HANDBALL

Endspiel bestehen, Aufbruch einleiten

bv; 05.06.2019, 16:00 Uhr
HANDBALL

Endspiel bestehen, Aufbruch einleiten

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bv; 05.06.2019, 16:00 Uhr
Gummersbach – Nach dem Showdown in Bietigheim ist vor einer notwendigen neuen Ehrlichkeit beim Bundesliga-Dino – Der VfL Gummersbach benötigt Offenheit und Zuversicht.

Von Bernd Vorländer

 

Jetzt also ein Endspiel, ein echter Showdown, ein Duell, das wir aus Western-Filmen kennen. Mann gegen Mann - und nur einer kann gewinnen. Oder doch nicht? Diesmal setzt der letzte Spieltag in der Handball-Bundesliga dem Ganzen noch die Krone auf. Sollte keiner der beiden Kontrahenten aus Bietigheim und Gummersbach in der Lage sein, den Sieg davonzutragen, könnten die Eulen aus Ludwigshafen der lachende Dritte sein, die bei einem eigenen Sieg und einem Remis der Kontrahenten triumphieren würden. Viel Hätte, Wenn und Aber, doch für die Blau-Weißen aus der Kreisstadt ist die Rechnung ziemlich einfach: Sollte der Handball-Dino aus Gummersbach seine Auswärtspunkte drei und vier holen, wäre auch die 54. Saison nacheinander in der Eliteklasse des deutschen Handballs gesichert. Und wenn nicht? Was geschieht, wenn der § 3 des kölschen Grundgesetzes (Et hät noch immer jot jejange) am kommenden Sonntag eine Ausnahme macht?

 

Nein, einen Abstieg in die Zweitklassigkeit will sich niemand im Oberbergischen vorstellen - nicht die Verantwortlichen, nicht die Sponsoren, vor allem nicht die leidgeprüften Fans, die auch in dieser Saison bei bislang 13:53 Punkten nur selten Grund hatten, sich über die Leistungen ihrer Mannschaft zu freuen. Aber einen Abstieg konnte sich auch nicht der siebenmalige Deutsche Meister aus Großwallstadt ausmalen, TUSEM Essen ebensowenig. Bereits in der jüngeren Vergangenheit schrammte der VfL mehrfach am GAU vorbei. Fast auf den Tag genau vor sechs Jahren unterlag man noch in der Eugen-Haas-Halle gegen den bereits als Absteiger feststehenden TV Neuhausen und durfte sich beim THW Kiel bedanken, der in Großwallstadt siegte und damit die Mainfranken in die Zweite Liga schickten. 2017 war das bessere Torverhältnis gegenüber dem Bergischen HC ausschlaggebend, Ende Mai 2018 siegte der VfL am vorletzten Spieltag hauchdünn in Hüttenberg und sicherte so die Ligazugehörigkeit.

 

Wie ist dies alles möglich, wo man doch dreimal in Folge in den Jahren 2009 bis 2011 einen Europapokal gewinnen konnte, einstellige Tabellenplätze damals die Regel waren und Weltklassespieler beim VfL andockten? Die Antwort ist einfach: Gleich mehrfach war der VfL von Insolvenz bedroht, mussten Rettungsmaßnahmen in letzter Minute gestartet werden, um die Lizenz zu sichern. Noch heute zahlt der VfL die Zeche dafür, dass früher Geld ausgegeben wurde, das man leihen musste – oft wohlwissend, dass eine Rückzahlung gar nicht möglich war. Hinzu kamen gerade in jüngster Zeit häufige Geschäftsführer- und Trainerwechsel, die Ansehen und Geld kosteten.

 

Was also tun, wenn der § 3 des kölschen Grundgesetzes auch am kommenden Sonntag nochmals strapaziert werden kann (was absolut möglich ist) und die Freude über die Rettung verklungen ist:

 

● größtmögliche Transparenz über die aktuellen finanziellen Möglichkeiten schaffen. Wenn auch Fans wissen, wie eng der Gürtel geschnallt werden muss, beugt man Gerüchten und Legenden vor und kann sich ausschließlich auf das Wesentliche, nämlich das Sportliche konzentrieren.

● stärker auf Nachwuchsspieler setzen, die heiß darauf sind, sich in der Bundesliga ihre ersten Meriten zu verdienen

● Mentalitätsspieler als Anker-Akteure verpflichten, an denen sich junge Spieler orientieren können. Dabei geht es nicht um unbezahlbare europäische Spitzen-Handballer, sondern Spieler, die mit Charakterstärke und Kampfgeist den Sport „arbeiten“

● ein Scouting-System entwickeln, das trotz begrenzter finanzieller Mittel Möglichkeiten eröffnet, besser und cleverer zu sein, als die Konkurrenz in der Bundesliga

● einen mehrjährigen sportlichen Plan entwickeln und kommunizieren, um Sponsoren und Fans Perspektiven zu geben, wie und wann man bestimmte Ziele erreichen will

 

Der VfL Gummersbach hatte in den vergangenen Jahren sehr oft das Glück gepachtet. Wenn man dem Abstieg entgeht, muss man diesen Verein mit der großen Tradition in einigen Dingen vom Kopf auf die Füße stellen. Und man wird diese Region fragen müssen, wie wichtig ihr Bundesligahandball künftig ist. Nur aufgrund von Begeisterung und freundlichen Worten existiert heute kein Erstligaverein mehr.

