auch schon mal mit einem Bogen "streichelte".]



Klaus Kugel ist festes Mitglied im Theo Jörgensmann Quartett (zusammen mit Christopher Dell und Christian Ramond). Außerdem machte er durch Projekte mit Karl Berger, Charlie Mariano, Kent Carter, John Tchicai, dem litauischen Saxofonisten Petras Vysniauskas, dem russischen Pianisten-Urgestein Wjatscheslav Ganelin und seine Zusammenarbeit mit Michel Pilz von sich reden. Außerdem erarbeitete er Projekte mit Albrecht Maurer und bei "Viocall".



Die 17 Sommerabende aus Licht und Musik in der evangelischen Kirche sind noch bis zum 17. August täglich von 20 bis 24 Uhr zu erleben. Der Eintritt ist frei.

[Filmeinheiten zeigen Sequenzen aus der Kirche oder den Instrumenten der Musiker, aber auch Wolkenformationen und Wasser .]

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