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„Damit so etwas nie wieder in die Köpfe kommt“

jp; 22. Mar 2011, 15:53 Uhr
Bilder: Julian Peuster, OBK (2,3) --- Brygida Czekanowska (links).
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„Damit so etwas nie wieder in die Köpfe kommt“

jp; 22. Mar 2011, 15:53 Uhr
Oberberg – Überlebende des Holocaust berichteten gestern und heute an Schulen im Oberbergischen Kreis über ihre Erlebnisse.
Von Julian Peuster

Gestern und heute waren Zeitzeugen des Holocaust an zwei Schulen im Kreisgebiet zu Gast. Die Schüler der Klassen 9 und 10 der Förderschule des Oberbergischen Kreises in Vollmerhausen und die Schüler der Klassen 10 bis 12 des Engelbert-von-Berg-Gymnasiums in Wipperfürth konnten von Zeitzeugen erfahren, welche Gräuelherrschaft während der Zeit des Nationalsozialismus herrschte.


[Brygida Czekanowska zeigte ihre Lagernummer, die an der Kleidung befestigt  war.]

Die Schüler der Förderschule hatten sich im Vorfeld der gestrigen Veranstaltung in einem einwöchigen Projekt mit den Ereignissen in der Zeit des Nazi-Regimes befasst. Geschichtslehrerin Melanie Jung und Referendar Jens Thater setzten sich mit den Schülern über die Greueltaten jener Zeit auseinander. Der Schulleiter der Schule, Hans-Georg Bever, ist froh, dass das Projekt an seiner Schule derart intensiv und erfolgreich besprochen werden konnte. Lehrer Friedo Brewing hatte den Kontakt zu den Zeitzeugen über das Maximilian-Kolbe-Werk hergestellt.

Brygida Czekanowska und Karol Gdanietz aus Polen berichteten, wie sie als Kinder und Jugendliche ihre Zeit in Konzentrations- und Arbeitslagern sowie Rüstungsbetrieben verbrachten. Von der Odyssee der heute 82-jährigen Danzigerin Czekanowska zeigten sich die 15- bis 16-Jährigen sichtlich schockiert. Die alte Dame schilderte ruhig, wie sie und ihre Familie von deutschen Soldaten 1944 aus Warschau vertrieben wurden. Von Vater und Bruder getrennt, wurde die damals 15-Jährige mit ihrer Mutter nach Buchenwald, Bergen-Belsen und schließlich ins Konzentrationslager Ravensburg verschleppt, wo sich fast ausschließlich Frauen aufhielten.

Nach dem einstündigen Bericht brannten die Jugendlichen darauf, sich auszutauschen. "Wie kann man so herzlos sein? Ohne Grund so zu bestrafen?", fragte der 15-jährige Laurin. "Diese Unmenschlichkeit ist nicht nachvollziehbar!", bestätigte sein Klassenkamerad Kevin.


[Karol Gdanietz berichtete von seinen Erlebnissen als Jugendlicher in  Nazi-Deutschland.]

Auch die Schüler des Wipperfürther Gymnasiums lauschten still und voller Konzentration Brygida Czekanowskas Ausführungen. Gdanietz nahm an dem heutigen Termin nicht teil. Die Danzigerin  berichtete von Todesangst und unmenschlicher Schikane, davon, wie sie in einem Viehwagen per Eisenbahn in die Konzentrationslager deportiert wurde. Doch die Frau hatte Glück im Unglück. Dadurch, dass sie im Kindesalter bereits Deutsch gelernt hatte, wurde ihr nach drei Wochen in der Baracke eine Arbeit in einer Fabrik zugewiesen. Hier musste sie Anleitungen lesen und Produkte kontrollieren. Die Tatsache, dass sie stets mit ihrer Mutter, die aufgrund ihrer Deutsch- und Polnischkenntnisse als Dolmetscherin fungieren sollte, zusammen war, half ihr zudem, die Strapazen durchzustehen.

"Nach dem Krieg über das Schlimme, was passiert ist, zu sprechen, war trotzdem nicht leicht", so Czekanowska. Sowohl sie als auch Karol Gdanietz sind in einem Verein aktiv, der regelmäßige Treffen der Zeitzeugen organisiert. "Erst seit elf Jahren, seit wir Kontakt zum Maximilian-Kolbe-Werk haben, spreche ich über diese Zeit", erklärte die Danzigerin. "Es ist wichtig, damit nie wieder so etwas in die Köpfe kommt".
  
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