HANDBALL
Vidarsson wird beim Remis gegen Kiel zur tragischen Figur
Gummersbach - Gummersbach lässt gegen Kiel nach langer Führung einen Punkt liegen – 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm
VfL Gummersbach - THW Kiel 25:25 (15:13).
Ellidi Vidarsson hätte sich nach dem Abpfiff vermutlich am liebsten sofort in eine stille Ecke in der erneut ausverkauften SCHWALBE arena verzogen und in ein tiefes Loch vergraben. Der isländische Nationalspieler wurde im Duell mit dem THW Kiel zur tragischen Figur. Bis zur 58. Minute hatte der Kreisläufer ein starkes Spiel abgeliefert, doch die letzten zwei Minuten werden ihn wohl noch einige Zeit verfolgen.
[Vier Tore, aber auch sieben technische Fehler. Licht und Schatten prägten das Spiel von Kay Smits.]
Zunächst scheiterte der 26-Jährige spektakulär an Kiels Andreas Wolff (13 Paraden). Keine 60 Sekunden später hatte er erneut die Chance, das entscheidende 26:24 zu erzielen, legte den Ball aber per Aufsetzer am Kieler Tor vorbei. Im Gegenzug machte es Elias Ellefsen á Skipagøtu besser und traf zum 25:25-Ausgleich fünf Sekunden vor dem Ende. Gummersbach blieb ein letzter Wurf: Der Anwurf auf das leere Kieler Tor – sonst eine Spezialität des Isländers - ging in der Hektik aber knapp über den Kasten.
Er sei stolz auf die Leistung der Mannschaft, bekannte Vidarsson anschließend am DYN-Mikrofon, haderte aber vor allem mit sich selbst: „Am Ende liegt es nur an mir. Das sind die wichtigen Momente. Ein Tor muss ich machen. Heute Abend wird mich das noch beschäftigen. Aber wir haben jetzt eine lange Pause, in der ich Zeit habe, das aus dem Kopf zu bekommen.“
Aufmunternde Worte dürfte es anschließend einige gegeben haben. Auch VfL-Cheftrainer Gudjon Valur Sigurdsson sprach anschließend von einem schmerzhaften Punktverlust in einem intensiven Match: „Wenn man kurz vor dem Ende mit zwei Toren führt und zwei freie Chancen hat, tut das weh, wenn man hier nicht gewonnen hat. Unser Team hat gekämpft und wir hätten uns mehr gewünscht. Aber wir sind selbst dafür verantwortlich, weil wir den Sack nicht zugemacht haben.“
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[Andreas Wolff (l.) und Dominik Kuzmanovic (r.) glänzten mit zahlreichen Paraden.]
In der Tat war es nach dem Spielverlauf aus Gummersbacher Sicht eher ein Punktverlust. Die Oberberger, bei denen heute Lukas Blohme aussetzen musste, hatten dank einer starken Abwehrleistung über weite Strecken der Partie geführt und den Rekordmeister von der Förde am Rande einer Niederlage. Das Team von Gudjon Valur Sigurdsson präsentierte sich wieder deutlich bissiger als zuletzt in Hamburg, was auch Miro Schluroff nach dem Spiel ansprach: „Dieser Biss und diese Leidenschaft fehlt uns auswärts noch. Das müssen wir verbessern.“
Beide Teams begegneten sich bereits in den Anfangsminuten mit offenem Visier. Kiel wirkte von Gummersbachs hoher Intensität fast schon ein wenig überrascht. Die Oberberger waren gut auf Kiels genialen Spielmacher Elias Ellefsen á Skipagøtu eingestellt. Die Pässe des Färingers an den Kreis fanden zunächst nicht ihr Ziel, immer wieder bekam ein VfL-Spieler die Hand dazwischen, sodass Gummersbach nach einem tollen Wackler von Schluroff früh mit 4:1 (5.) in Führung ging. Auch Dominik Kuzmanovic (10 Paraden) war schnell auf Betriebstemperatur und gewillt, die bislang durchwachsene Saison vergessen zu machen.
Kiel strahlte im ersten Durchgang dagegen nur über Eric Johansson echte Gefahr aus. Die ersten drei Treffer gingen auf das Konto des schwedischen Nationalspielers. Über 6:3 (11.), 6:5 (12.), 9:5 (16.) und 12:10 (23.) hatte der THW, für den es das dritte Spiel in sechs Tagen war, erhebliche Mühe, immer wieder zu verkürzen. Ohne die vielen Gummersbacher Fehler hätte der VfL zur Pause vermutlich auch deutlicher als nur 15:13 führen können.
