HANDBALL
Entfesselter VfL überrennt den Deutschen Meister
Gummersbach - Handball-Gala in der SCHWALBE arena: Der VfL Gummersbach schickt die Füchse Berlin mit einer herben Pleite auf die Heimreise - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Uli Klein
Die Partie war ohnehin schon ein Match aus dem Premiumregal der Handballbundesliga. Aber nach den gewaltigen Turbulenzen beim aktuellen nationalen Champion aus Berlin in den vergangenen Tagen warteten die Handball-Liebhaber republikweit, ob und inwieweit sich das Handball-Hauptstadtbeben im Fuchsbau auswirken würde: Es wirkte sich tatsächlich aus. Die Füchse kassierten beim phasenweise entfesselt auftrumpfenden VfL Gummersbach eine klare 29:34-Niederlage und waren mit diesem Endstand noch denkbar gut bedient, nach 45 Minuten hatten die Gastgeber nämlich sogar eine Zehn-Tore-Führung behauptet.
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VfL Gummersbach - Füchse Berlin 34:29 (18:13).
Als Tilen Kodrin nach einer guten Dreiviertelstunde zum 29:20 einnetzte, herrschte in der SCHWALBE arena eine Stimmung, als wären der Papst und die Rolling Stones gerade gemeinsam aufgetreten; das blauweiße Volk flippte an diesem spektakulären Nachmittag jedenfalls so richtig aus. Und das nicht zum ersten Mal an diesem Sonntag, denn der heimische VfL hatte die Meisterhandballer von der Spree nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen.
Lediglich in der Schlussphase bäumten sich die Gäste noch einmal auf. Am Ende stand indes ein hochverdienter 34:29-Heimerfolg der Oberbergischen. Dieser hatte sich freilich schon früh angekündigt. Dem ersten Treffer des Matches durch den bärenstarken Kay Smits nach 49 Sekunden ließen die Gastgeber zügig weitere Tore folgen. Und weil auf der Gegenseite Bertram Obling zwischen den VfL-Pfosten von der ersten Sekunde voll auf Betriebstemperatur war, konnte es kaum jemanden überraschen, dass der VfL nach elf Minuten ein 8:2 beziehungesweise nach einer Viertelstunde ein 11:3 herausgearbeitet hatte.
Die Hausherren waren von ihrem Coach Gudjon Valur Sigurdsson offensichtlich perfekt auf das sonst so durchschlagskräftige Angiffssspiel der Füchse eingestellt worden. Hinzu kam, dass die Jungs um Kapitän Julian Köster eine beweglich-kompakte Abwehr stellten. In Summe wussten die sichtbar konsternierten Füchse um ihren Superstar Matthias Gidsel jedenfalls nicht so recht, wie ihnen geschah. Ihr dänischer Superstar hatte bis zum Ende der Begegnung zwar zehn Treffer auf dem persönlichen Konto verbucht, erreichte aber dennoch sein sonst gezeigtes Level nicht wirklich.
Die Füchse fanden nach der furiosen Gummersbacher Anfangsviertelstunde offensiv zwar etwas besser ins Spiel, aber es fehlte ihnen weiterhin der Zugriff in der Defensive auf die Gastgeber. So ging es mit einem 18:13 zugunsten des VfL in die Pause.
Nach Wiederanwurf eröffnete av Teigum zwar den zweiten Durchgang mit einem weiteren Tor für den Favoriten, doch davon ließ sich der VfL eher mäßig beeindrucken. Miro Schluroff und Ellidi Vidarsson stellten wieder auf Plus sechs für die Hausherren (20:14), danach erhöhte Gummersbach sogar auf 22:15.
Und auch die Umstellung der Gäste auf ein 7-gegen-6 im Angriff blieb unter dem Strich ohne größeren Effekt. Es blieb vielmehr beim erfolgreichen Grundprinzip "hinten rettet Obling, vorne treffen Smits, Miro Schluroff und Co. nach Belieben". Beim 27:19 nach 44 Minuten waren die Dinge jedenfalls geklärt.
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Zumal die Gäste ein weiteres großes Manko hatten: Gröndahl und Freihöfer vergaben je zweimal vom Siebenmeterpunkt, nur einmal fand der Ball das Tor. Eine weitere Deckungsumstellung der Füchse stellte den VfL zu Beginn der Crunchtime dann zwar kurz vor Schwierigkeiten, zumal auch Keeper auch Milosavljev stärker wurde. Einen 5:1-Lauf der Gäste schloss Tim Freihöfer zum 30:25 in der 51. Minute ab, und Sigurdsson sah sich gezwungen, seine zweite Auszeit zu nehmen.
