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Auf den Spuren der Vorfahren: Aus Kalifornien nach Stülinghausen

om; 28. Jun 2001, 23:04 Uhr
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Auf den Spuren der Vorfahren: Aus Kalifornien nach Stülinghausen

om; 28. Jun 2001, 23:04 Uhr
(om/28.6.2001-0:45) Von Oliver Mengedoht
Marienheide-
Stülinghausen - Die Amerikanerin Claret Haase suchte im Oberbergischen nach den Wurzeln ihrer Familie, den Haases.
[Bilder: Oliver Mengedoht --- Claret mit ihrem Verwandten Dieter Haase, dem sie einen Becher mit dem Konterfei des gemeinsamen Urahnen Christian mitgebracht hat.]



Vor über einem Jahr hatte die symphatische Amerikanerin, damals noch in Texas lebend, im Oberberg Online-Gästebuch angefragt, ob vielleicht einer jemanden aus ihrer Familie in Stülinghausen oder irgendwen aus diesem Ort kenne. Die Oberberg-Aktuell-Redaktion antwortete, suchte Haases aus dem Telefonbuch heraus, machte für Claret Fotos aus "ihrem" Ort. Denn soviel war bekannt: Ihre Familie stammt von dort.



Die ganze Zeit hielt der email-Kontakt zwischen Redaktion und Amerika, bis Claret Haase Ende April selber nach Deutschland reiste, um ihre Wurzeln zu suchen. Sie lernte in Stülinghausen ihre Verwandten und deren Haus kennen und sah auch viel von Oberberg.

Bei ihren Verwandten Dieter (r.) und Doris (l.) Haase erfuhr Claret viel neues - Heinz-Bernd Padberg begleitete sie in Deutschland.]



Der Auswanderer Christian Haase ist als Sohn der Eheleute Johann Peter Haase und Anna Maria Calsbach am 10. September 1815 in Stülinghausen geboren worden, soviel fand ihre zweite Kontaktperson in Deutschland, Heinz-Bernd Padberg aus Bergisch Gladbach, heraus. Christian Haase war der Ur-Ur-Großvater von Claret, ein Einzelkind, der das Land wohl wegen der schlechten wirtschaftlichen Aussichten Mitte des 19. Jahrhunderts in Richtung Amerika verließ - zuvor heiratete er am 18. Mai 1848 vor dem Bürgermeister von Marienheide seine Gattin Henriette Junker (18 Jahre alt, geboren zu Möllsiepen, Regierungsbezirk Arnsberg, wohnhaft zu Stülinghausen) -, um dort sein Glück zu suchen. 18 Jahre alt war er damals, verkaufte das Haus in der Gummersbacher Straße 19, und landete als Schweinezüchter in Washburne im US-Bundesstaat Illinois.



Christian Haases Eltern können nicht mit nach Amerika ausgewandert sein, weil sie gemäß der Heiratsurkunde schon verstorben waren. Von den Eltern lebte schon bei der Eheschließung nur noch die Mutter. Im amerikanischen Mittelwesten von Illinois lebten relativ viele Deutschstämmige, Haase wurde Besitzer eines "Tante-Emma-Ladens", Postmeister für den Staat und "die Leute mochten ihn", hat Claret über ihren Urahn herausgefunden. Sogar Senator von Illinois wurde der Stülinghausener.



Deutsch wurde verboten



Der Zweite Weltkireg, so hat es Claret aus Überlieferungen, hat die Heimatsprache beendet. "Meinem Großvater - meinem besten Freund - wurde es verboten, Deutsch zu reden." Die Familie sei traditionsbewusst geblieben, Respekt vor den Eltern, sei ordentlich, sauber und sparsam geblieben. Der Großvater, ein Buchhalter, sei immer 100-prozentig korrekt gewesen, habe alles aufgezeichnet. "Wenn Karl-Heinz morgens im Auto den Kilometerstand aufschreibt, könnte das mein Vater sein", erinnerte sich Claret lachend. "Ich dachte lange, vieles ist seltsam an meiner Familie, nichts verschwenden, nichts unnötig kaufen", erklärte uns die US-Bürgerin, die überlegt, in ihre alte Heimat zu ziehen. "Amerikaner kaufen und kaufen dagegen."

