HANDBALL
Festgala: 100 Jahre Handball im VfL
Gummersbach – In der SCHWALBE arena sind gestern zahlreiche Gummersbacher Größen zusammengekommen – Ein Abend voller Erinnerungen, Anekdoten, Videomaterial aus längst vergangenen Zeiten und zuversichtlichen Blicken nach vorn – Neue Chronik präsentiert.
In der Gummersbacher SCHWALBE arena herrschte gestern eine Atmosphäre, die es dort so wohl noch nie gab. In dunkelblaues Licht gehüllt standen da, wo sonst Handball gespielt wird, 18 runde Tische, festlich gedeckt und mit blauen und weißen Blumen geschmückt. Der Anlass war ein ganz besonderer: gefeiert wurden 100 Jahre Handball im VfL Gummersbach. Neben der aktuellen Bundesligamannschaft um Trainer Gudjon Valur Sigurdsson waren auch viele prägende Spieler aus vergangenen Zeiten in die Arena gekommen. Zusammen verlebten sie einen Abend voller Erinnerungen und Anekdoten, sahen Filme mit Szenen aus den 1960er, 70er und 80er Jahren und gedachten dabei auch vielen, die nicht mehr unter uns sind.
„Wir wollen 100 Jahre Handball feiern, vor allem die Tradition“, sagte Andreas Maiwurm, Stellvertretender Vorsitzender des VfL, im Gespräch mit OA. Ob die zahlreichen Deutschen Meisterschaften, DHB-Pokalsiege oder auch Erfolge auf internationaler Bühne: 30 Titel hat der VfL über die Jahrzehnte hinweg geholt, 27 davon zwischen 1966 und 1991. „Der VfL ist ein großer Botschafter seiner Stadt. Wir sind froh, dass wir den VfL haben“, sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), der ob des bevorstehenden Supercups zwar nicht persönlich vor Ort war, aber eine Videobotschaft übermittelt hatte. Nach schweren Jahren gehe die Entwicklung für den Verein nun wieder „steil nach oben“. Da sei er sich sicher, dass der VfL „schon bald wieder um die Deutsche Meisterschaft mitspielen“ wird.
Eröffnet wurde die Festgala von Claus Lufen, der nicht zuletzt als Moderator der Sportschau bekannt ist. Er war in der SCHWALBE arena, um die rund 180 geladenen Gäste aus Handball, Politik und Wirtschaft gekonnt durch den Abend zu führen. Als ersten Redner begrüßte er den Vorsitzenden des VfL auf der Bühne. Dieter Brüning erinnerte daran, wie vor über 36.500 Tagen alles ganz klein angefangen hatte – mit einem ersten Spiel, das nicht 1923 stattgefunden hat, wie jahrelang angenommen, sondern 1925 (OA berichtete). Brüning sprach aber auch über unzählige Momente voller Emotionen, Freude und auch Tränen, über große Spiele, Siege und Rückschläge, europäische Nächte, bebende Stunden in der altehrwürdigen Eugen-Haas-Halle und Spieler, die hier zu Legenden wurden.
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[Kyung-Shin Yoon hat einen Gruß per Video aus Korea geschickt.]
Ob Heiner, Klaus und Jochen Brand, Andreas Thiel, der nur selten im Oberbergischen ist, Klaus Alberts, Klaus Schlagheck und Klaus Kater sowie Thomas Krokowski und fast die komplette Meistermannschaft von 1991: viele waren in die SCHWALBE arena gekommen. Jo Deckarm, der zuletzt eine Lungenentzündung überstanden hat, fehlte, so auch Rune Erland, der aus Norwegen anreisen wollte. Vom Flughafen Stavanger schickte er, nachdem sein Flug gestrichen worden war, einen Videogruß nach Gummersbach, ebenso wie Kyung-Shin Yoon aus Korea, Francois-Xavier Houlet aus Frankreich, der die Spiele des VfL auch heute noch verfolgt, Bennet Wiegert aus Magdeburg, der sich gerade in der Vorbereitung auf die neue Saison befindet, und Stefan Kretzschmar, der über die Leinwand vor allem einem zuprostete: seinem ehemaligen Trainer Heiner Brand.
Im Laufe des Abends wurden auch drei Filme gezeigt – einer zu den 1960ern, einer zu den 70ern und einer zu den 80ern samt – bis dato – letzter Meisterschaft. Zunächst waren die Bilder noch in schwarz-weiß zu sehen, später auch in Farbe. Sie zeigen Szenen vom Feldhandball aus der Lochwiese, was nicht zuletzt bei den heutigen Profis für ein Raunen und Staunen sorgte; wie die Gummersbacher Fans früher mit dem Zug nach Dortmund fuhren und ihren VfL lauthals in der Westfalenhalle anfeuerten; Bilder aus Moskau, wo die Gummersbacher 1966 im Europapokal gegen TRUD Moskau siegten; und dann auch vom 28. April 1967, dem „Tag des Urknalls“, als der VfL im Finale um den Europapokal der Landesmeister gegen Dukla Prag gewann – ein Spiel, das man eigentlich nicht habe gewinnen können, und ein VfL, der sich in den Jahren danach zur besten Vereinsmannschaft der Welt entwickelte.