Diese Lagebesprechung zeigte Wirkung, denn die VfL-Spieler fanden wieder ihren Rhythmus, ließen sich in der Folge nicht mehr aus der Ruhe bringen und besiegelten so den zweiten bemerkenswert souveränen Heimsieg der Sigurdsson-Mannschaft. Am Ende der 60 Minuten stand letztlich ein klares 34:29 für den VfL Gummersbach.
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Trainerstimmen
Gudjon Valur Sigurdsson (VfL Gummersbach): "Es gibt heute nicht viel zu meckern. Wir haben einen perfekten Start erwischt. Berlin gehört zu den drei besten Angriffs- und Tempomannschaften der Welt. Daher wollten wir unbedingt ihr Tempospiel unterbinden. Das ist uns gerade am Anfang gut gelungen. Wir selbst waren sehr effektiv und haben die ersten Würfe alle getroffen. Auf der anderen Seite haben wir es geschafft, dass die Berliner dank unserer Abwehrarbeit fast nicht aufs Tor werfen konnten. Die Bälle, die doch durchkamen, hat Bertram dann gehalten. Unserem Rückraum hat es zudem gutgetan, Miro zurückzubekommen.
Es war super, als wir mit acht Toren vorne waren, aber Berlin ist einfach zu stark, da kann man sich nie sicher fühlen. Das hat man auch in der zweiten Halbzeit gesehen, als Gidsel einfach nicht zu stoppen war und dafür sorgte, dass Berlin immer in Schlagdistanz bleibt. Als die Berliner offensiv gegen uns agiert haben, wollten wir unseren Vorsprung nur verwalten. Das ist aber schwer. Denn, wenn man den Ball einmal verliert, kommen die Berliner sofort ins Tempo. Insgesamt kann ich heute aber nichts Negatives sagen. Berlin hat sicherlich auch die Frische gefehlt und wir konnten ausnutzen, dass sie nicht ihren besten Tag erwischt haben."
Nicolej Krickau (Füchse Berlin): "Glückwunsch an Goggi und Gummersbach. Sie haben ein unfassbares Spiel gemacht und genau gezeigt, warum viele von uns damit rechnen, dass Gummersbach in dieser Saison ganz oben mitspielen wird. Wir müssen aber auf uns schauen. Uns haben heute die Basics gefehlt. Von Anfang an mussten wir dem Rückstand hinterherlaufen. Während Gummersbach unfassbar hart gespielt hat, hat uns die Härte in den Kontaktsituationen gefehlt.
Außerdem waren wir nicht clever genug. Auch unsere Fehlwürfe haben uns wehgetan, aber Gummersbach war immer in der kontrollierenden Position und wir haben Kay Smits nie in den Griff gekriegt. Wir haben heute tief in den Werkzeugkasten gegriffen, aber wenn das Fundament fehlt, nützt das nichts. Gummersbach hat sehr diszipliniert gespielt und wir sind dagegen nie in den Flow gekommen. Am Ende waren wir weit weg von unserem Topniveau und das reicht natürlich nicht für einen Sieg in Gummersbach. Wir sind froh, dass wir bereits am Donnerstag die Chance haben, es besser zu machen."
Gummersbach: Dominik Kuzmanovic (2/2 Paraden), Bertram Obling (12/1 Paraden); Joao Gomes (2), Ellidi Snaer Vidarsson (3), Tilen Kodrin (2), Milos Vujovic, Julian Köster (3), Lukas Blohme (4), Mathis Häseler, Miro Schluroff (5), Kentin Mahe (1), Ole Pregler (1), Kristjan Horzen (1), Tom Kiesler, Kay Smits (8), Stepan Zeman.
Berlin: Ludwig (3 Paraden), Milosavljev (6/1 Paraden); Wiede (2), Darj (2), Prantner, Andersson (2), Arino, Gröndahl (2), Lichtlein (1), Gidsel (10), Freihöfer (4), Langhoff (2), Herburger, av Teigum (3), Marsenic (1).
Zuschauer: 4.132 (ausverkauft)
Schiedsrichter: Markus Hurst/Mirko Krag (Frankfurt)
Strafminuten: 10/6
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