[Die Amerikanerin feierte den Tanz in den Mai auf Schloss Heiligenhoven mit dem Hobby-Familienforscher Heinz-Bernd Padberg.]



Der Groß-Großvater zog aus Illinois nach Los Angeles um, wo auch Claret geboren wurde und aufwuchs - im gleichen Krankenhaus wie der Vater, Robert Christian III., geboren wurde. Robert Christian IV. ist Clarets Vater, der V. ihr ältester Bruder, die weiteren Geschwister sind Xavier, Peter, Antonia und Ana. Ihr Vater war 60 Jahre lang (!) Buchhalter bei Shell.



Als ihre Großmutter Madeleine starb, wurde eine Box mit vielen Erinnerungsstücken an die Familie gefunden. Die hat Clarets Vater in einem eigens eingerichteten "safe room", einem sicheren Zimmer gelagert, dass niemand außer ihm betreten darf. "Er dachte immer, ich interessiere mich nicht für unsere Familiengeschichte, aber ich wollte alles über meinen Großvater wissen, er war "special" (=etwas Besonderes), ich wollte sehen, woher wir kommen, warum", erinnert sich die 40-Jährige, zweifache Mutter aus dem Orange County bei L.A.



Als das Internet in den Haushalten Einzug hielt, begann sie, nach allem Ausschau zu halten, was mit ihrem "Zuhause" Deutschland zu tun hat. "Zu dieser Zeit, 1998, haben meine Eltern Doris und Dieter Haase kurz besucht." Claret "wollte mehr, fand Dich per email und Du hattest die gleichen Infos wie mein Vater über Marienheide und Stülinghausen". Claret war glücklich über jedes Fitzelchen an Information über den kleinen Ort an der Brucher Talsperre. Ihr erster Kontakt nach Deutschland war der Gladbacher Heinz-Bernd Padberg, der sich privat mit Genalogie, also Familienforschung, beschäftigt und daher viele Tipps geben konnte, auch so manches herausfand.



"Das gleiche Gesicht wie der Großvater"



Welch unglaubliche Freude Claret erlebte, als sie nach langem Flug endlich in Stülinghausen ankam und das Haus der Vorfahren sah, äußerst gastfreundschaftlich von Doris und Dieter Haase aufgenommen wurde, kann sich nur derjenige vorstellen, der es selbst erlebt hat. Die liebenswerte Amerikanerin ist völlig verrückt nach allem Deutschen, versucht auch, die Sprache zu lernen. "Er hat genau das gleiche Gesicht wie mein Großvater", wunderte Claret sich beim Anblick von Dieter Haase, der heute noch mit seiner Familie in Stülinghausen lebt. Und tatsächlich, wenn man sich die Fotos von Clarets Großvater ansieht und mit Dieter Haase vergleicht, sie könnten Zwillinge sein.



Tatsächlich ist die genaue verwandschaftliche Beziehung der Exilantin zu ihren Vorfahren in Marienheide trotz des genealogischen Beistands von Padberg noch nicht geklärt. Nur, dass sie irgendwie relativ nahe verwandt sein müssen, wissen die Amerikanerin und ihre Familienmitglieder hier. "Du hast mir seine Faxnummer geschickt, er muss auch von einem Elternteil des Auswanderers Christian Haase abstammen, er muss", versuchte Claret beinahe, eine Beziehung herbeizureden. Aber die Ähnlichkeit war auch so unübersehbar. Mit Hilfe der Mormonen in Utah, die als DIE Experten für Familienforschung auf der ganzen Welt gelten, will Claret nun mehr herausbekommen.

[Auf Schloss Homburg war Claret glücklich: So viele Schlösser in ihrer alten Heimat, und dann auch noch mittelalterliche Gestalten...]



Spargel mit Schinken, Buttersauce und Kartoffeln bekam die "Tochter" aus Übersee bei ihren Verwandten, "nichts Besonderes", wehrte Doris Haase ab. Für die Amerikanerin - Fastfood gewohnt - war es das natürlich dennoch. Wie fast alles "Deutsche". Das Dorf und die Umgebung zu sehen, in der ihr Urahn aufwuchs und lebte, das Haus, das machte sie richtig glücklich. Ein angeregtes Gespräch, zum Teil natürlich "mit Händen und Füßen geführt", entwickelte sich zwischen den unbekannten Verwandten.



