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„Hollywood ist mächtig, die Wahrheit ist mächtiger“

kg; 1. Oct 2010, 14:07 Uhr
Bilder: Katharina Glowicki --- Erika Band de Rosenberg referierte heute über das Leben von Emilie Schindler im Lindlarer Gymnasium.
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„Hollywood ist mächtig, die Wahrheit ist mächtiger“

kg; 1. Oct 2010, 14:07 Uhr
Lindlar – Professorin Erika Band de Rosenberg erzählte heute Gymnasiasten über das Leben von Emilie Schindler.
Von Katharina Glowicki

„Ich möchte im Namen von Emilie, aber auch Oskar Schindler die Geschichte vermitteln. Oskar Schindler hat immer an sie erinnert. Wieso sollten wir sie dann übergehen?“, so Professorin Erika Band de Rosenberg, die heute im Gymnasium Lindlar vor den Geschichtskursen der zehnten Stufe über ihre Erlebnisse mit Emilie Schindler berichtete. De Rosenberg, die Autorin der Bücher „Ich, Oskar Schindler“ und „Ich, Emilie Schindler - Erinnerungen einer Unbeugsamen“, bildet zukünftige Diplomaten im Auswärtigen Amt in Buenos Aires aus. Einmal im Jahr kommt sie nach Europa und erzählt von ihren Erlebnissen mit dem Ziel, Werte wie Zivilcourage, Moral, Freiheit zu vermitteln. „Freiheit und Frieden ist eine große Tugend. Man merkt es erst, wenn man sie verloren hat“, sagt de Rosenberg. Dr. Ilka Woschnik, die Mutter einer Schülerin, lernte die argentinische Professorin bei einem Vortrag in Bergisch Gladbach kennen und lud sie daraufhin nach Lindlar ein. „Sie sagte sofort zu, hier im Gymnasium über Emilie Schindler zu erzählen“, berichtete Woschnik.


[Geschichtslehrer Andreas Witt bedankte sich bei Erika de Rosenberg.]

Kennengelernt hatte die Autorin Emilie Schindler, als sie vor 20 Jahren für einen Bericht über Einwanderungen in Argentinien recherchiert hatte. De Rosenberg bedauert, dass Emilie Schindlers Taten im Zweiten Weltkrieg nicht gleichermaßen gewürdigt wurden wie die ihres Mannes. „Sie wurde im Film von Stephen Spielberg nur in einer kleinen Nebenrolle dargestellt. Aber Emilie Schindler war nicht die Frau in Schindlers Schatten, sondern an Schindlers Seite“, meint de Rosenberg. Sie habe sich zur Aufgabe gemacht, mündlich in ihren Vorträgen und in ihrem Buch ihre Sichtweise der Geschichte zu schildern: „Hollywood ist mächtig, aber die Wahrheit ist mächtiger“.


Emilie Schindler sei damals in Brünnlitz für die Versorgung der Fabrikgesellschaft mit Nahrung und Medikamenten verantwortlich gewesen. Sie habe Zigaretten und Wodka gegen die Verpflegung eingetauscht. Außerdem habe sie im Januar 120 Juden vor dem sicheren Tod bewahrt. Auf die Frage aus dem Publikum, wie Emilie mit den Frauengeschichten ihres Mannes umgegangen sei, antwortete de Rosenberg: „Ich weiß es nicht. Ich vermute es war ihre große Liebe zu ihm. Es war immer Emilie und irgendeine andere. Man darf auch nicht vergessen, in welcher Zeit sie gelebt und welche Rolle die Frau damals gespielt hat.“ Nach Oskar Schindlers Tod hat man laut de Rosenberg fälschlicherweise behauptet, Emilie Schindler sei von Oskar Schindler geschieden und es habe auch kein Testament gegeben. Emilie Schindler starb am 5. Oktober 2001 in Argentinien, begraben wurde sie in Bayern.


[Die Schüler hörten der Referentin aus Argentinien aufmerksam zu.]

Die Schüler hörten der Referentin aufmerksam über eineinhalb Stunden zu und stellten interessiert Fragen. „Wir verstehen es nicht, wie Emilie Schindler auch in der Verfilmung so lieblos in Vergessenheit geraten konnte“, so die Schülerinnen Alina Puers und Hannah Wonschik, beide 16 Jahre alt. Es sei auch eine andere Seite von Oskar Schindler deutlich geworden. Die Schüler bedankten sich mit einem großen Applaus bei ihrer Referentin. Doch nicht alle liefen direkt in ihre Pause, sondern nutzten die Gelegenheit für ein weiteres Gespräch im kleinen Kreis. Um die Geschichte weiter zu beleuchten, plant Erika de Rosenberg in Kürze das dritte Band „Schindler und seine Helfer“ herauszugeben.
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