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[Besonders in der Anfangsphase zeigte Julian Köster gegen seine künftigen Teamkollegen eine Topleistung.]
Den Start in den zweiten Durchgang verschliefen die Oberberger, die lange in der Kabine blieben, dann aber ein wenig. Kiels Umstellung auf die 3:2:1-Deckung mit dem kroatischen Altstar Domagoj Duvjnak auf der Spitze schmeckte Gummersbach überhaupt nicht. Und auch das Sieben-gegen-Sechs der Kieler forderte die VfL-Defensive zunehmend. Trotzdem taten sich auch die Norddeutschen weiter schwer, zu Toren zu kommen. Der bis dahin blasse Ellefsen á Skipagøtu wurde von Kiels Trainer Filip Jicha, der erst am Mittwoch seinen Vertrag bis 2028 verlängert hat, fast nur noch in der Defensive gebracht, um zumindest das Tempospiel der Kieler in der zweiten Welle anzukurbeln.
Die Fehlerquote stieg auf beiden Seiten trotzdem weiter an und nach hektischen zehn Minuten fiel beim 17:17 (40.) durch einen Siebenmeter von Lukas Zerbe erstmals wieder der Ausgleich. Gummersbach ließ sich aber weder davon noch vom 19:20-Rückstand (45.) aus der Bahn werfen und agierte fortan ebenfalls verstärkt mit dem siebten Feldspieler. Das und einige Zeitstrafen gegen Kiel brachten den VfL wieder in die Spur.
[Lange kaum zu sehen, in der Schlussphase aber der entscheidende Mann: Elias Ellefsen á Skipagøtu.]
Wie zerfahren die Partie inzwischen war, zeigte ein Wurf von Kiels Harald Reinkind, dem das Kunststück gelang, aus zehn Metern Entfernung über das leere VfL-Tor zu werfen. Als kurz darauf Lukas Laube nach einem Kopftreffer gegen Julian Köster die rote Karte (54.) sah und Miro Schluroff nur wenig später zum 25:23 (57.) einnetzte, stand Gummersbachs Sieg vermeintlich nur noch wenig im Weg. Doch ausgerechnet Ellefsen á Skipagøtu riss das Match nun an sich und ließ Kiel mit zwei starken Einzelaktionen doch noch jubeln.
THW-Coach Jicha sprach anschließend von einem „megaintensiven Bundesligaspiel“ und lobte sein Team, das auch in kritischen Phasen ruhig geblieben sei: „Der VfL hat uns mit viel Intensität immer unter Druck gesetzt. Wir haben viel in Unterzahl agieren müssen. Dazu kamen sieben Ballverluste sowie vier oder fünf Abpraller. Normalerweise verliert man dann so ein Spiel gegen eine so heimstarke Mannschaft wie den VfL.“
Die Bundesliga verabschiedet sich nun in die Länderspielpause. Der VfL wird vermutlich noch auf Rang sechs abrutschen, abhängig vom Spiel der Füchse Berlin gegen Hamburg am Wochenende. Für Gummersbach steht als nächstes das Pokal-Achtelfinale am 5. November in Lemgo auf dem Programm. In der Liga pausieren die Oberberger durch das vorgezogene Spiel gegen Göppingen sogar bis zum 17. November, wenn es zur HSG Wetzlar geht.
Gummersbach: Miro Schluroff (5), Julian Köster, Kay Smits (je 4), Mathis Häseler, Ellidi Vidarson, Tilen Kodrin (je 3), Milos Vujovic (2/2), Teitur Einarsson (1).
Kiel: Eric Johansson (6), Lukas Zerbe (4/3), Harald Reinkind, Nikola Bylik, Elias Ellefsen á Skipagøtu (je 3), Lukas Laube, Rune Dahmke, Veron Nacinovic (je 2).
Zeitstrafen
6:14 Minuten (Zeman, Smits, Kiesler - Skipagøtu, 2x Nacinovic, Laube (Rot), 2x Duvnjak, Reinkind).
Siebenmeter
2/2 – 3/3.
Schiedsrichter
Leonard Bona/Malte Frank.
Zuschauer
4.132 (ausverkauft).
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