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[An der Gala haben auch Heiner Brand (3.v.r.) und Andreas Thiel (3.v.l.) teilgenommen.]
Bewegende Bilder, die nicht zuletzt Jochen Brand berührten. Mit Tränen in den Augen stand er auf der Bühne, eben „weil so viele nicht mehr da sind“. Im Sommer Feldhandball und im Winter Hallenhandball zu spielen, das „war für uns nichts Besonderes“, erzählte er. Doch der Hallenhandball habe international an Beliebtheit gewonnen. „Man konnte absehen, dass Feldhandball irgendwann vorbei ist“, sagte Jochen Brand. Amateure waren sie, haben nichts verdient, und anders als die Gegner aus dem Ostblock, die schon damals als Profis unterwegs waren, nur zweimal, manchmal dreimal pro Woche trainiert. Das Spiel in Moskau war für Klaus Brand ein entscheidendes – nicht zuletzt, weil sie dort ohne Hansi Schmidt, Helmut Kosmehl und Trainer Dr. Horst Dreischang agierten, das Team also fast ausschließlich aus Gummersbachern bestand. „Das war eine Mannschaftsleistung. Und wir haben gezeigt, dass wir als Mannschaft eine Spitzenmannschaft waren.“
Zusammengestellt wurden die Filme von Johannes Krause, der auch dem Freundeskreis Blau-Weiß angehört. Viele Jahre hat er beim WDR gearbeitet – und sich für den VfL zuletzt ganz tief durch das WDR-Archiv gearbeitet. „Er hat uns geholfen – nur deshalb ist das auch so gut geworden“, sagte Andreas Maiwurm. Über 35 Minuten Material sind dabei zusammengekommen. Fehlen durften dabei nicht die Szenen, die das damalige Team anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Vereins bei einer Theateraufführung zeigen. Noch Jahrzehnte später haben diese Bilder auch auf der gestrigen Festgala für reichlich Lacher gesorgt. Laut Andreas Maiwurm hat sich der VfL auch die Rechte an den Filmen gesichert. Sie sollen schon bald der Öffentlichkeit präsentiert werden.
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[Moderator Claus Lufen hat durch die Veranstaltung geführt und sich dabei auch den aktuellen Bundesligakader auf die Bühne geholt.]
Gestern wurde auch die Chronik „Handball in Gummersbach“ vorgestellt, die anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Handballs im VfL herausgebracht worden ist. „Die 100 Jahre treiben mich schon seit einigen Jahren um“, sagte Karl Höver, der einst selbst für den VfL gespielt hat. Höver hat die Chronik verfasst – und damit ein Werk, das fast 300 Seiten umfasst. Dafür hat er unzählige Unterlagen und Dokumente nach dem Auszug des VfL aus dem früheren Vereinshaus im Wiedenhof gesichtet und chronologisch aufgearbeitet. Unterstützt wurde er bei der Chronik vor allem von dem Sparkassenchef Frank Grebe, Udo Wiesener, der jahrelang für die Festschrift des Gummersbacher Schützenvereins verantwortlich war, und Stadtarchivar Manfred Huppertz.
„Es hat etwas mit Emotionen zu tun, wenn man diesen VfL von Kind an kennt“, sagte Stefan Klett, der aus Wipperfürth kommt und heute Präsident des Landessportbundes NRW ist. Das dürfte wohl eine Aussage sein, die viele unterschreiben können. „Das ist hier eine große Familie“, sagte VfL-Kapitän Julian Köster, „und das merkt man bei jedem Heimspiel“. Trainer Gudjon Valur Sigurdsson war schon von 2005 bis 2008 als Spieler beim VfL und erinnerte sich daran, dass die Zeiten damals etwas anders waren. Heute sei das ganze Leben rund um den VfL wieder zusammengewachsen. „Es ist schön zu sehen, wie wieder alle an einem Strang ziehen“, sagte Sigurdsson.
Ähnlich sieht das Thomas Krokowski. Wenn er an sein damaliges Team denkt, dann fällt ihm dazu ein gewisser Mannschaftsgeist und tief verbundene Freundschaften ein. Blickt er auf das aktuelle Team, dann scheint sich auch da etwas getan zu haben, ist es doch zumindest auf einem „sehr, sehr guten Weg.“ Das habe vielleicht etwas von dem alten Geist, sagte Krokowski. „Der Geist der alten Geschichte ist vielleicht in der jungen Mannschaft da.“ Für Dieter Brüning (Bild) sind die 100 Jahre keinesfalls ein Endpunkt. Sie sind „ein Meilenstein – und nicht zuletzt Beweis für Teamgeist, Leidenschaft und Gemeinschaft. Leidenschaft zum Handball und Liebe zum VfL Gummersbach.“
Morgen feiert der VfL an und in der SCHWALBE arena die Saisoneröffnung mit einem bunten Rahmenprogramm. Dabei wird auch die neue VfL-Chronik vorgestellt, die ab morgen käuflich erworben werden kann. Los geht es um 12 Uhr. Das bunte Rahmenprogramm beginnt um 13 Uhr.
KOMMENTARE
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Als einer der wenigen noch lebenden Interpreten der VfL-Hymne gratuliere ich herzlich zum Geburtstag
Klaus Jochen Rodenbeck , 23.08.2025, 09:04 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.

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