 

 

 

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KOMMENTARE

1

Noch heute zahlt der VfL die Zeche dafür, dass früher Geld ausgegeben wurde, das man leihen musste – oft wohlwissend, dass eine Rückzahlung gar nicht möglich war. Hinzu kamen gerade in jüngster Zeit häufige Geschäftsführer- und Trainerwechsel, die Ansehen und Geld kosteten.

Daran hat sich doch bis heute und in der jüngsten Vergangenheit nichts geändert. Der VfL lebt immer seine Verhältnisse auch unter Schindler.

Kurt, 05.06.2019, 16:29 Uhr
2

Dem ist wenig hinzu zu fügen. Aber es scheint wohl schwieriger als gedacht.

Uwe Groß, 05.06.2019, 16:48 Uhr
3

Applaus. Wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen.

Norbert Trampel, 05.06.2019, 18:28 Uhr
4

Herr Vorländer Sie Treffen in dieser Sache wiedermal den Nagel auf den berühmten Kopf, wie nach meiner Meinung SEHR häufig!!!!!!!!

Bodo Becher, 05.06.2019, 20:18 Uhr
5

Ihr Kommentar ist vollkommen richtig, Herr Vorländer. Die Klasse muss unbedingt gehalten werden; ein Abstieg in die 2. Liga bringt nichts, nur noch mehr Schulden.

Gunder, 06.06.2019, 10:03 Uhr
6

Sehr gut dem Club noch einmal vor Augen geführt. Es wird sich aber auch nichts ändern, genauso wenig, wie es einen direkten Aufstieg geben wird. Die Vereine in der 2. Liga sind in Sachen Verjüngung meilenweit weg. Ob die Mannschaft/der Club bis zum Schluß durchhalten wird ist noch das Interessanteste in der kommenden Saison. Kleine Brötchen können auch schmecken, aber ob sich das mit der allgemeinen Arroganz dort verträgt? Man wird sehen.

Mark, 06.06.2019, 11:31 Uhr
7

Und ich befürchte das es gut geht, sich aber nichts ändert und wir einen ähnlichen Text nächstes Jahr wieder lesen...

Kai, 06.06.2019, 13:35 Uhr
8

Wie Heiner Brand sagte, wurden ja auch in der jüngsten Vergangenheit noch jede Menge Managementfehler gemacht. Jeder Trainer, der geholt wurde und zu "100 Prozent" zum Verein passte, wurde vorzeitig in die Wüste geschickt und kostete dem Verein zusätzliches Geld. Ich sehe einfach auch keinen roten Faden, neben den ganzen finanziellen Problemen des Vereines, im sportlichen Bereich. Auch unter Christoph Schindler, der mit großem Vorschusskredit bei den Fans gestartet ist, ist zwischenzeitlich eine starke Ernüchterung gewichen. Außer einer Markenkampagne gibt es in dieser Saison nichts, aber auch rein gar nichts, positives zu vermelden!

Und so wie die Mannschaft in dieser Saison aufgetreten ist, ist wohl davon auszugehen, dass wir es sportlich in dieser Saison nicht mehr schaffen. Da halte ich es mit meinem alten Trainer Hansi Schmidt: vielleicht tut uns der Abstieg mal gut! Ansonsten wird alles so bleiben wie es war. Und täglich grüßt das Murmeltier....

Michael, 07.06.2019, 13:26 Uhr
9

Ausserdem eurer Sicht ist das ja alles richtig. Aber mal ehrlich welche größere Firma ausser "Schwalbe" steht denn hinter dem einzig größerem Sportverein in der Region.
Unsere Wirtschaft hier im Oberbergischem ist der VFL Gummersbach auf jeden Fall Schnuppe. Ja ja als mann noch um Meistertitel und in Europaliegen oben mit gespielt hat, hat man gerne über "unseren Vfl" gesprochen und sich mit ihm gebrüstet. Natürlich sind im Verein Fehler gemacht worden. Natürlich müssen andere Wege und Formen gefunden werden in der heutigen Zeit. Aber leider geht das heute wie damals nicht ohne die nötigen Mittel, und da finde ich müssten die Heimischen ansässigen Unternehmen sich auch mal hinterfragen.

Holger, 09.06.2019, 09:56 Uhr
10

Da bin ich vollkommen bei Dir, Holger. Nach dem Abstieg heute ist der VfL noch mehr auf wirtschaftliche Unterstützung angewiesen. Der Mittelstand unterstützt den VfL aus Leidenschaft. Aber die Industrie im Oberbergischen hat für Leidenschaft und Heimat nichts übrig....

Michael , 09.06.2019, 22:15 Uhr
11

Engagement der heimischen Industrie? Schauen wir uns doch die Trikots der Gästemannschaften einmal genauer an. Und da fällt schon auf, dass wenn Du nicht mindestens einen, eher zwei überregionale und deutschlandweit bekannte Sponsoren an Deiner Seite hast, wird es schwer. Und warum hat sich denn in den vergangenen Jahren niemand, wirklich niemand Neues gefunden.
Weil er mit seinem Engagement erst einmal die Schulden der Alten tilgen muss, bevor er an der Zukunft bauen kann und etwas zurück erhält. Und da bleibt die Frage, warum sollte er dass tun? Vielleicht gehen wir einmal bei denen betteln, die seinerzeit mit dem Verbrennen von geliehenem Geld Ihre Millionen gemacht haben, vielleicht geht da ja was.

Alexander, 11.06.2019, 14:31 Uhr
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