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Operation gelungen, Patient schmerzfrei

db; 14. Oct 2010, 16:51 Uhr
Bilder: Daniel Beer --- Dr. Reinhard Keiser hält stolz das Zertifikat. Er und Sabine Cassel (links daneben) leiten das Projekt 'Schmerzfreies Krankenhaus'.
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Operation gelungen, Patient schmerzfrei

db; 14. Oct 2010, 16:51 Uhr
Engelskirchen – Das St. Josef Krankenhaus Engelskirchen und das Herz-Jesu-Krankenhaus Lindlar haben das Zertifikat „Schmerzfreies Krankenhaus“ erhalten.
Von Daniel Beer

Obwohl es der Name suggeriert, konnte Dr. Reinhard Keiser - leitender Anästhesist - nicht versprechen, dass die Patienten nie mehr Schmerzen verspüren werden. Die Patienten im St. Josef Krankenhaus Engelskirchen und im Herz-Jesu-Krankenhaus Lindlar können sich dennoch auf einen deutlich angenehmeren Aufenthalt einstellen. Beide Häuser stehen unter der Leitung der Katholischen Kliniken Oberberg und sämtliche Abteilungen haben die Zertifizierung der Gesellschaft painCert zum „Schmerzfreien Krankenhaus“ erfolgreich absolviert. „ Wir sind seit Jahren in Engelskirchen bemüht, bei größeren Eingriffen Schmerzkatheter-Techniken bei den Patienten zu etablieren. Dann haben wir uns überlegt, warum sollten nicht alle anderen Patienten von dieser Methode profitieren“, erklärte Dr. Keiser die Idee hinter dem neuen Konzept.

Bei einem Schmerzkatheter werden die Nerven an bestimmten Stellen durch die kontinuierliche Zufuhr von Schmerzmitteln blockiert. Jetzt bekommen alle Patienten ein bis zwei Tage nach der Einlieferung beziehungsweise einer Operation in bestimmten Zeitabständen Schmerzmittel verabreicht, um ihnen die Schmerzen von vornherein zu nehmen.  Früher geschah dies laut Keiser eher „auf Zuruf“, also wenn der Patient bereits unter Schmerzen litt.      
  
Zur Umsetzung des Konzepts mussten zunächst klare Strukturen erarbeitet und Richtlinien vorgegeben werden. Das Personal wurde durch gezielte Schulungen auf die neue Arbeitsweise vorbereitet. Jeder Patient bekommt die Vorgehensweise nach seiner Aufnahme erläutert. Sollten dennoch weitere Fragen entstehen, nimmt sich Schwester Anna Böhm in ihrer „Schmerzsprechstunde“ genügend Zeit. Mitarbeiter können sich ebenfalls vertrauensvoll an sie wenden. Die Pflege sei so auch unabhängiger geworden, da die Schwestern zum Beispiel nicht wie früher den Stationsarzt rufen müssten, wenn ein Patient mehr Schmerzmittel benötige. 

Das Zertifikat ist für die Verantwortlichen nur das i-Tüpfelchen, wichtig sei, dass die Patienten in diesem Bereich gut versorgt sind. „Das, was der Patient auf keinen Fall haben will, sind Schmerzen“, so Sabine Cassel, Qualitätsmanagementbeauftragte und Projektleiterin. Beatrix Sock, Abteilungsleiterin Physiotherapie, merkt bereits Unterschiede bei ihrer täglichen Arbeit. „Wir können den Patienten viel schneller wieder in den Alltagsprozess mit einbringen. Es ist eine absolute Erleichterung, dass wir sie so gut versorgt vorfinden“. Insgesamt kämen die Patienten ihrem Behandlungsziel so viel schneller näher.

Dr. Holger Frackenpohl erklärte, dass auch die nicht medikamentöse Schmerztherapie mit in den Fokus gerückt sei und die Behandlung mit Medikamenten ergänze. Das Pflegepersonal wendet von Akupunktur bis zur klassischen Eiskühlung weitere Methoden an, um Schmerzen zu reduzieren.


[Patientin Maria Jochum fühlt sich nach ihrer Operation "pudelwohl".]

Was sich in der Theorie gut anhört, scheint auch in der Praxis zu funktionieren. Maria Jochum musste sich erst gestern einer schweren Operation unterziehen. Heute konnte die 74-Jährige bereits wieder fröhlich über ihr Wohlbefinden berichten: „Ich wurde vor 20 Jahren am Darm operiert, das war sehr schmerzhaft. Ich staune, diesmal bin ich absolut schmerzfrei und fühle mich pudelwohl“. Sollte sie dennoch ein Zwicken verspüren, kann sie sich per Knopfdruck eine weitere Dosis Schmerzmittel verabreichen, eine Überdosierung ist dabei nicht möglich.

Das Zertifikat gilt nun für drei Jahre. Bei der nächsten Überprüfung muss das Krankenhaus dann neue Fortschritte und Verbesserungen vorweisen. In Engelskirchen und Lindlar ist man aber schon einen Schritt voraus, denn eigentlich hätte man dieses Mal nur zwei operative Abteilungen zertifizieren müssen.  
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