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Rote Socken unterm schwarzen Kittel

Red; 26. Nov 2010, 13:34 Uhr
Oberberg Aktuell
Bild: privat --- Ökumenische Vielfalt spiegelt sich auch in der Kollage im Innenraum der Kirche, an der sich viele Gruppen beteiligt haben.
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Rote Socken unterm schwarzen Kittel

Red; 26. Nov 2010, 13:34 Uhr
Wipperfürth - Peter Hennecke wird nach 32 Jahren als Pfarrer der Kirche am Markt verabschiedet.
„Ich habe es immer etwas schwer gehabt, den Talar zu tragen. Ich kann mir Jesus einfach nicht im Talar vorstellen“, meint Peter Hennecke im Blick auf die vorgeschriebene Dienstkleidung für Pfarrer. Getragen hat er sie dennoch – 32 Jahre lang. Jetzt zieht er die „Amtstracht “ aus, die ihm nie so recht gepasst hat und die er dennoch auf seine ganz Art ausgefüllt hat. Am vierten Advent wird Pfarrer Peter Hennecke im Gottesdienst aus seinem über dreißigjährigen Dienst in der „Kirche am Markt“ verabschiedet. Auch auf Kirchenkreisebene hat er sich etliche Jahre u.a. als Mitglied des Kreissynodalvorstands engagiert. Sein Entschluss, mit 60 in den Ruhestand zu gehen, hat keineswegs mit Amts(trachts)müdigkeit zu tun, sondern mit dem Wunsch, für junge Theologen Platz zu machen.




Als bunter Kontrapunkt zum schwarzen „Dienstkittel“ wurden die roten Socken so etwas wie das Markenzeichen des Pfarrers. „Der Glaube hat doch etwas mit Farbe und Buntheit und Schöpfung zu tun“, meint er. Von der Farbe der Socken auf die politische Gesinnung zu schließen, läge nahe - ist aber zu kurz  gedacht. Denn schließlich gehören Karl Barth und Walter Kreck zu Henneckes theologischen Lehrern. Kennen- und schätzen gelernt hatte er sie während seines Theologiestudiums in Wuppertal und Bonn in den unruhigen nachachtundsechszige Jahren. Für seine Predigten holte er sich denn auch gelegentlich „Anleihen bei Helmut Gollwitzer, Dorothee Sölle, Ernesto Cardenal, ... die die Gemeinden aufforderten sich für diese Welt einzusetzen“, erinnert sich der langjährige Presbyter Hartmut Köbnik. Hennecke mag sich dennoch nicht auf eine politische Richtung festlegen lassen. Fest steht für ihn allerdings: „Christsein ist immer ein Christsein in der Welt. Den Glauben nur für sich zu leben, das ist mir zu wenig.“

Und so hat Hennecke gern als Pfarrer in der evangelischen „Kirche am Markt“ gearbeitet und gelebt. „Kirche am Markt" sein, das hieß und heißt für ihn: Kirche mischt sich ein und meldet sich in Wort und Tat Wohl der Menschen Wort zu Wort. „Kirche am Markt sein“, das ist heute Leitbild der Gemeinde.  Ohne theologisches Ringen ging es aber keineswegs ab. Nicht unumstritten war etwa die Entscheidung, die er als junger Pfarrer gemeinsam mit seiner Frau Erika vertrat, ihre vier Kinder nicht als Säuglinge taufen zu lassen. „Theologisch spricht einiges für die Erwachsenentaufe“, meint Hennecke bis heute. Das sei für einige Gemeindemitglieder schwer auszuhalten gewesen, erinnert er sich.

Dass Erika und Peter Hennecke ein offenes Pfarrhaus führten, stieß dagegen auf ungeteilt positives Echo. Der Pfarrgarten wurde zum Treffpunkt vieler Ehrenamtlicher .Schon vor einiger Zeit ist das Ehepaar Hennecke in ein eigenes Haus in der Nähe umgezogen. Das alte Pfarrhaus soll dem Neubau des Kindergartens weichen. Henneckes Grundgefühl beim Abschied ist das der Dankbarkeit: „Ich habe hier wachsen dürfen wir haben und Heimat gefunden. Es gab viele Möglichkeiten, Neues zu entwickeln“. Dankbar ist er auch für die lebendigen ökumenischen Beziehungen, die in zurückliegenden Jahrzehnten entstanden sind.

Als er und seine Frau Erika, die genau wie er aus dem Ruhrgebiet stammt, 1978 nach Wipperfürth kamen, mussten sie sich  erst einmal umstellen. „Im Ruhrgebiet spielt es keine Rolle, ob man evangelisch oder katholisch ist.“ Das war in Wipperfürth, das mehrheitlich katholisch ist, anders. Heute erlebt Hennecke es als Bereicherung, über den eigenen Kirchturm hinauszuschauen und Menschen anderer Konfession zu begegnen. Und so ist er dankbar für die entstandenen ökumenischen Projekte: Den Mittagstisch, das Arbeitslosenprojekt Möbellager, den Weltladen und das gemeinsame Engagement für die Unterbringung von Flüchtlingen in den 90er Jahren. Hennecke wird auch weiterhin Vorsitzender der Ökumene Wipperfürth sein. Erika Hennecke praktiziert weiterhin als Ärztin.
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