"Ich liebe diese Gegend hier"



"Ich brauche eine Hochzeit vor 1875, um die genaue Beziehung zwischen ihnen herauszufinden", erklärte Padberg. Der Hobby-Familienforscher fand die ähnliche Physiognomie schon extrem, "auch die Briefkontakte, die in alter Sütterlin-Schrift in diesem 'safe room' aufbewahrt werden, dass Stülinghausen so klein ist und mehr deuten auf eine enge Verwandtschaft, das ist ausbaufähig", versprach er.



"Es ist ein gutes Gefühl, hier herumzulaufen und sich gar nicht als Fremde zu fühlen", bekannte Claret bei ihrem Besuch in der "alten Heimat". Neun Stunden nahmen die gastfreundlichen Stülinghausener Verwandten sie gerne auf, zeigten ihr alte Fotos und erzählten ihr soviel, wie sie selber wussten. Ob der Dorfbrunnen - der heute noch vor dem Haus steht - wirklich von dem vermutlich 1849 emigrierten Christian Hasse dem Dorf geschenkt wurde, blieb ungeklärt, aber viele, viele Details entzückten die Amerikanerin.



Claret freute sich, in Deutschland Freunde zu treffen. "Whooouaah" war ihr begeisterter Kommentar zum Kölner Dom, die Landschaft im Oberbergischen liebt sie aber auch. Besonders freute sie sich auch, hier die wahren Experten des Therapeutischen Reitens zu treffen, denn damit beschäftigt sie sich ehrenamtlich in Kalifornien. "I'm in love with this area! (Ich liebe diese Gegend hier!)", bescheingte sie Oberberg. "Ich liebe, liebe, liebe Deutschland. Ich denke immer noch nur an meine Reise dorthin und lebe immer noch in deutscher Zeit", mailte Claret wenige Tage nach ihrer Rückkehr.



Die geschiedene Mutter der sehr hübschen Töchter Elena (15) und Bianca (18) arbeitet zuhause in einem Rechtsanwaltsbüro, die Arbeit mit Tieren und Kindern als Hilfslehrerin sind ihre Freizeitbeschäftigung.



Mit ihrem Bergisch Gladbacher Bekannten Heinz-Bernd Padberg und der Redaktion besuchte sie nicht nur ihre Verwandten in Stülinghausen, sie freute sich irrsinnig, den "Tanz in den Mai" auf Schloss Heiligenhoven zu erleben - einige dort gespielte Hits klingen ihr noch immer in den Ohren: "Gestern kam im Radio dieses Lied, was dort genau um Mitternacht gespielt wurde, "..One More Time...gonna celebrate!...", erinnerst du Dich? Ihren "langweiligen Job" überlebe sie nur, weil sie sich zweischendurch die Bilder von der Reise ansehe.



"So viele Schlösser"



Dann konnte sie auch noch das mittelalterliche Fest auf Schloss Homburg erleben, inklusive Turmbesteigung. Claret war völlig hin und weg: "Ich dachte, ganz vielleicht bekäme ich ein einziges Schloss zu sehen, aber dann gleich so viele", wollte sie es kaum glauben. Nicht zuletzt freute sie sich, ein Fußballspiel des TuS Homburg-Bröltal zu sehen, denn das würde einige ihrer fußballjecken Verwandten sicher sehr neidisch machen, erklärte sie lachend.



Bei den Anaheim Angels, einem Major League Baseball-Team, lernte Claret kürzlich den langjährigen Manager der L.A. Dodgers kennen - dem Lieblingsclub von Oberberg-Aktuell-Redaktionsleiter Oliver Mengedoht, der früher für die "Cologne Dodgers" spielte. Flugs zeigte sie Lasorda ein Bild mit dem Kölner mit seiner Dodgers-Kappe und besorgte natürlich ein persönliches Autogramm des Stars, sandte es anschließend ins Büro der Redaktion - wo die Freude natürlich groß war!



"Last weekend I was crying because I have to go home", sagte Claret kurz vor ihrer Abreise: "Am Wochenende musste ich weinen, weil ich wieder nach Hause muss"...







Wer Näheres zu den familiären Umständen der Haases oder der Geschichte Stülinghausens weiß und Claret Haase dies mitteilen möchte, kann sich gerne bei ihr unter Clarethaase@yahoo.com melden, oder auch bei der Redaktion melden!



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